Rockabilly-Pophits

The Baseballs: “Strike”

Musik
27.05.2009 00:02
Mit pomadigen Haartollen, schwarzen Lederjacken und viel Humor macht das Rockabilly-Trio The Baseballs auf seinem Debütalbum "Strike" moderne Pophits zu Klassikern der 50er-Jahre. Rihanna, Robbie Williams und sogar die Pussycat Dolls sind vor ihnen nicht sicher. Findet man allein die Idee dazu schon lobenswert, so entdeckt man beim Hinhören, dass Backbeat und Kontrabass schon viel zu lange nicht mehr in den Charts zu hören waren.
(Bild: kmm)

Die eigentlich schon vor Jahrzehnten aus der Mode gekommene Tolle brachte die skurrile Formation zusammen. Man spielte mit unterschiedlichen Bands in einem Proberaumkomplex in Berlin und begegnete sich quasi zufällig am Gang. Ein paar Jamsessions später war die neue Band gegründet und ein Konzept gefunden: aktuelle Pophits, die jeder Radiohörer kennt, gnadenlos zu "verrock'n'rollen". Als erstes Opfer haben die drei Herren Rihannas bereits öfters gecoverten Charthit "Umbrella" (Video auf krone.tv) auserkoren und rannten damit bei jenen, die Ohrwürmer und "handgemachte" Musik gleichermaßen schätzen, offene Türen ein. Die mit reichlich Harmonien und flottem Beat versehene Version entstand, wie es sich gehört, durch Jux und Zufall beim Jam im Proberaum.

Auf dem Ende Mai erschienen Album "Strike" befinden sich ausschließlich Charthits, denen man den versteckten Rockabilly nicht unbedingt sofort ansehen würde: "Hey There Delilah" von den Plain White T's, Katy Perrys topaktuelle Single "Hot 'n Cold", "Don't Cha" von den Pussycat Dolls und der Roxette-Evergreen "The Look". Eigenes Material? Strictly forbidden! "Wir hatten alle zuvor schon in Bands gespielt und die Klassiker mehr oder weniger durch", erzählt Drummer Digger im krone.at-Interview. Eigenes Material wäre ja da, so der hauptberufliche PR-Agenturmitarbeiter. Doch zunächst wird der Reiz am Ausgefallenen genossen - außerdem bringt sich so ein mit reichlich Haarpomade umgestylter Top-Ten-Hit viel leichter an Mann und Frau. "Es ist für jeden was dabei", sagt Digger. Für die Jungen, weil's witzig und anders ist. Und für die etwas älteren Semester, die modernen Pop in für sie genießbarer Rezeptur konsumieren können. Nicht nur einmal hatte das Trio den Fall, dass ein Kind der Fünfziger nach einem Konzert zum Bühnenrand kam und nachfragte, auf welcher der damaligen Schallplatten denn "Umbrella" zu finden sei...

Ein schlechtes Gewissen, weil man mit den Werken anderer Erfolg feiern möchte, haben "The Baseballs" nicht. "Außerdem gehört zu dem, was wir machen einiges an Talent dazu!", erbost sich Digger lachend. Ihr Handwerk verstehen sie allemal: Die drei Herren sind nicht nur gute Instrumentalisten, die authentisch den Rock'n'Roll der 50er darbieten, sondern auch fabelhafte Sänger. Das gesangsharmonische Plus zum flotten Backbeat nennen sie "Voc'n'Roll" oder "Voc-a-Billy".

Die Band ist für die drei Musiker nicht bloß eine Gelegenheit zur Verkleidung. "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich im letzten halben Jahr 'mal ohne Tolle außer Haus ging", berichtet Digger. Das gehöre zum Rockabilly-Lebensgefühl. Sie sind hoffnungslose Romantiker, die - Zitat Digger - "nicht gleich beim ersten Date küssen müssen" und einen Abend im Autokino der Anbraterei im schweißdunstigen Disco-Schuppen vorziehen. Vor 50 Jahren gehörte man damit trotzdem zu den Wilden. Heute ist das noble Zurückhaltung. Bei so viel Charme, warum sollten die Gentlemen unter den Rebellen keine Renaissance feiern dürfen?

7 von 10 covernden Romantikern

von Christoph Andert

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