Lachs und Liebe

Die Story von Port O’Brien

Musik
17.07.2008 16:51
Wenn Van Pierzalowski den berühmten John-West-Werbespot sieht, in dem ein Lachsfischer unter Einsatz seines Lebens einem Grizzly-Bären den fangfrischen Fisch klaut, kann er nur lachen. Allerdings nicht über das kleine Filmchen: "Wenn ihr wirklich wüsstet, wie viel harte Arbeit hinter einem McDonalds-Fischburger für 50 lächerliche Cent steckt", seufzt Van. Er weiß es. Jahrelang verbrachte der Kalifornier 100 Sommertage auf Fischkuttern in Alaska.
(Bild: kmm)

Sommer bedeutet dort aber keineswegs Sonne, geschweige denn milde Temperaturen. Nach 20 Stunden harter Arbeit auf dem Schiff, das natürlich nicht jeden Abend zum Hafen zurückkehrt, nahm er trotz geschundener Hände und eingefrorener Finger täglich die Gitarre zur Hand und schrieb Songs. Über das Meer, die Einsamkeit, das Verlangen nach festem Boden unter den Füßen - und über Cambria, seine Freundin und Bandkollegin, die an Land als gelernte Bäckerin bzw. am Fließband einer Konservenfabrik arbeitete, wo sie den zerhäckselten Fang ihres Liebsten in Dosen verpackte. Liebe geht halt durch den Lachs...

An den anderen 265 Tage des Jahres sah der Alltag von Van und Cambria schon rosiger aus. Das in den Sommermonaten verdiente Geld in Alaska reichte für ein sparsames Leben, bei den Wetterverhältnissen in Kalifornien im Vergleich zu Alaska blieb ihnen sogar die Winterdepression erspart. Vor zwei Jahren gründeten die beiden dann zusammen mit Drummer Joshua Barnhart, Gitarrist Zebedee Zaitz und dem Bassisten Ryan Stively Port O'Brien und verschrieben sich fortan zartem Indie-Rock und Akustik-Klängen, die manchmal auch etwas ruppiger als "Chaos Folk" durchgehen. Sie tourten mit den Indie-Heroen Nada Surf, brachten eine kleine EP in Eigenregie heraus, soeben ist mit "All We Could Do Was Sing" (Video zur Single siehe oben!) das erste "richtige Album", wie Van es nennt, erschienen.

Es sei verdammt anstrengend gewesen; die Songs neben der Plackerei auf dem Schiff schreiben, dann den Rest des Jahres proben, ins Studio gehen, Auftritte organisieren, Konzerte geben, erzählt Van im krone.at-Interview. Als wir telefonierten, ist er gerade aus dem klapprigen Chevrolet-Transporter der Band mit Anhänger - dem neuen "Tourbus" - gekrochen. Neun Uhr vormittags, Fahrerwechsel, schnell einen Kaffee an einer Tankstelle in West Hollywood holen, am Abend wird ein kleiner Club im Heimatbundesstaat gerockt.

Ob es nicht etwas merkwürdige Parallelen habe - 100 Tage im Jahr auf dem Schiff zu schuften, nur um dann die nächsten 200 Tage eingequetscht im Auto durch die Hitze zu gondeln. "Ja", lacht Van, "aber was soll's. Es ist einfach großartig!" Heuer ist übrigens ihr erster Sommer ohne Alaska, ohne Lachs, ohne Dosenfabrik. "Auf dem Schiff würde ich jetzt zwar mehr verdienen", sinniert Van, "aber Träume kannst du nicht an dir vorüberziehen lassen." Mit ihrem Album "All We Could Do Was Sing" touren sie demnächst auch durch Europa. Eines oder sogar mehrere Konzerte sind im Spätsommer bzw. Herbst auch in Österreich geplant. Unbedingt empfohlen!

9 von 10 Lachsen, die Van heuer nicht fängt

Von Christoph Andert

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