"Krone"-Interview

Scorpions: Starker Wind statt leichter Brise

Musik
20.05.2014 16:54

50 lange Jahre sind die Scorpions mittlerweile im Geschäft und gehören somit zu den absoluten Dinosauriern des Rock-Business. Das ist selbstverständlich nicht negativ gemeint, denn Klaus Meine, Rudolf Schenker, Matthias Jabs und Co. touren regelmäßig mit drei verschiedenen Programmen um die Welt und beehren im August das Grazer Seerock-Festival mit einer Rockshow. Vorher zeigte sich das Hannoveraner-Gespann in der Münchner Olympiahalle im Unplugged-Outfit und fand auch die Zeit, der "Krone" ein paar Fragen zu beantworten.

(Bild: kmm)

Altertümliche Sockel und Säulen türmen sich auf der Bühne, zwei große Leinwände geben auch Sicht für die hinteren Plätze frei und ein Streicher-Oktett aus Griechenland sorgt für die theatralische Zusatzatmosphäre - die legendären Scorpions machen auch unplugged eine gute Figur. Anlässlich ihres im Herbst erschienenen MTV-Unplugged-Projekts waren die Hannoveraner für vier ausgewählte Shows in Deutschland unterwegs und boten ihre legendären Hits im gediegeneren Rahmen dar.

Breite Akustik-Palette
Wobei - wer darauf hoffte, die großen Klassiker im akustischen Skelett zu hören zu bekommen, täuschte sich in der Münchner Olympiahalle. Die Rocknummern aus fünf verschiedenen Jahrzehnten haben nämlich auch im reduzierten Rahmen noch genug Wumms, um sich ansprechend in die Gehörgänge wühlen zu können. Um eine möglichst breite Palette ihrer langjährigen Karriere bieten zu können, entschieden sich Klaus Meine und Co. auch dazu, seltenere Stücke in das Set zu integrieren. "Where The River Flows" oder "Love Is The Answer" sind keine Stammgäste im Programm der Deutschen.

Dazu erwies sich ein gut gelaunter und stimmlich hervorragender Klaus Meine als netter Geschichtenerzähler, der zu jedem Song des Abends eine Anekdote ablieferte. Etwa, dass "Dancing With The Moonlight" durch einen partybedingten Jetlag entstand, "In Trance" von einer belgischen Kirche inspiriert war und "Speedy's Coming" die Band an selige Zeiten im klapprigen Bandbus erinnerte. Mit Cäthe als weibliche Verstärkung für einen Song und den Top-Hits "Wind Of Change", "Still Loving You" und "Rock You Like A Hurricane" im Zugabenteil, befanden sich die Scorpions auch im ruhigen Rahmen auf der sicheren Seite und ernteten tosenden Beifall.

Rockshow in der Steiermark
Beim Seerock-Festival am 1. und 2. August am Grazer Schwarzlsee werden sich die Scorpions aber wieder auf ihre alten Stärken besinnen und eine feurige Rockshow liefern. Das garantierten sie auch im kurzen Gespräch mit der "Krone", in dessen Verlauf bei den Musikern auch zahlreiche Erinnerungen an Wien hochkamen.

"Krone": Ihr habt soeben einige wenige Unplugged-Auftritte in Deutschland gegeben und habt damit schon etwas Erfahrung auf der Bühne gesammelt - wie fühlen sich die Auftritte an?
Matthias Jabs: Wir haben mit dem "Acoustic" schon 2001 ein Unplugged-Album rausgebracht, und das war von den Arrangements her etwas ruhiger, hat deshalb aber nicht weniger Spaß gemacht. Wir haben damit schon weltweit gespielt. Das MTV-Unplugged-Projekt hat einfach mehr Power und ist musikalisch etwas fruchtiger. Es gibt einfach mehr Mid- und Up-Tempo-Songs. Als wir das Konzert in Griechenland als erste MTV-Unplugged-Band Open Air eingespielt haben, waren etwa 3.500 Leute anwesend. Dass wir damit aber in der Münchner Olympiahalle oder in Köln vor 19.000 Fans auftreten, hatten wir damals nicht gedacht. Wir mussten uns dafür gut vorbereiten, denn in so großen Hallen kannst du nicht nur mit der Funzel und einer Akustikgitarre spielen, sondern musst eine große Produktion auffahren.

"Krone": Nachdem ihr das Album schon Open Air aufgenommen habt - wäre es nicht passend gewesen, auch die Shows im Freien zu spielen?
Rudolf Schenker: Die Open-Air-Show war natürlich der Wahnsinn, aber das Risiko, wetterabhängig zu sein, war uns dann doch zu groß. Außerdem lohnt es sich nicht, damit in ein oder zwei Jahren zu spielen, also haben wir uns für die Hallenkonzerte entschieden. Die Leute haben ja unsere DVD gesehen und wissen, wie es geht. Sie sind schon bei unserem ersten kleineren Auftritt in Kempten voll abgegangen und für ein Unplugged-Konzert war richtig viel los.
Klaus Meine: Mit Unplugged-Konzerten verbindet man immer einen intimen Rahmen, umso interessanter ist es für uns, damit in die großen Hallen Deutschlands zu gehen. Es ist eine wirklich neue und spannende Herausforderung. In so einem Amphitheater wie in Athen unter offenem Himmel zu spielen, ist schon ganz was anderes, als hier durch die Arenen zu ziehen.

"Krone": War das gesamte Unplugged-Projekt auch in die Richtung geplant, dass ihr doch noch nicht ganz aufhören wollt?
Schenker: Als wir damals die "Farewell"-Tour angesetzt und das Album "Sting In The Tail" veröffentlicht haben, hatten wir schon gesagt, dass wir das gar nicht mehr übertreffen können. Wir lagen damit aber falsch. Wir haben festgestellt, dass wir eine neue und verjüngte Fanschar haben und die Tournee ausverkauft und erfolgreich war. Das hat uns euphorisiert. Die Zeit hat damals gut für uns gespielt. MTV Unplugged wurde uns ursprünglich schon Ende der 1980er-Jahre angeboten, nur konnten wir diese Chance damals nicht wahrnehmen, weil wir laufend unterwegs waren. Das war im Endeffekt auch gut so, denn jetzt hatten wir die Erfahrung und die Möglichkeiten, ganz anders an die Sache heranzugehen, und wir haben die Songs auf den Kopf gestellt. Das überrascht auch die Leute. Die erkennen oft Songs wie "Blackout" im ersten Moment gar nicht, und dadurch sind richtige schöne Stücke daraus geworden.
Meine: Das Prinzip war, nicht so oft die großen Klassiker zu spielen, weil wir das schon vorher in den verschiedensten Versionen gemacht haben. Wir von unserer Seite hätten sogar darauf verzichtet und weder "Wind Of Change" und "Still Loving You" noch "Rock You Like A Hurricane" eingespielt. Da hat aber die Plattenfirma nicht mitgespielt. Der Fokus lag auf Material, das wir niemals live gespielt haben - zurückgehend bis in die 1970er-Jahre. Dann sind noch neue Titel dazugekommen, sodass wir fünf brandneue Songs im Set hatten.
Schenker: Es ist auch schön, dass wir in der Produktion sehr viel Erfahrung sammeln konnten. Unser Manager hatte uns Vorschläge gemacht, wie man das auch optisch gut rüberbringen kann. Das ist eine verdammt wichtige Angelegenheit. Die Intimität muss bleiben und es muss trotzdem groß genug sein. Durch unsere Erfahrung und die Zusammenarbeit mit den richtigen Leuten können wir die Unplugged-Geschichte auf eine ganz andere Ebene hochziehen, was uns viel Spaß macht. Das haben wir schon damals immer gesagt. Wir lösen uns nicht auf, sondern sind immer offen für Projekte, die uns das Leben zuwirft.

"Krone": Matthias hat mir im Herbst schon gesagt, dass es 2015 eventuell eine CD mit Outtakes geben wird. Wie weit seid ihr damit?
Jabs: Wir haben schon vor eineinhalb Jahren damit begonnen. Wir haben so viele Dinge, die nie veröffentlicht wurden, denn wenn du an die 1980er-Jahre zurückdenkst, hatten auf den Vinyl-Platten damals meist nur acht Songs Platz. Geschrieben haben wir dann aber oftmals 25. Da blieb so vieles liegen, das aber gut war und von der Atmosphäre genau in die Richtung geht, die die Leute als unsere stärkste Zeit bezeichnen. Der Gedanke war nicht neu, aber da wir realisiert haben, dass wir tatsächlich 50 Jahre Scorpions feiern werden, haben wir das durchgezogen. Wir werden natürlich auch ein paar neue Sachen hinzufügen, aber es ist eben jetzt die Gelegenheit, das passend im nächsten Jahr zu veröffentlichen.
Schenker: Ich renoviere gerade zu Hause und da werden das eine und das andere oft durcheinandergebracht und man findet viel nicht mehr. Was ich allerdings gefunden habe ist das Kassenbuch meiner Mutter, das von Herbst 1965 stammt (lacht).
Meine: Da ist wahrscheinlich sogar noch die Tankquittung dabei, als Rudolf und ich mit unserem Bus nach Wien gefahren sind. Die Heizung fiel damals aus und wir sind durch die Wiener Clubs gezogen, weil wir Gigs klarmachen wollten.
Schenker: Wir haben auch Interviews gegeben. An Ö3 kann ich mich erinnern.
Meine: Wir hatten einfach Bock darauf, in Österreich zu spielen, und sind eben mit dem Bus zu euch gefahren. Wir sind von Norddeutschland ganz runter bis nach Wien und ich weiß nicht mehr, wie erfolgreich dieser Trip war, aber wir hatten auf jeden Fdamals ein außergewöhnliches Flair hatte. Das konnte man ganz genau spüren. Da gab es die ersten pornografischen TV-Sender - du gingst auf eine Toilette und plötzlich sahst du oben einen Porno (lacht).
Meine: Das war wirklich das außergewöhnliche Flair (lacht). Für mich hat Wien natürlich eine ganz besondere Bedeutung, weil mich der legendäre Dr. Kürsten in der Paniglgasse, nähe Wiener Staatsoper, bei meinen großen Stimmproblemen Anfang der 1980er-Jahre wieder nach vorne gebracht hat und dabei maßgeblich daran beteiligt war, dass meine und die ganze Karriere der Scorpions 1982 weitergegangen ist. Wir sind ab da erst so richtig durchgestartet. Großer Dank also an Dr. Kürsten und seine Familie. Ich habe insofern eine starke emotionale Beziehung zu der Stadt und die Zeit werde ich nie vergessen. Immer wenn ich in Wien lande, kommt diese Zeit für einen kleinen Moment zurück und ich bin sehr dankbar, dass dann alles so gelaufen ist.
Schenker: Wir haben auch gute Verbindungen mit Christian Kolonovits, da wir mit ihm damals in seinem Studio in Ebreichsdorf fast ein Vierteljahr lang aufgenommen haben. Das hatte eine grandiose Atmosphäre, war ein absoluter Hammer.
Meine: Für das ganze "Moment Of Glory"-Projekt mit den Wiener Philharmonikern haben wir unseren Part in Wien aufgenommen. Christian Kolonovits ist so ein herausragender Künstler, dass die Arbeit wahnsinnig viel Spaß machte und daraus eine Freundschaft entstand. Die ganze Wiener Clique war einfach fantastisch. Kolonovits war derjenige, nach dem wir einige Jahre gesucht haben. Er hatte die Fähigkeiten, eine Brücke zwischen Klassik und Rockmusik zu schlagen, und das war einfach großartig. Wir haben unlängst eine Serie mit Orchester in Russland gespielt, und vor allem wenn man es so lange nicht mehr gemacht hat, sieht man erst, wie stark diese Arrangements sind. Er hat damals wirklich etwas Außergewöhnliches erschaffen.

"Krone": Da wäre es doch schön, würdet ihr wieder mal nach Wien kommen. Zuvor seid ihr Anfang August aber beim Grazer Seerock-Festival. Was kommt da auf uns zu?
Jabs: Rockfestival = Rockshow. Da ist dann alles anders als hier bei der Unplugged-Show. Wir sind wohl die einzige Band, die drei verschiedene Shows spielen kann. Die Rockshows, die Unplugged-Shows und Crossover.

Karten für das Seerock-Festival
Auf dem Seerock werden die Scorpions übrigens mit weiteren Rockgrößen wie etwa Status Quo oder The BossHoss spielen. Die drei Bands treffen sich dann schon bald wieder - in Andreas Gabaliers erster TV-Show. "Es ist eine Ehre, mit Idolen zusammenzutreffen, die mich in meiner Jugend geprägt haben", freut er sich. Karten für das Festival erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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