"Krone"-Interview

Mother’s Cake: Zwischen Arbeit und Vergnügen

Musik
02.02.2017 15:37

Auf ihrem dritten Album "No Rhyme No Reason" haben die Tiroler Mother's Cake ihre eigene Mitte gefunden. Weniger vertrackt und psychedelisch, dafür vermehrt verspielt und modern fasziniert das Innsbrucker Trio immer noch mit internationalem Touch und fehlendem Scheuklappendenken. Wir baten Yves Krismer, Jan Haußels und Benny Trenkwalder zum Interview, um über das Nomadendasein, fehlendes Privatleben und die musikalische Richtungsänderung auf dem neuen Album zu sprechen.

(Bild: kmm)

Es kommt bei jeder Band der Zeitpunkt, wo sie sich angekommen fühlt. Die Tiroler Weltenbummler von Mother's Cake sind auf ihrem brandneuen, dritten Studioalbum "No Rhyme No Reason" auf dem besten Weg dahin. Waren die Vorgänger "Creation's Finest" und das Durchbruchsalbum "Love The Filth" noch psychedelisch verstärkte Led Zeppelin- und Frank Zappa-Ehrerbietungen, hat das Trio aus dem Bergland nun endgültig zu einer gewissen Geradlinigkeit im Kompositionsgefüge gefunden. Das bestätigt Drummer Jan Haußels im "Krone"-Interview: "Wir sind auf jeden Fall songorientierter geworden. Wir haben darauf geachtet, eine Grundidee auch einmal fertigzudenken und nicht mit unzähligen anderen Nebengedanken aufzufetten." Bassist Trenkwalder bestätigt den kompositorischen Reifeprozess: "Es war ein Lernprozess über drei Jahre, dass wir klar definiert sagen konnten, wir nehmen einen Song jetzt einfach einmal so, wie er ist."

Eingängig und mutig
So ist es möglich, dass vor allem die erste Albumhälfte unerwartet zielführend aus dem Äther dröhnt. Der Titeltrack kokettiert frech mit Britpop-Einsprengseln, "Black Roses" könnte auch im Programm der Blues Pills zu finden sein und auf "The Sun" sind die Funk-Einflüsse der von den Mitgliedern hochverehrten Red Hot Chili Peppers nicht weit. Die Single-Auskoppelung "The Killer" hingegen evoziert vor allem das Live-Feeling der Innsbrucker, ist mit elektronischen Versatzstücken und einem für viele ungewohnten Drum-&-Bass-Schlag bereichert. "Wir scheißen ziemlich auf Erwartungen von außen", betont Frontmann Yves Krismer, "wenn es uns mal voll einfahren würde, würden wir sicher auch ein DJ-Album machen. Solange unsere Fanbase nicht mit brennenden Fackeln vorm Proberaum steht, ist alles in Ordnung."

Dieser Gefahr sind Mother's Cake nicht ausgesetzt, denn schon seit der Bandgründung gilt als Credo: erwartet das Unerwartete. "No Rhyme No Reason" ist inhaltlich auch das persönlichste und ehrlichste Album der noch jungen Bandgeschichte. Krismer, mehr Texter als Redenschwinger, gibt sich auf Nachfrage etwas zugeknöpft. "Man schreibt ja eh immer über sich und wie es einem gerade geht. Für mich war das - wie auch sonst - eine Verarbeitung der gegenwärtigen Lebenssituation und ich habe mich von den Harmonien inspirieren lassen." Bei Mother's Cake entstehen Texte immer erst nachdem die Songstruktur steht. Wichtig ist auch die Authentizität, wodurch das Trio die politischen Strömungen außen vor gelassen hat. "Zack de la Rocha von Rage Against The Machine nimmt man das ab", erklärt Krismer, "der weiß auch wirklich, wovon er redet. Mich allerdings interessiert das Thema immer weniger, mir vergeht es mittlerweile dabei. Wenn du politisch bist, musst du permanent auf Konfrontation gehen und dementsprechend gut vorbereitet sein." Lachend fügt er hinzu: "Gerade für mich als Fleischfresser und Mensch mit Wegwerf-Mentalität könnte das schwer werden."

Internationale Senkrechtstarter
Für die Zukunft können die Mother's Cake-Musiker eine klarere Positionierung nicht ausschließen, vorerst bleibt die Politik aber Privatsache. Viel mehr Gedanken machen sich die Tiroler ohnehin über die Gegenwart. Nach dem Labelwechsel von Panta R&E zu Membran, um auch in Deutschland ein besseres Standing zu bekommen, sind wieder zahlreiche Touren rund um den Globus geplant. Die erste schon Anfang Februar in Australien. Das Nomadendasein, das Mother’s Cake als Band geprägt und berühmt gemacht hat, wird mit ansteigendem Alter nicht einfacher und bringt die Bandmitglieder zum Nachdenken. "Von der Dichte unserer Konzerte sind wir eher Jazzmusiker", lacht Trenkwalder. Haußels präzisiert: "Als damals das Video zu 'Soul Prison' auf Piratebay durch die Decke ging, bekamen wir Auftritte in Australien, Ungarn und Co. Durch das Internet ist Internationalität eigentlich die logische Konsequenz. Wir sind seit neun Jahren permanent präsent und haben nie aufgehört zu touren."

Eine Karriereentscheidung, die naturgemäß private Opfer nach sich zieht. "Bei uns war immer die Vereinbarung, alles andere der Band unterzuordnen", beschreibt Haußels das Sein der Tiroler, "ob die Jungs bei ihren Chefs jetzt mehr freie Tage erschnorrten oder ich mein Studium schmiss - Mother's Cake hatten immer Vorrang und das machen nur wenige Bands so wie wir." Vor zwei Jahren beschloss das Trio endgültig, alles auf eine Karte zu setzen und sich zu 100 Prozent auf die Band zu konzentrieren. Obwohl die Motivation dieselbe ist wie früher, ist die Anfangseuphorie ein bisschen dem Realismus gewichen. "Es ist ein Konstrukt, das zwar funktioniert, aber nie irgendwo zielgerichtet hingeht. In anderen Jobs kann jemand einen Ausfall übernehmen, in einer Band nicht. Wir sind viel zu viel Familie und müssen auf uns achten."

Ein Schritt zurück
Für das wahre Familienleben bleibt im derzeitigen Bandkontext zu wenig Zeit. "Helfen würde nur, weniger zu touren, dafür größer. Da hat man mehr Einkommen und könnte vielleicht auch einmal eine Familie gründen oder überhaupt eine Freundin haben. Diese Belastung des fehlenden Privatlebens nimmt jeder von uns mit auf Tour." Haußels wünscht sich die Ungezwungenheit der Anfangstage zurück. "Ich möchte der Musik gerne die Aufgabe nehmen, uns ernähren zu müssen. Ich will ihr im Prinzip das Wort Arbeit wegnehmen." Das ist mit der derzeitigen Popularität unmöglich. Ein Luxusproblem, wenn man so will, das die Band aber weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat.

Erfahrungen mit den großen Namen der Branche haben Mother's Cake zuhauf. Immerhin tourten sie in den letzten Jahren mit Größen wie Iggy Pop & The Stooges, Pentagram, Wolfmother, Audioslave und Limp Bizkit. Am Intensivsten ist Haußels aber ein Akustikauftritt im Pariser Club Bataclan in Erinnerung. "Benny fiel dort leider aus, so mussten Yves und ich umdisponieren. Ich habe statt auf dem Schlagzeug auf einem Cajon geklimpert und mit 1.500 Besuchern war das Venue ausverkauft. Das war ein ungemein prägendes Erlebnis. Ich hatte viel Schiss und war extrem aufgeregt." Vielleicht ist es genau diese Art von juvenil-unbedarfter Aufregung, die Mother's Cake noch immer frisch und unverbraucht hält. Ihre Fans danken es ihnen - ehrliche Handarbeit wird eben immer geschätzt.

Zwischen 7. und 29. April stehen insgesamt sieben Österreich-Shows quer durchs Land am Programm. Alle Termine, Infos und Karten finden Sie unter www.motherscake.com.

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