"Krone"-Interview

Bastille: “Wir sind nicht eindimensional!”

Musik
19.09.2016 12:08

Mit "Pompeii" gelang den Briten von Bastille vor drei Jahren ein weltweiter Chart-Erfolg, der Dan Smith und Co. innerhalb kürzester Zeit an die Spitze der Pop-Landschaft spülte. Für den Nachfolger "Wild World" ließ sich die Band lange Zeit und überrascht an allen Ecken und Enden. Mut statt Sicherheit und Experimentierfreudigkeit statt instrumentaler Statik waren die wichtigsten Credos. Warum man sich selbst und die Fans unbedingt herausfordern will, das erzählte uns die Band im Interview.

(Bild: kmm)

"Krone": War es schwierig, euer neues Album "Wild World" nach dem großen Erfolg eures Debüts "Bad Blood" zu erschaffen?
Will Farquarson: Wir sind so viel durch alle Länder getourt, dass wir wenig Zeit hatten und ungemein stärker beschäftigt waren. Wir sind zurück nach London und haben das Album wieder gleich aufgenommen wie unser Debüt. Ich würde nicht sagen, dass der Druck den Schreibprozess zu "Wild World" beeinflusst hat. Offensichtlich war aber der Erfolg des Debüts Schuld daran, dass wir fast drei Jahre unterwegs waren.
Kyle Simmons: Beim Songschreiben habe ich schon an unser bisheriges Leben gedacht, und wie der Druck nach dem Erfolg gestiegen ist.
Dan Smith: Uns war wichtig, Songs mit guter Livequalität zu schreiben und überhaupt endlich unsere Ideen auf Papier zu bringen. Wir haben uns auf jeden Fall weiterentwickelt und haben keine verdammte Ahnung, was jetzt passieren wird und wie es weitergeht - das ist ziemlich aufregend. (lacht) Irgendwie ist es wie ganz am Anfang: es kann einfach alles passieren und alles ist ungewiss. Es ist auf jeden Fall der nächste Schritt, mit dem wir die Leute überraschen werden.

"Krone": Jedenfalls habt ihr euch nicht auf den Lorbeeren ausgeruht, sondern experimentiert und euren Sound teilweise stark verändert. Gab es dennoch so etwas wie eine rote Linie, die ihr beim Komponieren verfolgt habt?
Smith: Vielseitigkeit war auch schon auf "Bad Blood" zu erkennen, aber nicht so offensichtlich wie jetzt auf "Wild World". Wir haben endlich plärrende Gitarren verwendet, haben Hip-Hop-Beats integriert, einfach keine Angst mehr vor neuen Instrumenten oder anderen Genres gehabt. Es wird unausweichlich so sein, dass sich einige unserer Fans damit gut anfreunden können und andere wohl abspringen werden. Wir werden sehen.
Simmons: Das Album klingt wie ein Mixtape und wir haben uns die Freiheit genommen, überall dort zu experimentieren, wo unser Interessensfeld liegt.

"Krone": Die erste Single "Good Grief" ähnelt noch am ehesten eurem Debüt und ist der sicherste Song. Ansonsten überrascht ihr teilweise wirklich beträchtlich.
Simmons: Wir haben schon einige Songs live gespielt und die Leute waren ziemlich überrascht. Unser erster veröffentlichter Song war "Two Evils". Wir haben einen Teaser dazu gedreht, wo du eine Frau fallen siehst und die Stimmung verdrossen ist. Damit wollten wir erstmals zeigen, was die Leute zu erwarten hatten. "Good Grief" war dann wieder ein Schritt zurück, während die dritte Single, "Fake It", wieder eine komplett andere Richtung einschlägt. Du kannst das Album nicht in einem Song erklären.
Farquarson: Alleine die drei Songs unterscheiden sich so extrem voneinander.
Smith: Wir fühlten uns ziemlich frei und haben einfach experimentiert. Deshalb klingt es eben wie ein Mixtape. Wenn die Leute uns im Radio hören glauben sie immer, wir wären so eindimensional, das waren wir in der Realität aber nie. Wir haben einen Song namens "The Draw", den wir schon ewig live spielen und der am Ende extrem hart und brutal wird - aber diese Seite kennen nur treue Fans von uns. Wir wollen die Leute aber dauerhaft überraschen und Spaß haben. Das ist essenziell für unseren Sound.

"Krone": Auch hier bei uns in Österreich hattet ihr eine Menge Radiohits. Wollt ihr mit "Wild World" bewusst aus diesem Hit-Klischee ausbrechen?
Smith: Wir wollten niemals wirklich Radiohits haben. Unser ganzer Erfolg ist ein reiner Zufall, denn was wir immer wollten, waren große Melodien. Das war aber auch schon der einzige Plan. Die Inhalte der Songs waren schon immer etwas schräg. Unser erfolgreichster Song, "Pompeii", dreht sich darum, wie Leute von Vulkanen getötet werden. (lacht) Auf dem neuen Album haben wir Songs, die sehr anders sind, aber sie sind nicht unzugänglich. Es sind immer noch Bastille-Songs, die typisch nach uns klingen und die gleiche Produktion haben. Entscheidend war für uns, mit welchem Song wir als erstes voll rausgehen und das war "Good Grief". Das ist wohl der typischste Bastille-Song, aber dennoch anders als das Debüt. Ich hoffe inständig, dass die Menschen unsere neue Richtung miteinschlagen und sich nicht nur fragen, was mit uns los ist. (lacht)

"Krone": Hat der Albumtitel etwas mit eurem wilden Leben zu tun, dass ihr seit dem monströsen Erfolg von "Bad Blood" führt?
Smith: Das wäre doch etwas arrogant von uns. Wie schon das Cover andeutet, wollen wir nicht nur akustisch, sondern auch visuell mitteilen, dass wir eine Art imaginären Film dazu erschaffen haben. So wie schon das Debüt "Bad Blood" ist auch "Wild World" sehr dramatisch und natürlich geht es darum, wie abgefuckt die Welt derzeit zu sein scheint. Wir selbst sind immer noch eine Band und beobachten einfach den Alltag.

"Krone": Nach dem Raketenstart eurer Karriere muss sich aber auch euer Leben fundamental verändert haben?
Simmons: Ich glaube da ist die Sicht von außen eine ganz andere als wir sie selbst auf uns haben. "Pompeii" war wirklich ein irrsinnig erfolgreicher Radiohit und ging überall durch die Decke. Für uns war das aber nur die Belohnung für unseren bisherigen Weg, denn wir haben immer den ehrlichen und langsamen beschritten. Es war jetzt nicht so, dass dieser Hit für uns ein Kulturschock war.
Smith: In Großbritannien haben wir jahrelang dafür gearbeitet, Aufmerksamkeit zu bekommen. Und plötzlich gab es diesen Hit und für Menschen außerhalb der Insel sind wir plötzlich da gewesen - so wie irgendwo rein explodiert. Aber in Großbritannien mühten wir uns schon länger ab. Unsere Geschichte dauert schon länger als die meisten glauben.
Simmons: "Pompeii" war schon unsere vierte oder fünfte Single. Aber klar, heute gibt es viele Künstler und Bands, die mit der ersten Single durch die Decke gehen - das war bei uns definitiv nicht der Fall. Wir haben vorher schon länger gearbeitet. Witzig ist ja, dass wir dachten, unsere dritte Single "Flaws" katapultiert uns an die Spitze, aber da ist überhaupt gar nichts passiert. (lacht) Die Band hat natürlich mehr Gewicht, aber ansonsten hat sich wenig verändert. Wir hängen noch immer mit unseren alten Freunden ab und haben halt mehr zu tun. Aber das ist auch normal. Es war sicher nicht schlecht, dass uns der Erfolg nicht als 19-Jährige passiert ist.
Smith: Ich glaube gar nicht, dass es eine Frage des Alters ist. Wir hatten einfach kein etabliertes Leben in einem Kokon, das kommt uns auch jetzt zugute.

"Krone": War das auch ein Grund, dass ihr wieder in Südlondon aufgenommen habt? Wieder mit Ko-Produzent Mike Crew? Um eben Bodenständigkeit zu zeigen?
Smith: Die Produktion war immer ein immens wichtiger Teil unseres Sounds. Ich arbeite gerne mit Mike und wir sahen keinen Grund, dieses Erfolgsrezept zu ändern. Das neue Album klingt ganz anders als das erste, aber das war auch unser ausdrücklicher Wunsch. Es ist nett, mit Freunden zu arbeiten, auch das ist ein Vorteil. Es gibt Musiker, die 1.000 Co-Writer haben und viele Produzenten - wir sind anders. Wir arbeiten eben lieber in einem Team, das gut miteinander kombiniert.

"Krone": Ihr habt vorher von den Hip-Hop-Einflüssen gesprochen - die gibt es auch auf der neuen Platte von Biffy Clyro. Warum ist die Hip-Hop-Szene für Indie- und Alternative-Musiker plötzlich so interessant?
Smith: Wir haben schon auf dem ersten Album viele Beats gehabt - zum Beispiel im Titelsong "Bad Blood". Hip Hop ist derzeit einfach das innovativste Genre und traut sich regelmäßig, die eigenen Grenzen niederzureißen. Du kannst Hip Hop so vielfältig einsetzen, es wird nikomponieren kann, aber wenn es zur Produktion kommt, dann wollen wir auch die Anleihen von Hip Hop einatmen. Kanye West wiederholt sich nie und probiert immer neue Dinge, das gefällt den Leuten. Heute existieren kaum mehr Genre-Begrenzungen und das finde ich verdammt cool. Es ist alles vermischt und die Genres kreuzen und queren sich - das macht moderne Musik so interessant. Wir haben Hip Hop immer geliebt und ihm dieses Mal vielleicht etwas mehr Tribut als früher gezollt. Am Debüt haben die Leute die Einflüsse noch nicht so bemerkt.

"Krone": Fällt es euch leicht, die alten, zugänglicheren Songs, mit den schwereren neuen bei Live-Konzerten zu kombinieren?
Smith: Es scheint sich zusammenzufügen.
Simmons: Wir haben bei den Proben davor natürlich experimentiert, aber es gibt auch keine andere Option, als die neuen mit den alten Songs zu vermischen. Früher haben wir jede einzelne B-Side gespielt, damit wir überhaupt einen Slot füllen können. Jetzt haben wir endlich den Luxus, Songs auswählen zu können. (lacht)
Smith: Wir haben in den USA eine ganze Arena-Tour mit nur einem Album gespielt. Es ist verdammt schwierig, wenn du manchmal 90 Minuten mit einem vollen Album füllen musst, da hatten wir zum Glück die Mixtapes und Demo-Songs. (lacht) Für die alteingesessenen Fans wird es anfangs vielleicht gewöhnungsbedürftig sein, aber eigentlich fließen die Nummern sehr gut miteinander zusammen. Wir sind sehr aufgeregt auf das Feedback der Menschen.
Simmons: Wir haben ein paar Songs im Set, die werden auf jeden Fall für offene Münder und Staunen sorgen.

Am 8. Februar 2017 kommen Bastille nach dem Frequency-Erfolg mit dem neuen Album "Wild World" noch einmal nach Österreich, und werden das Wiener Gasometer zum Beben bringen. Tickets und Infos erhalten Sie auf der Homepage von Bastille.

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