Pause von Seeed

Frank Dellé über sein Solo-Debüt “Before I Grow Old”

Musik
07.10.2009 17:18
Wer ist denn Frank Dellé? Das fragen sich an dieser Stelle sicher viele. Dabei ist er kein Unbekannter, "versteckt" sich doch niemand anderer als Seeed-Sänger Eased hinter seinem bürgerlichen Namen. Und unter dem hat er nun sein erstes Solo-Album "Before I Grow Old" veröffentlicht. Mit krone.at hat er über den Entstehungsprozess der Platte und seinen Antrieb dazu gesprochen.
(Bild: kmm)

Anders als bei der Berliner Hauptband regieren auf "Before I Grow Old" aber weniger fette Beats und HipHop den Sound. Vielmehr ist das Solo-Debüt Dellés eine äußerst entspannte Reggae-Platte geworden, die aber nicht nur den klassischen Roots-Sound wiederauferstehen, sondern auch mit modernen Klängen aufhorchen lässt.

Etwas aus der Art schlägt auf der Platte vielleicht noch die Single "Pound Power", denn dieses Stück erinnert wohl noch am ehesten an die Stammformation des Hühnen mit den Dreadlocks. Aber nicht nur musikalisch geht es hier ab, auch textlich strotzt die Nummer nur so vor guter Laune: Etwas mehr darf es sein – und zwar von allem! Mehr Fleisch am Teller, mehr dran an den Frauen und so weiter und so fort. Laut Dellé ein Einfluss seiner Abstammung, ist sein Vater doch Ghanaer, seine Mutter Deutsche. "Das ist ein Thema, das man hier bei uns nicht versteht. Ein Lied über Essen und Pfunde, und darüber, etwas zuzulassen. Das wird in Ghana anders aufgenommen als zum Beispiel in Deutschland. Hier mögen wir auch keine dicken Popos", sagt der Sänger lachend.

Passend dazu hat sich Dellé auch einen Lebenstraum erfüllt und das Video zu "Pound Power" in seiner zweiten, afrikanischen Heimat gedreht. "Das war großartig. Nach Ghana zu fahren und mit meiner Familie, mit meinen Cousins und Cousinen das Video zu drehen und auch diesen Teil von mir zu zeigen."

Fruchtbare Zusammenarbeit
Nicht unbeteiligt an der Entstehung des Albums war übrigens Produzent Guido Craveiro. Mit diesem habe sich das Mastermind per Mail über Songideen ausgetauscht. "Es war immer so, dass wir uns gegenseitig begeistern konnten." Denn Dellé hatte eigentlich gar nicht vor, in der Seeed-Pause Musik zu machen. Als er dann aber nach der Geburt seiner kleinen Tochter mehrere Wochen in New York weilte, überkam es ihn. Und mit Craveiro hatte er einen kongenialen Partner gefunden, wie er versichert. Der Erfolg von Bandkollege Peter Fox hatte aber nichts damit zu tun, dass auch er nun auf Solopfaden wandelt. "Wobei es mich natürlich sehr freut, dass er erfolgreich ist. Das macht die Sache für mich jetzt auch einfacher, denn ich kriege natürlich mehr Aufmerksamkeit", schmunzelt Dellé.

Dass sich das Album stärker an klassischem Reggae orientiert, als das die Werke des Berliner-Hauptensembles tun, ist übrigens kein Zufall. Dellé verlebte mehrere seiner Jugendjahre in der Heimat des Vaters, wo Bob Marley äußerst populär war. Dort lernte er, den Karibik-Sound zu lieben. Wichtig sei für ihn dabei aber vor allem, dass die Inhalte der Musik authentisch seien. Deshalb mache er auch keine klassischen Reggea-Protestsongs, denn die Unterdrückung sei kein Teil seiner Erfahrung. "Ich bin in zwei tollen Familien aufgewachsen – in Ghana und in Deutschland – und habe viel Liebe erfahren", so der Künstler.

In zwei Welten daheim
Dass ihn seine multikulturelle Herkunft bei seiner Karriere als Musiker besonders gefördert und ihn mit besonderer Kreativität ausgestattet hätte, sieht Dellé übrigens nicht unbedingt so. "Die beiden Kulturen sind nicht so verschieden, wie man das immer glaubt. Beide Länder (Deutschland und Ghana, Anm.) sind christlich geprägt. Ich bin außerdem in beiden Ländern zu Hause, komme mir weder dort noch da fremd vor." Richtig gemerkt habe er das erstmals, als er einen Schwarzen in Deutschland kennenlernte, der in seiner Identität weit weniger gefestigt war und daraus eine Art "Black Power"-Attitüde speiste. "Ich kannte das bis dahin nicht und es ist auch nicht meine Welt. Ich habe natürlich auch nie krassen Rassismus zu spüren bekommen", erzählt Dellé. "Man wird in Deutschland zwar auf seine Herkunft angesprochen. Aber das tun die Leute in Ghana auch. Ich empfinde das überhaupt nicht als Provokation. Die Menschen sind einfach neudierig."

Diese versöhnlichen Töne und die Zufriedenheit, die der Sänger ausstrahlt, haben sich auch auf "Before I Grow Old" niedergeschlagen. Nummern wie der Titeltrack, aber auch "You’re why I Wake Up In The Morning", das Dellé für seine kleine Tochter geschrieben hat, zeigen einen Mann, für den es gerade "rund" läuft. Und mit dem Cover des Frankie-Goes-To-Hollywood-Hits "The Power Of Love" wird die Sache richtig komplettiert. Denn die Super-Schnulze kommt in Dellés Version richtig unpeinlich aus den Boxen.

Seeed kommt 2010 zurück
Seeed-Fans müssen übrigens keine Angst davor haben, dass ihre Lieblingsband an den Solo-Ausflügen ihrer Mitglieder zugrunde geht. "Wir haben vereinbart, dass wir 2010 wieder gemeinsam produzieren werden", erklärt Dellé mit sichtlicher Vorfreude. Das nächste Album der Berliner-Combo dürfte also nicht allzu lange auf sich warten lassen.

Bevor es aber soweit ist, kommt Frank Dellé im Winter auch zu uns auf Tour. Am 9. Dezember gastiert er mit seiner Reggae-Kapelle in der Wiener Arena.

8 von 10 relaxten Reggae-Punkten

von Stefan Taferner

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