Krieau-Mega-Event

Metallica erfüllten 50.000 riffgewaltige Wünsche

Musik
10.07.2014 13:55
Das Wetter hat gehalten - die Fans sind gekommen. Mehr als 50.000 jubelten am sonnigen und leicht windigen Mittwochabend in der Wiener Krieau der Thrash-Metal-Legende Metallica zu, die sich bei ihrer "By Request"-Show ganz in den Dienst der Anhänger gestellt haben. Mit einem satten Showprogramm und vielen Top-Hits vermochten die Kalifornier auch die eine oder andere Unzulänglichkeit kaschieren.
(Bild: kmm)

Dass Rock-Festivals in der ehemaligen Pferde-Trabrennbahn Krieau funktionieren, haben letztes Jahr schon Bon Jovi, Robbie Williams oder Green Day gezeigt. Die heiß ersehnte "By Request"-Show von Metallica war dabei keine Ausnahme. 50.000 Fans tummeln sich am überraschend sonnigen, aber nicht unbedingt sommerlichen Mittwoch, um die selbst gewählten Songs zu hören. Monatelang hatten alle Kartenbesitzer Zeit, ihre Lieblingslieder zu wählen – die großen Sensationen blieben erwartungsgemäß aus.

Sympathische Selbstironie
Diese Art von Routine schlägt sich aber nicht nur bei den ausgewählten Songs, sondern auch in der Live-Performance der weltgrößten Metal-Band nieder. Sie sind oft und gern gesehene Gäste, spielen immer gute Shows, haben aber schon länger kein wirklich herausragendes Konzert mehr abgeliefert. Bei immer noch präsentem Sonnenlicht in der vollgefüllten Krieau lassen Metallica neben Ennio Morricones "The Ecstasy Of Gold" auch einen kleinen "Request"-Werbefilm laufen. Dort beweisen sie sympathische Selbstironie, indem sie den Misserfolg von "Lulu", ihres gemeinsamen Projekts mit dem verstorbenen Lou Reed, persiflieren.

Wenig später starten die Kalifornier mit Vollkaracho in das mehr als zweistündige Set. Auf die Frage "Are you alive?" beim eröffnenden "Battery" erntet Frontmann James Hetfield tosenden Applaus, beim All-Time-Klassiker "Master Of Puppets" schwirren Kreuze über die opulente Bühnenleinwand, die von zwei weiteren, kleineren flankiert wird und direkt hinter einem erhöhten Podest steht, auf dem die Musiker ihren Drang nach Bewegungsfreiheit ausleben. Die Songs werden etwas schneller als auf der Albumversion dargeboten, von der ursprünglichen Aggressivität verlieren sie dadurch nichts.

Gemütlich im Alter
Markant: Schon früh lässt sich der hünenhafte Hetfield zu publikumsfreudigen Freundlichkeiten hinreißen, spricht davon, dass die Leute eine gute Zeit haben und mit einem Lächeln nach Hause gehen sollen. Von der früheren Bissigkeit ist kaum mehr etwas übrig, Hetfield sieht man nicht nur das (frühere) wilde Leben an, sondern auch die entspannte Gemütlichkeit, mit der er durch das bunte Best-of-Programm seiner Band führt.

Überraschenderweise haben Metallica viele – nicht immer freiwillige - Konstanten in das Set eingebaut. Wenn sie Songs des legendären "Black"-Albums intonieren ("The Unforgiven", "Wherever I May Roam"), werden die Live-Einspielungen auf der Leinwand Schwarz/Weiß. Zudem wird die Band mit zunehmender Spieldauer schlampiger. Beim stampfenden "For Whom The Bell Tolls" geht gefühlt jeder zweite Ton daneben, und "Enter Sandman" scheint die Band in verschiedenen Tempovarianten wiederzugeben. Macht aber nichts, denn die Stimmung ist hervorragend, was sogar Hetfield das eine oder andere Mal lobend anerkennt.

Großer Dienst am Fan
Zudem beweist er charmante Situationskomik. Als Jörg aus Graz, einer von zwei Fans, die während des Sets einen Song ankündigen dürfen, Hetfield erklärt, dass er sich noch gut an das Liebenau-Konzert 1991 erinnert, entgegnet ihm der Frontmann keck: "Ich kann mich an kaum etwas erinnern, außer an gestern." Den Song ansagen zu dürfen sei für Jörg wie Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammen. "Dann happy birthday-christmas-easter", legt Hetfield schmunzelnd nach. Ansonsten rockt er bei den zahlreichen Fans, die sich links und rechts auf der Bühne befinden, Selfies schießen und diese besondere Konzertperspektive wohl ein Lebtag nicht vergessen werden.

So gut wie der Schmäh rennt auch die Interaktion mit dem Publikum. Das braucht zwar etwas, um sich aus der Reserve locken zu lassen, aber beim hervorragenden "One", einem hinreißenden "Whiskey In The Jar" und dem fast schon totgespielten Radio-Evergreen "Nothing Else Matters" brechen auch die letzten Barrieren zwischen Band und Fan. Dazwischen darf Kirk Hammett seine Gitarrenkünste mit gleich zwei Soli zum Besten geben, der selbst bei Fans umstrittene Drummer Lars Ulrich ist zwar nicht immer im Takt, mit seiner unbändigen Energie aber unverzichtbarer Antreiber des Thrash-Metal-Geschwaders.

Verzichtbare SMS-Aktion
Was zum Schluss noch fehlte, war der spezielle Wunschsong für die Wien-Show. Neben den 15 gespielten Hits ließen Metallica die per Internet gewählten Plätze 16 bis 18 per SMS noch vor Ort gegeneinander ausspielen. Eine durchaus verzichtbare, weil kostenpflichtige Aktion. Dennoch voteten mehr als 3.000 Fans fleißig mit - dass sich das rasante "Blackened" um nur 42 Stimmen gegen den Klassiker "Creeping Death" durchgesetzt hat, beweist, wie eng derart viele Hits beieinander liegen.

Man empfindet fast schon Mitleid, wenn sich Hetfield gleich zweimal an diesem Abend den dritten Wunschsong "Fuel" ersehnt – für die breite Masse fehlt es diesem aber an der nötigen Hit-Tauglichkeit, und Hetfields gewünschte Abwechslung im Arbeitsalltag muss warten.

Beim abschließenden "Seek & Destroy" fliegen übergroße schwarze Metallica-Bälle in die Menge. Wohl sinnbildlich für den Zwiespalt, in dem die Band steckt. Ein bisserl alter Thrash-Metal-Kult und ein bisserl kunterbunter Spielplatz für Erwachsene. Oder – wer so groß und berühmt geworden ist, kann einfach nicht mehr ohne Rücksicht auf andere drauflosrocken. Dennoch sind Metallica nach wie vor ein unaufhaltsamer Erfolgsexpress.

Keine Kinderjause
Einen wesentlich schwierigeren Stand hatten die Supportbands. Nach den Norwegern Kvelertak und den finnischen Melodic-Death-Metal-Urgesteinen Children Of Bodom schickten sich bei strahlendem Sonnenschein die Heavy-Grunger von Alice In Chains an, ordentlich Dampf auf die Steppe zu bringen. Doch schwermütige Songs wie "Rooster", "Would?" oder die Früh-90er-Jahre-Generationshymne "We Die Young" sind für die große Freiluftbühne einfach nicht peppig genug, um die Anwesenden aus der Reserve zu locken. Da helfen auch tonnenweise Charisma von Sänger William DuVall und die einzigartigen Gitarren-Fertigkeiten von Jerry Cantrell nichts. Supportband von Metallica zu sein, ist eben keine Kinderjause.

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