Er hat uns lieb...

Grönemeyer im Interview über sein neues Album

Musik
21.03.2011 14:23
Herbert Grönemeyer bringt sich mit seinem neuen Album "Schiffsverkehr" wieder ganz groß raus. In Berlin ließ er die "Krone" erstmals in die neue Platte reinhören. Und gab zu, dass er Österreich noch immer nicht ganz versteht...
(Bild: kmm)

In einer eleganten Hotelsuite in Berlin-Mitte bietet ein gut gelaunter Grönemeyer Wasser, Saft oder Kaffee an. Macht man das heute so als Rock- und Popstar? Wo ist der Schampus, die guten alten Zeiten? Grönemeyer lacht: "Ich glaube, ich muss jetzt gleich zu Beginn Qualtinger zitieren und sagen: Die Mädls hab ich grad nach Haus expediert."

"Krone": Wo wir schon mitten im Thema sind. Wie halten Sie es mit Österreich?
Grönemeyer: Wenn man in Deutschland anfängt, Musik zu machen, dann gibt es da so was wie die Donaugrenze. Als Preuße denkt man, da kommt man nicht drüber raus. Wenn man dann wie ich auch in Österreich gespielt wird, ist das schon eine ganz große Auszeichnung. Wien ist mir eine unglaublich gute Freundin geworden.

"Krone": Die österreichische Grönemeyer-Hymne ist aber nach wie vor "Ich hab dich lieb". Wie kam es dazu?
Grönemeyer: Ja. Das Lied kennt man gar nicht so in Deutschland. Aber in Österreich muss man das spielen. Das geht gar nicht anders. Im Grunde genommen ist das ganze Konzert darauf ausgerichtet. Alles andere ist hier nur Vorspiel. Aber das Lustige war ja, dass ich dieses Lied bis zu jenem denkwürdigen Abend nie live gespielt habe. Ein Moderator von Ö3 wollte damals eine Ballade von  mir spielen – "Halt mich". Aber er hat sie dann wohl nicht gefunden und spielte "Ich hab dich lieb". Als ich dann in der Stadthalle auftrat, riefen die Leute: Ich hab dich lieb, und ich dachte, ja nett. Dann hab ich erst kapiert, dass die das Lied meinen. Heute ist der Song meine Liebeshymne an Österreich.

"Krone": Sprechen wir von der Zukunft, oder besser noch der Gegenwart. Dem neuen  Album "Schiffsverkehr". Ich mochte auch die Texte. Sie klingen sehr persönlich.
Grönemeyer: Die letzten drei Platten waren für mich so eine Art Trilogie. Jetzt war es an der Zeit, wieder einen Neustart zu machen. Eine Platte, die anders klingt. Das betrifft auch die Texte. Für mich hat die Platte aber auch eine ziemliche Kraft. Das Album ist ungestümer, naiver, wenn man so will. Einfacher. Rund. Was die Texte angeht – ich sammle keine Themen und will dann was erzählen. Am Ende muss alles einfach ein geschlossenes Werk sein.

"Krone": Trotzdem werden viele Träume und Sehnsüchte angesprochen. Manchmal verspürt man ein großes Fernweh. Sie wollen doch nicht etwa  davonlaufen?
Grönemeyer: Aufbruch trifft es wohl eher. Sturm und Drang. Ich bin zwar nicht mehr 30, sondern Mitte 50. Aber musikalisch wollte ich noch mal Druck machen. Was alles in den Texten versteckt ist, kann ich selber oft schwer beurteilen. Ich kann nur hoffen, dass sie bei dem, der es sich anhört, etwas hinterlassen, berühren.

"Krone": Wie gehen Sie an Ihr Werk heran. Erst der Text und dann die Musik?
Grönemeyer: Neee! Gar nicht. Ich schreib immer erst die Musik und singe dazu englische Bananentexte (Anm.: klingt nur wie Text). Da bin ich dann immer unheimlich begeistert. Dann setze ich mich erst hin und schreib die deutschen Texte dazu. Da kämpf ich dann mit mir selber. Schreib oft mehrere Texte für ein Lied. Und finde dann plötzlich alles oft ganz furchtbar. Denn, wenn der Text nicht passt, macht er mir das Lied kaputt. Es kommt also darauf an, trägt der Text die Musik, macht er sie gar besser oder intensiver, oder eben nicht.

"Krone": Es sind also nicht Geschichten, die erzählt werden müssen?Grönemeyer: Das gibt es auch. Bei dem Afghanistan-Lied auf der neuen CD z. B. Die Nummer heißt "Auf dem Feld". Oder das Lied "Keiner liebt mich so wie ich". Das ist aus einer Alberei mit der Band entstanden. Aber auch beim "normalen" Text schreibt man einfach mal drauf los. Und da merkt man dann erst, was sind die Themen, die dich interessieren. Wie ist deine Gefühlslage. Aber im Grunde bin ich kein Geschichtenerzähler.

"Krone": Im Song "Wäre ich einfach nur feige" auf der neuen Platte singen Sie die Worte "taugt man noch als Traumprinz". Frage: Taugt Herbert Grönemeyer noch als Traumprinz?
Grönemeyer: Das kann ich jetzt nicht beurteilen. Das müssten Sie jetzt Ihre Leserinnen fragen. Aber in dem Lied geht es darum, dass es schon ganz schön ist, wenn man nicht ständig auf Macker machen muss. Dass man auch zu seinen Fehlern stehen kann. Und nicht mehr den Tarzan markieren muss. Alles ein bisschen leichter nehmen kann.

"Krone": Woher kommt der Name "Schiffsverkehr"?
Grönemeyer: Das Album ist ja in Stockholm entstanden. Im Studio vom Abba-Pianisten Benny Andersson. Mit Blickaufs Wasser. Wir sahen da ständig die Schiffe hin und her fahren. Da steppt der Bär. Da ist schon was los. Ich hatte schon immer eine Affinität zum Wasser. Meer ist für mich immer Freiheit, wild und ungestüm. Das passt – zu meinem Wesen.

"Krone": Auf der neuen CD gibt es herrliche Liebesballaden. Für wen schreibt ein Grönemeyer die?
Grönemeyer: Sicher mal an konkrete Menschen, aber nicht nur. Es sind oft einfach nur sehnsüchtige Lieder nach der ultimativeren Liebe.

"Krone": Zurück nach Österreich. Waren Sie schon mal in der Wiener Oper?

Grönemeyer: Leider nicht. Klassische Musik hör ich auch. Muss aber nicht immer sein.

"Krone": Mit Opernkarten könnten wir Ihnen keine Freude machen?

Grönemeyer: Doch. Sehr sogar. Den "Parsival" hab ich mir in Bayreuth angehört. Das ging so – musikalisch. Aber es gibt auch in der Klassik schlechte Sachen. Für mich ist klassische Musik Pop-Musik aus einem anderen Jahrhundert. Deshalb finde ich diese Kategorisierung nicht richtig. Also in dem Sinne, dass klassische Musik nun toller wäre. Das ist sie mit Sicherheit nicht. Sie ist nur älter.

"Krone": Was erwarten Sie sich von Ihren österreichischen Fans?Grönemeyer: Auf Wien und Klagenfurt freuen wir uns sehr. Es ist immer wieder großartig, live zu spielen, und - wie schon eingangs gesagt – was Spezielles bei euch. Mir stellt sich dann immer wieder die Frage: Wie funktioniert das hier? Warum habt ihr uns so lieb?

Die Termine der "Krone"–Konzerte von Grönemeyer:
18. Juni 2011, Wien, Ernst-Happel-Stadion
19. Juni 2011, Klagenfurt, Wörthersee Stadion

von Verena Karimi, Kronen Zeitung

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