"Immer mit da Ruhe"

Krautschädl: Wieder anders als die anderen

Musik
24.09.2015 11:19
In zwölf Jahren Bandkarriere erlebt man so manche Höhen und Tiefen, doch trotz eines Amadeus Award und einer Beinahe-Teilnahme am Song Contest ist das Geheimnis des Krautschädl-Erfolgs wohl der, dass der ganz große Durchbruch bislang ausblieb. Dafür zeigt sich das oberösterreichische Trio auch auf dem brandneuen Album "Immer mit da Ruhe" als eine der vielseitigsten und spannendsten Bands des Landes. Philipp "Mölgie" Sikora und Stefan "Sonti" Sonntagbauer haben mit uns über das neue Album, Pannen in Autogrammzelten und Sechsertragerl gesprochen.
(Bild: kmm)

Sie waren schon immer etwas anders, als die anderen. Wo sonst in Österreich allzu oft auf Sicherheit gesetzt wird, man lieber noch eine schöne Melodie statt einen weiteren mutigen Schritt zur Dissonanz verwendet, dort haben sich die Oberösterreicher von Krautschädl noch nie zuhause gefühlt. Ihre Auffassung von Alternative Rock fernab gängiger Stilgrenzen war seit jeher etwas eigen und gerade dadurch spannend und mit einer feinsinnigen Langfristigkeit ausgestattet. Funk, Ska, Metal - alles wurde dem bunten Treiben beigemengt. Die einzige Konstante war und ist der oberösterreichische Dialekt, welcher dem internationalen Sound die nötige Dosis Lokalkolorit zuführt.

Neue Besen kehren gut
Für Frontmann Philipp "Mölgie" Sikora ist der Dialekt ein wesentlicher Bestandteil heimischer Musikkunst. "Der Wiener Dialekt hat viele Konsonanten und harte Umlaute, vielleicht klingt der oberösterreichische deshalb so gut", schmunzelt er im "Krone"-Interview, "aber auch der steirische funktioniert. König Leopold sind ein sehr gutes Beispiel dafür." Viel Dialekt vermischt mit einer gesunden Portion Gesellschafts- und Sozialkritik gibt es auch auf dem neuen, insgesamt vierten Studioalbum "Immer mit da Ruhe" zu hören. Wie schon gewohnt, mussten die Fans dabei eine mehr als vierjährige Wartezeit in Kauf nehmen. Bassist Stefan "Sonti" Sonntagbauer erklärt das vor allem durch einen relevanten Personalwechsel. "Unser alter Drummer Plescha hat sich dafür entschieden, ein Kind zu bekommen", erzählt er lachend, "daraufhin ist Fizl Stadler eingestiegen. Da beim Plescha jetzt aber das zweite Kind unterwegs ist, sind wir mit dem Fizl quasi ,fix zamm'".

Eine Beziehung, die durchaus Früchte trägt, denn auf dem neuen Studiorundling gehen Krautschädl gewohnt vielseitig ans Werk. Dort wird mitunter der großen Liebe Fußball gehuldigt ("Gib ma scho den Boi"), augenzwinkernd über betrunkene Tanzeinlagen bei Zeltfesten geschmunzelt ("Schnitzlshaker") oder eben - wie im Titeltrack - zur längst nötigen Entschleunigung aufgerufen. "Die Burn-Out-Kandidaten werden immer mehr und die verschreibungspflichtigen Medikamente häufen sich", erläutert Sikora das Konzept, "wenn ich meine, ich brauche zwei Autos mit Leasingverträgen, obwohl ich mir nicht einmal eines leisten kann, dann passiert das unweigerlich. Ich möchte den Leuten schon mitgeben, dass Zeit oft wichtiger als Geld ist."

Kiffer und Konservative
Die Moralkeule schwingen Krautschädl dabei nicht, denn dafür ist das Trio aus Wels mit viel zu viel Ironie ausgestattet. "Im Vergleich zu früher schauen wir mittlerweile wenigstens darauf, dass es in den Songs nicht immer nur ums Saufen geht", fügt Sikora lachend hinzu, "die Inhalte sind uns schon wichtig, aber wir posten jetzt keine Botschaften auf Facebook oder wollen Menschen bekehren. Die Musik als Medium dafür hat sowieso ausgedient, dafür gibt es mittlerweile haufenweise Blogs, die das besser machen. Ich will niemals mit dem Finger zeigen oder Moral predigen, das ist mir extrem wichtig." Bassist Sonntagbauer erläutert auch die Zielgruppe von Krautschädl. "Auf unseren Konzerten haben wir eine gemischte Hörerschicht. Vom 16-jährigen Kiffschädel bis zum 40-jährigen ÖVP-Wähler. Schön ist dann zu sehen, wenn sie sich bei den Konzerten gegenseitig leiden können. Man muss nicht immer politisch agitieren."

Der älteste Song auf "Immer mit da Ruhe" hat hingegen schon einige Jahre auf dem Buckel - mit "Einsturzgefohr" waren Krautschädl vor gut dreieinhalb Jahren bei der heimischen Song-Contest-Vorentscheidung am Start. Ihr bisher eindrucksvollster Ausflug in die Mainstream-Welt. "Insgesamt hatten wir damals drei Minuten Arbeit und einen eigenen Mitarbeiter des Song-Contest-Teams, der uns Sushi brachte", erinnert sich Sonntagbauer freudig zurück, "man muss auch ehrlich sagen, dass wir uns in der Band uneinig waren, ob eine Teilnahme an diesem Bewerb der richtige Schritt sei". Sikora ergänzt lachend: "Wir wollten vor allem nicht gewinnen und damit die Krautschädl-Fans verunsichern und verärgern. Es wird aber so oft über öffentlich-rechtliche Radios geschimpft, wenn man dann einmal so eine Chance wie die von Ö3 bekommt, dann muss man sie auch nutzen". "Die Verantwortung haben wir ernst genommen", klärt Sonntagbauer auf, "sonst hören die Leute ja nur mehr Schaß, der aus dem Radio kommt."

Querelen in der Realität
Überhaupt ist es Krautschädl extrem wichtig, die Musik und das Business dahinter strikt zu trennen - gerade nach außen hin darf man sich gewisse Querelen nicht anmerken lassen, und die gibt es immer wieder, wie sich Sikora zurückerinnert. "Als ich damals noch auf die FH gegangen bin, haben wir etwa 60 Konzerte pro Jahr gespielt. Da gehen schnell alle Illusionen, die man sich so aufbaut, flöten. Du sitzt fünf Tage in der FH, spielst dann am Wochenende zwei Konzerte und kommst drauf, dass du am Montag in der FH eine große Präsentation abliefern musst - das war oft schon sehr knapp." Der Publikumszuspruch, das berühmte "Bier danach" und die Freundschaft untereinander gleichen das aber wieder aus.

Krautschädl sind bekanntermaßen vor allem live eine Großmacht, haben unlängst beim Frequency Festival auch einen Tag auf der Green Stage eröffnet und unerwartet viele Fans zu sehr früher Stunde an die Bühne gezogen. "Das war schön", erinnert sich Sonntagbauer, "viele waren extra für uns da, weil sie mitgesungen haben und gleich wieder gegangen sind." Besonders beeindruckt war er auch von der Autogrammstunde im "Volume"-Zelt nach dem Auftritt. "So etwas habe ich schon einmal gemacht, da kam einer Zigaretten schnorren und das war's. Dieses Mal waren aber wirklich viele Leute für uns da, obwohl vor uns der Casper im Zelt gesessen ist und Zeit überzogen hat."

Ein Sechsertragerl reicht
Nach zwölf Jahren Bandgeschichte sind Krautschädl aber endgültig in der Realität angelangt. Große Träume für eine Weltkarriere wurden längst beiseitegeschoben, die Freude über die Veröffentlichung des neuen Albums und eine ausgiebige Herbsttour durch Österreich und Deutschland überwiegt. Was hat sich auch schon groß geändert? Das bringt Sikora relativ unmissverständlich und mit der gewohnten Portion Ironie auf den Punkt: "Wir saufen weniger. Mittlerweile kommen wir pro Probe zu dritt mit einem Sechsertragerl Bier aus. Außerdem habe ich nach Jahren einen neuen Verstärker, der alte ist mir eingegangen." Eben anders als die anderen…

Live sind die Oberösterreicher in den nächsten Wochen des Öfteren zu sehen. Unter anderem am 30. September im Wiener Flex, am 2. Oktober in der Tabakfabrik Linz oder am 8. Oktober im Grazer ppc. Alle Konzerttermine und Infos finden Sie unter www.facebook.com/krautschaedl.com.

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