"Dive Deep"

Morcheeba: “Dive Deep”

Musik
06.03.2008 02:19
Was macht man, wenn man die Gallionsfigur der eigenen Band entlässt, mühsam Ersatz sucht, der dann aber nach einem Album die Nase voll hat, und am Ende auch der Ersatz für den Ersatz bei der nächsten Platte nicht mitmachen kann? Richtig: Man leiht sich gleich vier Sänger und pfeift auf die frühere One-Woman-only-Regel. So geschehen bei Morcheeba und ihrem neuen Album "Dive Deep". Doch durch den Schatten der Vergangenheit ist's schwer tauchen...
(Bild: kmm)

Wir erinnern uns an "The Sea", "Part Of The Process", "Rome Wasn't Built In A Day" oder "Otherwise". Songs, mit denen Morcheeba nicht nur Erfolge feierten, sondern Trip-Hop salonfähig und abseits vom Gebrauch als Hintergrundmusik für dramatische Chronikbeiträge auch radiotauglich machten. Getragen wurden die Hits stets von Skye Edwards, der charismatische Sängerin mit den großen Mandelaugen und einer samtig-weichen Stimme, die vom ersten Album an die Trademark des Trios wurde.

Sie werden ihre Gründe gehabt haben, aber die übrigen zwei Bandmitglieder Paul und Ross Godfrey müssen sich im Nachhinein wie zwei große Esel fühlen. 2004 kickten sie Skye aus der Band "um neue musikalische Wege zu beschreiten". Nach einem mäßig erfolgreichen Album mit der Interimssängerin Daisy Martey hat sich der Sound von Morcheeba - abgesehen von den Vocals natürlich - auch auf dem neuen Album "Dive Deep" kaum verändert.

Die Songs auf "Dive Deep" sind noch immer geprägt von Ross Godfreys gezupften Gitarrenmelodien, satten E-Piano-Sounds und Paul Godfreys goldenem Händchen für Samples und Grooves - soweit wär die Welt ja noch in Ordnung. Bloß bei den Vocals hat man nun die Trademark komplett verwaschen: Neben der 51-jährigen Sängerin Judie Tzuke und der Newcomerin Manda, die per Internet bei den Ross-Brüdern vorgesungen hat, singt jetzt mit Thomas Dybdahl auch erstmals ein Mann. Und als ob die tiefe, sonore Stimme des Norwegers nicht schon Schock genug wäre, hat man auch noch einen Rapper Namens Cool Calm Pete für einen Song verpflichtet.

Heraus kommt nun folgendes: Die erfahrene Judie Tzuke durfte den besten Song des Albums "Enjoy The Ride" singen und beschert Morcheeba eine Single, die man auch von Skye Edwards gern gehört hätte. Manda, das MySpace-Küken, erwischte die zweitbeste Komposition "Gained The World" und legt noch den französischen Song "Au-delà" mit drauf. Dybdahl indes verhunzt seine drei Nummern, die schlichtweg nicht anhörbar sind, weil es klingt, als hätten sich A-HA die Backing-Band von Massive Attack ausgeliehen. Vom Gejammere Cool Calm Petes, der mit dem Sound der Ross-Brüder, die einen akustischen Hip-Hop-Track abliefern, völlig überfordert ist, erzählt man besser erst gar nicht. Die restlichen Nummern sind durchschnittliche Instrumentals.

Und die Moral der Geschicht': If it ain't broke, don't fix it! Mit "Dive Deep" können Paul und Godfrey Ross höchstens jene Fans vergraulen, die ihnen nach dem Rausschmiss von Syke noch die Stange halten. Mal sehen, wie sich Skye Edwards' zweites Solo-Album anhört, das noch heuer erscheinen wird. Auf der alten, offiziellen Homepage der Band ist die Welt ja noch in Ordnung...

3 von 10 möglichen Punkten


Christoph Andert

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