Arena-Open-Air

Blondie: Nostalgietrip in die Pop-Art-Ära

Musik
11.09.2014 23:35
Den New-Wave-Legenden Blondie war es am Donnerstagabend vorbehalten, die musikalische Open-Air-Saison 2014 zu beenden. Bei - wie gewohnt - strömendem Regen zeigte sich die 69-jährige Debbie Harry samt technischer Hilfe in absoluter Bestform und schickte die Zuseher auf eine nostalgische Reise in die Hochzeit des Pop-Art-Lebensgefühls.
(Bild: kmm)

Sommer 2014 – ein Terminus, der seit Wochen für Tristesse, Kälte und Nässe steht und bei den Beliebtheitswerten mit Wörtern wie "situationselastisch" oder "Steuerreform" konkurrieren kann. Der Sommer in diesem Jahr ist kein ruhmreicher und machte auch nicht vor dem letzten Open Air in der Wiener Arena halt. New-Wave-Ikone Deborah Harry hätte sich für ihren ersten Österreich-Auftritt seit dem Jahre Schnee wahrlich bessere Bedingungen verdient.

Spontane Verschiebung
Die Angst vor dem angekündigten Starkregen ging sogar so weit, dass Blondie bereits um 19.30 Uhr die Bühne betraten. Die kurzfristige Online-Kommunikation funktionierte größtenteils, eine Vielzahl der etwa 2.000 Besucher groovte sich mit Regenponcho und Bierbecher pünktlich zu den ersten Klängen des Openers "One Way Or Another" ein.

Die "4(0) Ever World Tour" hält, was sie verspricht – die New Yorker Musiklegenden zelebrieren ihre allergrößten Hits und würzen das stilistisch vielseitige Kultmaterial mit einigen neuen Songs, die teilweise locker mit den Top-Nummern der alten Tage mithalten können. Besonders das mit vielen Disco-Zitaten geschmückte "Rave" und das auf dieser Tour kaum gespielte "Take Me In The Night" übertragen das Feuer zeitloser Klassiker.

Ikone im Greisenalter
Frontfrau Debbie Harry bemüht sich dabei auch mit stolzen 69 Lenzen, eine möglichst vitale Show anzubieten. Ihre Tanzeinlagen erinnern aber vor allem zu Beginn eher an die Eröffnungszeremonien von Sumo-Ringern – mit rot-schwarz-karierter Strumpfhose, schwarzem Sakko und der obligatorischen Sonnenbrille hat die einstige Andy-Warhol-Muse aber auch im Großmutter-Alter nichts von ihrer Wirkung als Mode-Ikone verloren.

Harry war bekanntlich nie eine Freundin ausartender Eloquenz, im kühlen Wiener Dauerregen taut die in Würde ergraute Sängerin aber richtiggehend auf, lobt die Konzertlocation, bedankt sich bei den tanzenden Fans für das "Erinnern an die alten Songs" und beweist auch Selbstironie im Alter, indem sie auf der Bühne nach einem Chiropraktiker fragt. Der Zahn der Zeit nagt eben sogar an ehemaligen "Playboy"-Hasen. Da kann man auch verschmerzen, dass die Gesangsstimme an diesem Abend wohl nicht zu 100 Prozent original vonstattengeht.

Souveräne Instrumentalfraktion
Hinter der gewaltigen Ladung weiblichen Charismas spult die restliche Band ein souveränes Programm ab. Angetrieben von Gitarrist und Harry-Ex-Freund Chris Stein legen auch die jüngeren Mitmusiker einen unauffälligen, aber stimmigen Instrumental-Teppich zum juvenilen Organ der blonden Sängerin.

Songs wie "Call Me" oder "Atomic" wirken gerade in der Jetztzeit so aktuell wie einst. Da sich Äonen von Pop- und Neo-New-Wave-Bands heutzutage auf die Reproduktion der 80er-Jahre-Chartklänge konzentrieren, hat sich so manche Nummer den begehrten Status der Zeitlosigkeit erarbeitet. Und um die Stimmung zwischendurch noch stärker aufzublähen, greifen Blondie auch in die Cover-Trickkiste.

Stilistische Vielfalt
"Hanging On The Telephone" von den Nerves und der Beastie-Boys-Hit "(You Gotta) Fight For Your Right (To Party!)" ziehen auch im New-Wave-Kostüm. Dazu servieren die Amerikaner Hip-Hop-Zitate ("Rapture") und sanftmütige Reggae-Klänge ("The Tide Is High"), zu denen sogar die beiden großen Pappeln im Arena-Gelände sanftmütig im Wind rauschen. Als das seltene "Union City Blue" den Zugabenteil einläutet, hat sich auch der Regen auf ein Minimum zurückgeschraubt. Legenden ärgert man eben nicht – schon gar nicht, wenn sie auch zur Jubiläumstour noch gut in Form sind.

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