Live in der Arena

Guano Apes kamen erst gegen Ende auf Touren

Musik
05.11.2014 05:30
Dienstagabend kehrten vergangene Helden des Crossover-Rock nach Wien zurück - die legendären Guano Apes spielten in einer gut gefüllten Arena, verzettelten sich aber mit der Songauswahl. Aufgrund des schwachen neuen Materials kam erst im Schlussdrittel große Stimmung auf.
(Bild: kmm)

Rund um die Jahrtausendwende gab es einmal einen längeren Zeitraum, in dem die niedersächsischen Guano Apes mit relativ wenig Akkorden, aber einem untrüglichen Gefühl für die rhythmisierte Frustrationsabladung von Teenager-Herzen den Zeitgeist getroffen haben. Es war zu einer Zeit, als Neo-Grunge- und Alternative-Outfits wie Puddle Of Mudd oder Silverchair den allzu jäh verstorbenen Geist Nirvanas ins neue Jahrtausend führten und sich dabei mehr oder weniger als Kopisten ebengenannter Genre-Größe zu erkennen gaben.

Alte Spitzennummern
Die Guano-Apes-Top-Single "Open Your Eyes", das rockige Alphaville-Cover "Big In Japan" und das anfangs nur als Werbesong konzipierte "Lords Of The Boards" sind übrigens noch heute, 2014, fraglose Spitzennummern, die den viel zitierten "Test Of Time" mühelos überstanden haben. Das wiederum kann man keinesfalls von den Nummern des aktuellen Albums "Offline" behaupten, zu deren Zwecke Sängerin Sandra Nasic und Co. überhaupt gerade unterwegs sind, und die große Wiener Arena gut, aber nicht voll füllen können.

Die Krux liegt nämlich an der Songauswahl – so gerne die über mehrere Generationen verteilten Fans in freudiger Nostalgie schwelgen möchten, so schwierig wird ihnen dieses Vorhaben gemacht, denn mehr als die erste Hälfte des Sets besteht nur aus dem brandneuen Album "Offline" und dessen Vorgänger "Bel Air" (2011). Natürlich – die Guano Apes haben sich 2006 nicht zuletzt wegen Streitereien ob des schnöden Mammons getrennt, nur um sich drei Jahre später nach spärlichen bis überhaupt nicht vorhandenen Soloerfolgen der einzelnen Mitglieder zu reformieren.

Dahinplätschernde Songs
Dass das Quartett dadurch auf neues Material zurückgreift ist verständlich, dass aber gerade "Offline", das künstlerisch und auch kommerziell schwächste Album der Bandgeschichte, in derart großen Ausmaß durch die Halle plätschert, erweist sich als Eigentor. "Hey Last Beautiful" ist nichts mehr als bemühter Zweitliga-College-Rock, "The Long Way Home" langweilt vom ersten bis zum letzten Ton und bei "Numen" verspielt sich die Instrumentalfraktion. Lediglich das flotte "Like Somebody" weiß für Stimmung zu sorgen – ansonsten ist der Applaus vor allem in der Anfangshälfte selten mehr als verhalten.

Nasic ist sich zudem geografisch unsicher: "Ich weiß, die Arena befindet sich ein bisschen außerhalb von Wien". Es sei ihr verziehen. Vor allem, weil sie trotz des meist schalen Songmaterials das Beste aus sich herausholt. Auch dem 40er nahend überzeugt die blonde Zopfträgerin als kompromisslose Rockröhre, die vor allem in den intensiven ("All I Wanna Do") und besonders wirkungsvollen Momenten ("Open Your Eyes") auf voller Linie überzeugen kann.

Starkes Finish
Im Laufe der Zeit klappt es auch mit Stimmung und Songmaterial – die schönsten Momente des 90-Minuten-Sets sparen sich die Guano Apes bis zur zweiten Zugabe auf. Zuerst eine berührende Dankesrede des sympathischen Drummers Dennis Poschwatta an Crew und Vorband, dann ein paralysierendes Instrumental-Stakkato namens "Lez" und die volle Bühnenexplosion beim Hit "Lords Of The Boards". Geht ja doch! Dass man die wahren Klassiker der Band aber auf einer Hand abzählen kann, sagt viel über den Stand der Guano Apes im gegenwärtigen Musikgeschäft aus.

Schon eher dem gegenwärtigen Zeitgeist entsprach im Vorprogramm das Electro-Pop-Kollektiv Susanne Blech, das keine Dame, aber dafür sechs Männer im Line-Up aufbot. Songs wie "Helmut Kohl" oder "Metastasen" sind textlich genauso krude wie sie klingen, doch mit den Deichkind-Beats und partiell eingesetzten Kraftklub-Zitaten sorgten sie schon früh an diesem Abend für frischen Wind. Warum dem Crossover-Rock-Publikum aber eine Party-Beat-Band vorgesetzt wurde, bleibt unbeantwortet. Von der eher fragwürdigen Stimmung war auch Sänger Timon-Karl Kaleyta überrascht: "Alles wird gut. Auch für die Mädels hier in der ersten Reihe, die so skeptisch schauen". Er sollte nur teilweise Recht behalten.

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