Stadthalle live

Bryan Adams bot eine Rockshow der Sonderklasse

Musik
01.06.2016 00:07

Dienstagabend wurden rund 12.000 Rockfans Zeugen einer besonders intensiven Show. Der kanadische Working-Class-Rocker Bryan Adams zelebrierte knapp zweieinhalb Stunden lang sein neues Album "Get Up!" und die größten Hits aus mehr als drei Dekaden und zeigte sich dabei in bester Humor- und Erzähllaune. Da blieb sogar Platz für eine Weltpremiere in Wien.

(Bild: kmm)

"Immer wenn ich einen guten Freund in Wien besuche, zieht der Duft von Sauerkraut durch meine Nase". Nach mehr als ein Dutzend Gastspielen in Österreich ist es kein Geheimnis mehr, dass der kanadische Rocker Bryan Adams Mitte der 60er-Jahre ein halbes Jahr in der Nähe des Rathauses lebte und mit seinem Bruder kurz in eine Wiener Schule ging. Die stets gleichen Geschichten des netten Onkels mit der Starkstromgitarre sind aber auch in ihrer x-ten Ausführung immer noch sympathisch ehrlich und vor allem ehrergiebig. Für Adams ist die österreichische Hauptstadt tatsächlich ein Stück Heimat geblieben, die Liebesbekundungen sind nicht gekünstelt.

Ungebrochene Strahlkraft
Das fühlt man auch am Dienstagabend in der Wiener Stadthalle, wo der 56-Jährige das bisher größte Publikum seiner Österreich-Karriere begrüßen durfte und davon auch dementsprechend angetan war. Rund 12.000 Begeisterte ließen sich von den schwülen Sommertemperaturen nicht von einem Konzertbesuch abhalten, was fast ein Drittel mehr war als bei seinem letzten Auftritt im Dezember 2014. Diese immerwährende Popularität beweist vor allem zwei Sachen: Einerseits ist die Strahlkraft seiner großen Hits aus drei Dekaden ungebrochen massiv, andererseits kann sich sein neues Studioalbum "Get Up!" dank Songs wie "Brand New Day" oder "Go Down Rockin‘" locker mit dem bisherigen Backkatalog messen.

So gerne versuchen ihm manche Kritiker schon seit Jahren den Bühnentod an den Hals zu schreiben. Adams gehört in der Musikmedienlandschaft nicht unbedingt zu den großen Lieblingen, doch wer ein knapp zweieinhalbstündiges Programm fast ausschließlich mit Hits und Ohrwürmern füllen kann, der hat sich nicht nur den Publikumszuspruch, sondern auch den Neid redlich verdient. Dieses Mal elegant im blauen Sakko und mit gewohnter akkuratem Scheitel legt er mit seiner vierköpfigen Band samt Bassisten-Neuling Richard Jones mächtig los. "Do What Ya Gotta Do", "Can't Stop This Thing We Started" und "Run To You" fegen den Anwesenden durch die Ohren - Zeit zum Durchatmen gibt es auch noch nach dem Konzert.

Hit um Hit
Das mächtige Tempo drosselt Adams zusehends. Nach der kultig-herzerwärmenden Ballade "Haven" und nostalgischer Videoeinspielungen zu "This Time" startet die große Hitparade erst so richtig durch und wird vom bestens gelaunten Kanadier mit zahlreichen Anekdoten und Witzen ausgeschmückt. Nur mit einer Diskografie á la Adams kann man es sich erlauben, den absoluten Smashhit "Summer Of '69" bereits im Mittelteil des Konzerts zu verbraten. Die nackten Tatsachen im dazu gesendeten Video führen übrigens dazu, dass so manche Hobbyaufnahme der Fans kurz darauf von Facebook gelöscht wird. Beim countryesken Rockstampfer "If Ya Wanna Be Bad Ya Gotta Be Good" lässt Adams die extrovertierte Lena im Rampenlicht tanzen und verschenkt zur Belohnung nicht nur Komplimente und Applaus, sondern auch eine Packung mit T-Shirts.

Bei Songs wie "Back To You" oder "Somebody" wird einem endgültig gewahr, dass niemand so gut das Feeling von Stadionrock-Songs mit einer verrauchten Beisl-Atmosphäre verknüpfen kann wie Adams. Mit seiner famosen Band und eher hintergründig akzentuierten Lichteffekten erschafft der Kanadier stets ein Gefühl der nahegerückten Behaglichkeit, obwohl "Cuts Like A Knife" oder "The Only Thing That Looks Good On Me Is You" mit Sicherheit auch im Happel-Stadion gut rüberkommen würden. Dazwischen macht Adams Selfies mit ausgewählten Fans, erzählt ironisch, wie es der Song "I’ll Always Be Right There" nicht in die Endfassung des "erfolgreichsten Films aller Zeiten" geschafft hat und wie ihn ein Flughafen-Mitarbeiter für seine Stimme und den Song "Kiss From A Rose" gelobt hat, der aber von Seal gesungen wird.

Weltpremiere in Wien
So locker, entspannt und humorig zeigte sich der Kanadier selten zuvor. Kein Wunder, dass ihm die Menschen in der Stadthalle mit tosendem Applaus und lautem Gekreische entgegenkamen - der hemdsärmelige und völlig geerdete Rock wirkt überhaupt nicht antiquiert, sondern zeigt vielmehr, welche opulente Kraft Songs auch ohne elektronischen und showtechnischen Klimbim verbreiten können, wenn sie nur gut verfasst sind. Bevor er ins große Finale überging, hatte er für die Wiener noch ein besonderes Geschenk parat - erstmals überhaupt stimmte er "We Did It All" an und liefert den Österreichern damit eine Weltpremiere.

Wie schon bei seinem letzten Besuch beschloss Adams sein Set alleine mit der Akustikgitarre auf der Bühne. Seinen verstorbenen Freund Joe Cocker ehrte er mit "When The Night Comes" besonders intensiv, vergaß dabei aber auch nicht auf den prägnanten Humor ("Wenn ich was von ihm lernte, dann, dass ich Bacardi-Cola nicht ausstehen kann. Er trank das die ganze Zeit"). Wahre Gänsehautatmosphäre entfachte vor allem das kultige "Straight From The Heart", in dem die Kombination aus seiner markant-kratzigen Stimme und dem gefühlvollen Song-Arrangement besonders positiv auffällt. Als dann die eingangs erwähnten Liebesbekundungen kurz vor "Remember" das Konzert beschlossen, brandete noch einmal euphorischer Jubel auf. Totgesagte leben eben länger - und manchmal werden sie tatsächlich von Mal zu Mal besser.

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