"The Con" ein Konzeptalbum zu nennen, ginge zu weit. Inhaltlich und in der Songabfolge derart stringent auf eine kohärente Wirkung bedacht, gaben sich die beiden Schwestern, die acht Minuten nacheinander geboren wurden und beide lesbisch sind, bisher aber noch nicht. Ein Sammelband ist der "Schwindel" gemäß dem Buch-Vergleich der beiden 27-Jährigen. Die Platte produzierte neben den Schwestern auch Chris Walla, ein ehemaliger Radio-DJ und Gitarrist der amerikanischen Rockband Death Cab for Cutie. An den Drums sitzt sein Bandkollege Jason McGerr, Bass spielt Matt Sharp von Weezer.
Die Punk-Attidüde haben Tegan und Sara Quin, wie sie mit Nachnamen heißen, mit "The Con" nun endlich fallen gelassen. Stattdessen driften sie mit treibenden Tracks wie "Relief Next To Me", dem Titeltrack "The Con" oder "Hop A Plane" in Richtung New Wave, mit kitschigen Kinderklaviermelodien wie bei "Back In Your Head" oder dem ungewöhnlich melodischen Song "Burn Your Life Down" flirten sie radiotauglich mit dem Poprock-Genre.
Dafür haben Tegan und Sara jetzt endgültig den idealen Schmelzpunkt für den Mix ihrer Synthesizer- und E-Piano-Sounds mit elektro-akustischen Gitarren gefunden. Dass "The Con" trotzdem "indie" bleibt, dafür sorgen neben den schrillen, gestoßenen Vocals der Mädels ihre Songwriter-Erfahrungen: Wäre die Akkordfolge eines Songs mal allzu vorhersehbar, durchbricht ein Piano-Ostinato die Melodie, man wechselt die Time oder es taucht aus dem Nirgendwo ein Schwestern-Chor auf, der dem Song eine neue Wendung gibt.
Den Konzept-Charakter der Platte unterstreichen mehrere 1:30-Minuten Songs, die wie Interludes wirken und beim Durchhören den nächsten Track einleiten. Themen der Platte sind all die Dinge, die man als "human issues" klassifizieren würde. Dazu zählen bei den Schwestern aber nicht nur Liebesgesäusel und Beziehungskisten sondern auch, oder vor allem, Selbst- und Fremdachtung, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Was vielleicht mit ein Grund ist, warum Heteros sich die beiden Mädels nicht als Band FÜR Lesben wegnehmen lassen wollen. Selten klingen Popsongs so wenig nach Gefühlsduselei und meinen doch so viel.
8,5 von 10 Schwindeleien
Christoph Andert
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