Ausverkaufte Arena

Bilderbuch: Triumphzug der Hüftarbeiter

Musik
02.04.2015 11:17
Wenn der Tourabschluss zum Triumphzug gerät: Als die Band Bilderbuch sich am Mittwochabend vor dem jubelnden Publikum der ausverkauften Wiener Arena verbeugte, war das der vorläufige Höhepunkt einer Reise, die vor knapp zwei Jahren mit einer kleinen EP begonnen hat. Aber nicht nur die "Feinste Seide" ist mittlerweile begehrt wie kaum etwas in der österreichischen Popmusik.
(Bild: kmm)

Zudem wäre es natürlich verfehlt, die Vorleistungen der 2005 in Oberösterreich gegründeten Gruppe um Sänger Maurice Ernst zu verschweigen: Immerhin hat man mit "Nelken & Schillinge" sowie "Die Pest im Piemont" durchaus gefällige Platten im weiteren Indie-Feld vorgelegt. Es musste aber erst die "Maschin" gestartet werden, um über die Grenzen hinaus wahrgenommen und lieb gewonnen zu werden. Gleichermaßen kantig und eingängig, vor allem aber seit einer gefühlten Ewigkeit wieder sexy klang Pop aus dem Alpenraum.

Den Zeitgeist erwischt
Daraus folgte die logische Konsequenz beziehungsweise das, was derzeit als Hype, Phänomen oder einfach Glücksfall von Fans und Medien begriffen wird: Als Speerspitze einer neuen musikalischen Selbstverständlichkeit feiern sich Bilderbuch selbst, durchaus mit einem eitlen Zug, vor allem aber nachvollziehbar und verdient. Gemeinsam mit Gitarrist Michael Krammer, Bassist Peter Horazdovsky und Drummer Philipp Scheibl gelingt es Ernst, Bewährtes und Bekanntes derart überzeugend in eine zeitgemäße Form zu gießen, dass man daran nicht vorbei kann.

"Wien", immer wieder "Wien": Der agile Frontman ließ folglich in der Arena keine Zweifel aufkommen, dass man gekommen war, um sich den Lohn für all die Mühen abzuholen. Und nachdem das hiesige Publikum seinen beinahe schon obligatorischen Durchhänger in der Anfangsphase überwunden hatte, waren alle Feuer und Flamme. Was insofern kein Wunder war, als das aktuelle Album "Schick Schock", das zur Gänze erklingen sollte, ja eigentlich eine Art Best-of für Bilderbuch ist. Egal ob das hymnische "Willkommen im Dschungel", die Funk-Großtat "Softdrink" oder etablierte Gassenhauer à la "Plansch": Begierig wurden die Licks und Beats, die Hüftknicks und kokettierenden Blicke Ernsts aufgesogen.

Ausnahmezustand mit Tanzmusik
Auf die Vergangenheit vergaßen die Mittzwanziger aber ebenso wenig, ließen es mit "Calypso" krachen, beschworen "Karibische Träume" oder servierten als erste Zugabe das mitreißende "Kopf ab". Wurde zu Beginn von Ernst beinahe etwas mahnend in den Raum geworfen, dass man ja "Tanzmusik" mache, entsprach das Publikum dieser Vorstellung am Ende gänzlich. Hände überm Haupt, Hüften und Hintern rhythmisch vibrierend, die Stimmbänder an der Belastungsgrenze - kaum eine Gruppe evoziert aktuell derartige Ausnahmezustände im Auditorium.

Nach eineinhalb Stunden war es dann genug, zumindest vordergründig. Denn eigentlich schienen sowohl die mit Instrumenten ausgerüsteten Hüftarbeiter auf sowie ihr verschwitztes Pendant vor der Bühne noch Lust auf mehr zu haben. Immerhin ist für Nachschub gesorgt, wird doch am 18. Juni die Open-Air-Anlage der Arena einer Belastungsprobe unterzogen. Dass für diesen Gig bereits keine Karten mehr erhältlich sind, zeigt: Die Reise von Bilderbuch dürfte noch lange nicht vorbei sein.

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