"Krone"-Interview

Refused: “Musik ist Kunst, kein Entertainment”

Musik
19.10.2015 17:00
Nach Jahren im Underground bekamen sie sich in die Haare und zogen den Stecker - posthum wurde der Song "New Noise" zu einer Hymne für die Millenniums-Hardcore-Generation und die Schweden Refused zu toten Helden. Nach 17 Jahren Abwesenheit kam das große Comeback schleichend - zuletzt mit dem Album "Freedom" und einer Show im Vorprogramm von Rise Against in Wien. Wir haben uns Sänger Dennis Lyxzén und Bassist Magnus Flagge geschnappt, und die beeindruckende Karriere mit Ecken und Kanten zu rekapitulieren. Weitere Themen? Flüchtlingskrise, schweißtreibende Keller-Shows, W-Lan-Probleme, Kapitalismussklaven und sexy Veganer.
(Bild: kmm)

"Krone": Dennis, Magnus - wie fühlt es sich an, nach Jahren der Abwesenheit wieder auf Tour zu sein?
Dennis Lyxzén: Sehr gut, alles läuft perfekt. Wir haben schon im April/Mai angefangen zu touren, aber unser Gitarrist Kristoffer Steen ist auch Operndirektor und durch seinen Job mussten wir dazwischen pausieren.

"Krone": Ist das auch der Grund, warum ihr unlängst eine geplante Nordamerika-Tour abgesagt habt?
Lyxzén: So ist nun einmal das Leben. Wir sind fünf Leute mit Familien in der Band und aus diversen Gründen hat es einfach nicht geklappt. Jeder der mich kennt weiß, dass ich am liebsten jeden Abend spielen würde, aber in dem Fall mussten wir es einfach verschieben - es ging nicht anders.

"Krone": 2006 erschien eure kultige DVD "Refused Are Fucking Dead", acht Jahre, nachdem ihr euch 1998 endgültig aufgelöst hattet. Wie wir jetzt alle sehen können, sind Refused alles andere als "fucking dead", obwohl es von euch unzählige Statements gab, die eine Reunion ausschlossen. Was ist da passiert?
Lyxzén: Ein Grund für den Neubeginn war sicher, dass wir nach vielen Jahren in den verschiedensten Ecken plötzlich wieder in derselben schwedischen Stadt wohnten. Magnus, David und Kristoffer haben wieder angefangen zusammen zu spielen, David und ich hatten noch eine Hardcore-Band und wir sind irgendwie ohnehin alle wieder zusammen gewesen. 2012 kam dann das Angebot des kalifornischen Coachella-Festivals und wir hatten da gerade alle nichts zu tun und sagten zu. Es waren einfach verschiedene Umstände, wir sind zudem älter geworden. Zum Menschsein gehört es auch dazu, seine Einstellung zu ändern. Nachdem wir uns auflösten, wäre eine Reunion für sehr lange Zeit unmöglich gewesen. Wir waren zu stolz und stur dafür, aber ab einem gewissen Zeitpunkt haben wir realisiert, dass die einzigen Menschen, die Refused nicht haben wollen, wir selbst sind. Jeder hätte uns gerne gesehen. Naja, fast jeder - die politisch orientierten Hardcore-Fans von früher wahrscheinlich nicht. Aus heutiger Perspektive war das einfach stur und engstirnig. Ich hatte von so einer Band schon als Kind geträumt und dann bist du einfach zu cool dafür. Dann kam das Coachella-Angebot und jetzt sind wir ja hier. (lacht)

"Krone": Du bist ja sehr firm mit der Hardcore-Szene. Die US-Band Terror hat bei einem Konzert in Graz einmal ordentlich über euch vom Stapel gelassen. Sänger Scott Vogel meinte "wir werden immer Underground sein, nicht so wie Refused, die sich auflösen und dann zurückkommen, um Geld abzusahnen". Ärgern dich solche Statements aus dem Mund des Mitbewerbs oder stehst du da drüber?
Lyxzén: Vogel ist ein erwachsener Mann, der Shorts auf der Bühne trägt. Wie soll man so jemanden ernst nehmen? Mir ist das sonst egal. Wir spielen Musik und wir wissen, warum wir das machen. Ich bin seit mehr als 20 Jahren ein Teil der schwedischen Hardcore-Szene, habe überall gespielt, alles gesehen und auch ein kleines DIY-Label. Manche wollen sich in der Szene profilieren und machen bestimmte Statements. Sowas bringt mich heute aber sicher nicht mehr aus der Ruhe.

"Krone": War eine Mitursache für euer Ende 1998 möglicherweise auch, dass ihr euch von den Medien und der Öffentlichkeit missverstanden gefühlt habt?
Lyxzén: Das nicht, wir haben uns einfach nicht mehr gemocht. Wir waren junge Kids, die eine Band gründeten und nach ein paar Jahren haben wir uns überhaupt nicht mehr ausgehalten. (lacht) Deswegen war dann mal Schluss. Irgendwann wirst du ruhiger und gemütlicher und wir wurden wieder Freunde - das ist schön.

"Krone": Der Song "New Noise" hat euch kurz vor dem Bandende überall bekannt gemacht, auch durch die Dauerrotation auf dem damals noch relevanten Musiksender MTV. Kam das für euch zu früh? War euch das zu viel?
Lyxzén: Das passierte eigentlich alles nach dem Ende. Als wir uns auflösten, hat sich niemand auch nur einen Dreck um Refused geschert á la: "Scheiß doch auf diese angeberischen Idioten". (lacht) Die Aufmerksamkeit wurde uns erst später zuteil. Ich weiß noch genau, dass einige von uns ohne Job und völlig pleite waren, für die Außenwelt waren wir aber plötzlich Legenden. Das war ziemlich surreal. (lacht) Das ist uns dann aber auch im Nachhinein zu Kopf gestiegen, dass wir plötzlich so cool waren.

"Krone": Das Ergebnis eurer Songs nennt sich "Freedom" und ist seit diesem Frühling auf dem Markt. Wieder einmal ist das Album voller Wendungen und unterschiedlichster Stilvariationen. Erwartet ihr euch selbst stets das Unerwartete beim Songschreiben?
Lyxzén: Wir wollten einfach sehen, wie weit wir mit Refused gehen können, ohne uns selbst zu verleugnen. Einfach neue Experimente wagen und uns mit Stilen spielen. Manche Songs waren musikalisch so weit weg, dass wir sie einfach nicht aufs Album geben konnten.
Magnus Flagge: Wenn du dir unsere Alben anhörst merkst du, dass alle total anders klingen, insofern haben wir unseren Weg einfach durchgezogen. Wir mussten und wollten Songs auf dem Album haben, die die Menschen da draußen verrückt finden werden - das war immer ein Teil dieser Band. Wenn wir Musik schreiben, hoffen wir, dass es ein bisschen verrückt und seltsam, aber auch gut klingt.

"Krone": Es gibt Synth-Parts, Funk-Rhythmen, Jazz-Einsprengsel - eine riesige akustische Wundertüte also. Habt ihr im Songwriting-Prozess manchmal Angst gehabt, euch selbst zu verlieren oder euch zu stark zu verzetteln?
Flagge: Wir haben uns schon auch selbst gefragt, ob das noch so funktioniert, aber wir haben uns damit gut gefühlt. Es hat funktioniert und wir waren dann alle zufrieden. Es war nie ein Teil von Refused, dass wir uns überlegen, ob unser Kernpublikum uns verstehen wird oder nicht. Man sollte sich nie zu stark hinterfragen.
Lyxzén: Wenn du Kunst kreierst, musst du es für dich selbst machen - auch wenn wir froh sind, dass die Leute all unsere Alben mögen. So viele Bands finden eine Formel für ihre Songs, die die Leute mögen und wiederholen sich dann ständig. So etwas hat mich nie interessiert, niemanden von uns in der Band. Für mich ist Musik mehr eine Kunstform als Entertainment. Wir wollen immer weiterkommen, besser werden - wenn wir uns selbst pushen, fordern wir auch die Fans. Ich will, dass wir Musik erschaffen, die den Geist der Menschen erweitert. Ich wusste ja selbst nicht, dass ich Funk Rock mag. Das ist typisch für uns - wir entwickeln uns selbst ständig weiter und überraschen uns. Das ist auch spannender, als "New Noise" zehnmal neu zu schreiben und superpopulär zu werden. Wir sind eher das Gegenteil. Wenn etwas in Ansätzen klingt als ob wir es schon mal gemacht hätten, werfen wir die Idee weg. Das ist vielleicht auch nicht immer klug. (lacht)

"Krone": Mein Ersteindruck war auch, dass ihr wieder mal bewusst gegen einen möglichen kommerziellen Erfolg ankämpft.
Lyxzén: Kommerzieller Erfolg war nie ein Teil oder Ziel von uns. Wenn 300 Leute zu unserer Show kamen, waren wir platt vor stolz. Klar, wenn tausende Menschen "Freedom" kaufen und hören würden, wäre ich nicht dagegen, aber wenn nicht, dann spielen wir einfach weiter Musik - das sind wir, das ist unser Naturell.

"Krone": Ich könnte mir Refused ohne schweißgetränkte Kellershows gar nicht mehr vorstellen. Ich finde ja auch die Stadthallen-Bühne zu groß für euch, da verpufft doch die Energie eurer Shows.
Lyxzén: Kleine Shows sind ein Teil unserer Geschichte. Klar, wir spielen heute auch große Arenen, aber manchmal zocken wir in Bars oder abgefuckten Clubs. Das ist immer noch die Essenz der Band.

"Krone": Ihr wart immer schon unangepasst, wütend, zornig, wenn es um Politik und Gesellschaftskritik ging. Auch "Freedom" ist ein durch und durch politisches und kritisches Album, aber spürt ihr jetzt in euren 40ern immer noch dieselbe Wut wie früher?
Lyxzén: Die Wut ist so intakt wie eh und je. Der Unterschied ist nur: Wenn du jünger bist, ist die Wut chaotischer, später wird sie fokussierter, zielgerichteter. Die Welt ist heute aber wesentlich schlimmer als vor 20 Jahren und die Leute sind so dumm wie nie zuvor, das macht einen einfach zorniger. In den 90ern war ich wirklich ein wütendes Kid, heute ist das ganz okay, aber wenn ich Songs schreibe, kehrt diese Wut wieder zurück. Das ist auch eine gute Form der Kanalisation. Als wir in den 90ern losstarteten haben die Leute unsere politischen Texte wohl als Image missverstanden, aber wir waren einfach so, da war nichts gefälscht. Das waren wir, in unserer pursten Form. Bei Refused waren die Texte noch dazu schärfer als in unseren anderen Projekten, aber es war alles echt.

"Krone": Die Flüchtlingskrise habt ihr nicht nur im Song "336"aufgegriffen, sondern ist für euch mit Sicherheit auch Dauerthema. Da auch eure Heimat Schweden eines der großen Zielländer dieser Ströme ist, seid ihr mehr oder weniger direkt davon betroffen. Wie ist die Lage in Schweden und erschreckt euch die Planlosigkeit der Politik und Regierungen?
Lyxzén: Es hat ohnehin keiner eine Lösung, das ist ja das Hauptproblem. Zu den gefährlichsten Dingen zählt, dass die Menschen nicht verstehen, warum die Flüchtlinge zu uns kommen, warum dort ein Bürgerkrieg herrscht. Erst Wirtschaft und Politik haben Syrien zu einem Kriegsgebiet gemacht, das darf man nie vergessen. Ich denke, um eine Lösung zu finden muss man auch verstehen, wie der Kapitalismus, das Militär und faschistische Regierungen Menschen vernichten. In Schweden sind die Menschen hervorragend, an den Bahnhöfen helfen sie Flüchtlingen, geben ihnen Essen und Kleidung. Eine Langzeitlösung ist das natürlich auch nicht. Aber wenn du die letzten 200 Jahre zurückschaust, ist das unzählige Male passiert, dass Menschen geflüchtet oder woanders hingezogen sind. Das geopolitische Spektrum hat sich total verändert.

"Krone": Es ist eher die Menge der Flüchtenden in einer relativen kurzen Zeit, die oftmals für Beunruhigung sorgen.
Lyxzén: Nur ein sehr kleiner Prozentsatz aller Flüchtenden kommt nach Europa. Es ist extrem gefährlich, hierher zu kommen, das tut sich nicht jeder an. Darüber sollte viel mehr gesprochen werden. Warum schließen Staaten ihre Grenzen und schlagen auf Menschen ein, die vor einem Krieg davonlaufen? Schlimmer geht es kaum mehr.

"Krone": Unlängst gab es in Wien das Benefiz-Konzert "Voices For Refugees", womit die Stadt europaweit eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Wie steht eure Heimat Schweden dazu? Wird dort seitens der Kultur-/Musikszene auch etwas in diese Richtung gemacht, um auf das Problem aufmerksam zu machen?
Lyxzén: Es gab einmal ein großes Benefizkonzert, aber das war von der Entertainmentindustrie forciert und nicht von den richtigen Organisationen. Ein Tropfen im Ozean sozusagen. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was die Regierung gerade macht. In Schweden ist sie ziemlich jung und ziemlich schwach. Die Politiker agieren nicht, bringen nichts weiter. Ich lese nicht einmal oft die heimischen Nachrichten - es interessiert mich einfach zu wenig. Die Politiker reden nur scheiße.

"Krone": Ein Song von eurem neuen Album heißt "Useless Europeans" - wer sind die genau?
Lyxzén: Das sind wir. Speziell Westeuropa ist unglaublich privilegiert und wir haben eine unheimlich starke Wirtschaftskraft, machen aber überhaupt nichts Vernünftiges daraus. Die ganze Welt steht in Flammen und bei uns wird über W-Lan-Verbindungen und die neue Staffel von "Two And A Half Men" diskutiert. Wir bauen Mauern rund um unsere privilegierte Welt und blenden alles andere draußen einfach aus. Wir wollen auch niemanden haben, weil wir das nicht sehen wollen. In Schweden haben wir viele Bettler aus Rumänien und sie werden immer öfter vertrieben, weil die Leute das nicht sehen wollen. Darum geht es in dieser Nummer.

"Krone": Deine Beschreibung des "Useless European" könnte genauso gut auf US-Amerikaner zutreffen.
Lyxzén: Möglicherweise. Die USA sind ein Imperium, das gerade zerfällt. Europa geht den gleichen Weg. Wir haben die EU und die Idee von einem erfolgreichen, gemeinsamen Europa. Aber schau doch mal nach Spanien, Portugal, Italien oder Griechenland - die meisten Länder in der EU sind einfach schlecht unterwegs. Wir haben nach außen hin immer das Image, das wir so fantastisch sind, deshalb kommen ja auch so viele Immigranten. Aber wenn du dir die Infrastruktur dieses Gebildes ansiehst, bröselt alles zusammen. Der Kapitalismus unterstützt das und in den USA hat das vor 15 Jahren auch begonnen, als Bush in den Irak marschierte. In Schweden verhält es sich so, wie in allen anderen westeuropäischen Staaten. Wenn wir eine Rezession durchleben, dann schaufeln wir Süßigkeiten in uns rein, hören bedeutungs- und inhaltslose Musik und machen kurze Wochenendreisen, weil wir die Wahrheit und den Untergang einfach ausblenden. Möglicherweise mutieren wir immer stärker zu Amerikanern. (lacht)

"Krone": Der Kapitalismus ist seit jeher euer Lieblingsfeind.
Lyxzén: Wir mögen ihn nicht besonders gerne, das stimmt. (lacht) Der Kapitalismus ist ein Wirtschaftssystem, das seit etwa 200 Jahren predigt, die Arbeitslosigkeit und alle Klassenunterschiede wegzuwaschen. Aber was ist passiert? Nichts. Alles wird immer schlimmer. Das liegt daran, dass dieses Wirtschaftssystem keine Moral und kein Bewusstsein für Werte hat. Die Menschen in Schweden werden sehr verärgert, wenn Firmen geschlossen und in sogenannten Entwicklungsländern neu gebaut werden. Aber genau das ist das Wesen des Kapitalismus. Das System hält uns wie Marionetten. Es geht nur um Profite und Gewinne, aber niemals um Menschen und Moral. Das System forciert alle dazu, Sklaven zu werden. Wir arbeiten oft acht bis zehn Stunden pro Tag, um uns eine Wohnung in der Größe einer Kiste leisten zu können. Vielleicht verstehst du, warum wir keine großen Fans des Kapitalismus sind. (lacht)

"Krone": In einem Interview mit dem "Rolling Stone" habt ihr euch selbst als "autodidaktische Klugscheißer" bezeichnet. Führt das schlussendlich dahin, dass ihr euer Publikum mit euren Texten erziehen wollt?
Lyxzén: In einer perfekten Welt wäre es natürlich schön, wenn jeder, der Refused hört, sich Gedanken über unsere Texte macht. Eines der coolsten Dinge der Musik als Kunstform ist, dass der Hörer entscheidet, was er mag. Ich weiß, dass uns viele nicht mögen, weil wir so politisch sind, aber sie hören uns gerne, weil die Riffs gut sind. Ich habe aber auch Freunde, die unsere Musik gar nicht aushalten, aber die transportierten Inhalte gutheißen. Niemand kann zu 100 Prozent dabei sein, das ist ganz klar. Du kannst dir gerne einen Kopf darüber machen oder einfach nur dazu tanzen - das liegt an dir. Wir haben oft darüber diskutiert, was unser Publikum ist, oder wie sich unser Publikum definiert, aber es ist seltsam, weil es ohnehin für dich entschieden wird. Das gehört zum Bandsein dazu. Ich bin auch Musiker weil ich es mag, über Politik zu reden. Ich komme aus einer Working-Class-Familie und bei uns daheim wurde nie über Politik geredet. Das meiste lernte ich über die Musik als ich jung war, die Musik hat mich erzogen. Magnus ist wohl der einzige von uns, der eine richtige Ausbildung und Erziehung genossen hat, ansonsten hat sich die Band allgemein so an das Thema Politik herangehört.

"Krone": Musiker, die über Einhörner, Prinzessinnen oder die große Liebe singen, können mit ihren Fans aber sicher leichter interagieren als ihr. Wenn jemand eure Musik mag, nach dem Konzert mit euch spricht und eure politische Meinung nicht teilt, muss das doch hart und schmerzvoll für euch sein?
Lyxzén: Ich mag diese Diskussionen aber. Es ist gefährlich, wenn du allen deine Meinung reindrücken willst. Wenn du mal nicht übereinstimmst, aber nicht engstirnig bist, dann ziehen beide Lehren daraus und entwickeln sich durch eine solche Diskussion weiter. Das ist für mich ein hervorragender Weg der Kommunikation. Natürlich leben wir als Band riskanter, wenn wir über Politik singen und viele werden uns den Krätze an den Hals wünschen, das ist mir bewusst. Wenn du keinen Inhalt hast, dann kann dich auch jeder mögen, aber wir haben eine Agenda und wir mögen die Leute auch mal vor den Kopf stoßen. Das ist ein Teil von uns als Menschen, wir sind so - da ist kein Image dahinter. Manchmal sind wir uns auch in der Band nicht einig, da gibt es auch genug hitzige Diskussionen.

"Krone": Das "Peta2"-Magazin hat dich, Dennis, unlängst zu den "Hottest Vegan Celebrities 2015" gewählt. Das geht schon ganz stark in die Glamour-/Society-Richtung. Fühlst du dich darin wohl?
Lyxzén:(lacht) Ich finde es nicht wichtig, dass ich offensichtlich ein sexy Veganer bin. Ich weiß nicht, ob Peta sich bei berühmten Menschen Gedanken machen, ob die wirklich auch mit Tierrechten in Kontakt stehen. Jedenfalls sind alle Nominierten Veganer und ich fand das ziemlich verrückt. Ich meine - ich musste mich in dieser Rangliste mit Natalie Portman in punkto sexy messen, die konnten das doch unmöglich ernst meinen. (lacht) Aber mein Gott, ich habe kein Problem damit.

"Krone": Ich habe dich vor Jahren in Graz einmal mit deiner Punkband AC4 gesehen und du hast auf der ganzen Tour niemandem ein Interview gegeben, der 18 oder älter war. Warum eigentlich?
Lyxzén:(lacht) Einfach, um uns mit den Leuten anzulegen. In einer Zeitspanne von drei Jahren haben wir ein einziges, verdammtes Interview gegeben. Das war ein 15-jähriges Kid und das war großartig. Aber dahinter steckten überhaupt keine Gedanken, das war einfach so ein Punk-Ding. Fuck it - wir müssen keine Interviews machen. (lacht)

"Krone": Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern - ihr arbeitet fleißig an neuem Refused-Material.
Lyxzén: Tun wir das, Magnus?
Flagge: Ich habe von Gerüchten über neue Riffs gehört. (lacht) Wir haben derzeit aber viel damit zu tun, "Freedom" zu promoten und viele Shows zu spielen. Das nimmt sicher noch ein Jahr in Anspruch.
Lyxzén: Ich bin sicher, dass David und Kristoffer an neuen Songs schreiben, das machen sie eigentlich immer. Wir haben aber nichts Genaues geschrieben oder geübt.

"Krone": Ihr könntet ja die Songs verwenden, die ihr nicht auf "Freedom" packen wolltet.
Lyxzén: Vielleicht, aber lieber nicht. Es gibt einen unveröffentlichten Song, der vielleicht auf eine Japan-Version kommt. Aber es hat schon einen Grund, warum diese Songs nicht auf dem Album sind. Ich glaube, die wollen weder wir, noch irgendjemand anders hören. (lacht) Aber wer weiß das schon.

"Krone": Gibt es noch einen Traum, den ihr euch als Refused unbedingt erfüllen wollt?
Lyxzén: Für mich geht es immer darum, noch mehr und noch besser zu schreiben. "Freedom" ist gut geworden, aber das nächste Album muss besser werden und das übernächste noch besser. Dieses Ziel musst du immer vor Augen haben. "The Shape Of Punk To Come" war für mich das Versprechen für etwas Spektakuläres und ich bin der festen Meinung, dass das noch kommt. "Freedom" ist auch spektakulär, aber da geht mehr. Warum sollten wir auch nicht besser werden?

"Krone": Wie fühlt es sich eigentlich an, die alten Songs live zu spielen nachdem viele aus einer Zeit stammen, in der ihr euch gegenseitig Tod und Teufel gewünscht habt?
Flagge: Die meisten fühlen sich immer noch frisch an und ich mag es nach wie vor, sie zu spielen. Ich will nicht, dass die Geschichte von früher die Qualität unserer Arbeit in den Schatten stellt.
Lyxzén: Ich liebe es, die alten Songs zu spielen. Nicht alle, aber die meisten. Das sind einfach Manifeste einer Zeit, die voller Kraft und Energie steckte. Viele stammen noch vor unserer Phase der überhöhten Egos und solcherlei Bullshit. Wenn man sie live spielt, werden sie lebendig und jeder Abend ist damit ganz anders. Alleine schon die Möglichkeit, diese alten Songs zu spielen überschattet die schlechten Zeiten, wo wir uns alle an die Gurgel gegangen sind. Jetzt sind wir hier, spielen neue Songs und mögen auch die alten.

"Krone": Welchen Rat würdest du deinem 20 Jahre alten Alter ego mit auf den Weg geben?
Lyxzén: Chill the fuck down. Hör auf, die ganze Zeit so sauer und wütend zu sein. Du hast nicht immer Recht, die meiste Zeit liegst du mit deiner Ansicht eigentlich daneben...

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