"Krone"-Interview

André Rieu: Ein Leben im Dreivierteltakt

Musik
04.03.2014 17:00
Mit seinem opulenten Johann-Strauss-Orchester kommt der populäre Star-Geiger André Rieu im Mai fünfmal nach Österreich. Im "Krone"-Interview sprach der Holländer über seine Probleme mit dem Betriebswirtschaftlichen, die Liebe zu Österreich und dem Walzer und warum es ihn auf den Mond zieht.
(Bild: kmm)

"Krone": Sie sind derzeit mit ihrem 60-köpfigen Johann-Strauss-Orchester unterwegs und haben als Hauptthema den Walzer gewählt. Warum gerade den Walzer und welchen Stellenwert hat er für Sie?
André Rieu: Das kann ich Ihnen sagen: Ich habe als kleiner Junge in Konzerten meines Vaters erlebt, wie die Zuschauer angefangen haben zu lächeln, als nach Mahler und Beethoven ein Walzer von Johann Strauss gespielt wurde. Da habe ich gemerkt, dass diese Musik Menschen in eine ganz besondere Stimmung versetzt. Bei jedem meiner Konzerte fangen im Publikum einige an Walzer zu tanzen, wenn ich "An der schönen blauen Donau" spiele. Walzer hört man eigentlich nie live. Außer vielleicht beim Neujahrskonzert, aber sonst werden die doch total selten gespielt.

"Krone": Ende Mai sind Sie mit Ihrem Programm auch fünfmal in Österreich zu Gast. Welche Beziehung haben Sie zu diesem Land und was darf das Publikum von Ihnen erwarten?
Rieu: Meine Beziehung zu Österreich ist wunderbar. Johann Strauss, Walzer, das Schloss Schönbrunn – alle diese Dinge haben mein Leben und meine Karriere total geprägt. Zu den schönsten Erinnerungen meiner Frau gehören unsere Besuche in der Wiener Staatsoper. Mit jeder Konzertstadt, Linz, Graz, Salzburg, Innsbruck und natürlich Wien verbinden mich besondere Erinnerungen, das ist fast wie nach Hause kommen. Nur zum Opernball habe ich es noch nie geschafft, weil wir im Februar fast immer auf Tournee sind.

"Krone": Österreich ist zudem legendär für seine Größen im Bereich der klassischen Musik. Wie viel Inspiration erhalten Sie noch heute, nach vielen erfolgreichen Karrierejahren, von den großen Komponisten?
Rieu: Sie begleiten mich fast jeden Tag. Und nicht nur Johann Strauss. Mein Vater war ja Dirigent, und ich habe als Kind das gesamte klassische Repertoire kennengelernt, darunter natürlich auch die großen österreichischen Komponisten… Mahler, Mozart, Haydn…

"Krone": Ihre Live-Auftritte waren immer schon eine bekömmliche Mischung aus Klassik und etwas Popkultur. Viele Kritiker stoßen sich daran. Warum darf man Klassik mit Popkultur mischen?
Rieu: Gegenfrage: Warum nicht? Ich denke da nicht drüber nach. Für mich ist alles erlaubt, was gefällt. So lange wir Spaß daran haben und das Publikum auch, ist es doch nicht falsch. Und Kritiker wird es immer geben, das ist ja auch schließlich ihr Job. Viele davon haben aber noch nie eines meiner Konzerte gesehen.

"Krone": Wenn Ihre Fans bei Ihren Konzerten zu spät kommen, scheuen Sie auch nicht davor zurück, Sie von der Bühne aus mit einem Augenzwinkern darauf hinzuweisen. Wie sehr stört Sie das und glauben Sie wirklich, dass sich das irgendwann ändern kann?
Rieu: Na ja, ein bisschen Spielerei ist da natürlich auch dabei. Irgendwer kommt immer zu spät, und da dachte ich, warum nutzen wir das nicht. Aber ich bin immer pünktlich. Ich bin mit mehr als 100 Leuten unterwegs, da kann man nicht auf einzelne warten. Unpünktlichkeit macht mich wirklich nervös.

"Krone": Sie gelten als großer Liebhaber der Musik, der sogar während der Tour übt. Wie viel Zeit wenden Sie immer noch für das Spielen außerhalb der Bühne auf?
Rieu: Ich übe jeden Tag, aber die Dauer ist abhängig davon ob wir Proben haben, auf Tour sind oder ob ich Interviews geben muss… (lacht).

"Krone": Den großen Erfolg im deutschsprachigen Raum haben Sie paradoxerweise mithilfe der Schlagersendung "Musikantenstadl" erreicht. Finden Sie, dass Sie damals in das Konzept der Sendung gepasst haben?
Rieu: Stimmt, ich habe dem "Musikantenstadl" und Karl Moik viel zu verdanken. Ja, ich fand schon, dass wir in das Konzept der Sendung gepasst haben, auch, wenn wir nicht in dem Sinne Volksmusik spielen. Aber da geht es noch um was anderes: Die Leute haben Spaß, die zeigen ihre Begeisterung ganz offen und gehen mit. Und das finde ich fantastisch.

"Krone": Sie feiern heuer auch das zehnjährige Jubiläum mit Ihren Platin-Tenören. Wie viel Kontakt hat André Rieu eigentlich mit all den Mitstreitern, wenn er gerade nicht mit ihnen auf der Bühne steht?
Rieu: Ein Grund, weshalb ich mich als ganz junger Mann im Orchester meines Vaters nicht wohlgefühlt habe war, dass ich das Gefühl hatte, jeder spielt für sich, schaut auf die Uhr, wann ist es endlich vorbei, und geht dann heim. Wir sitzen nach jedem Konzert noch zusammen und trinken ein Glas Wein, reden und lachen. Einige Musiker sind seit 25 Jahren bei mir, die sind schon Teil der Familie. Und das spürt das Publikum. Ich könnte überall Orchester mieten, aber die Leute freuen sich, wenn sie die gleichen Musiker wiedererkennen, die sie auf den DVDs gesehen haben. Deshalb ist es schön, dass meine Solisten und Orchestermitglieder so lange bei uns sind.

"Krone": Sie touren alljährlich und führen im Gegensatz zu den meisten Musikern ein Unternehmen. Wie behagt ihnen die geschäftliche Seite ihres Alltags, die nicht von Musikalität und Kreativität bestimmt ist?
Rieu: Die gehört dazu. Ohne das geht es nicht, aber zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört das nicht. Meine Frau sagt immer, Zahlen seien nicht meine Stärke. Ich verwechsle gerne mal 1.000 mit einer Million. Ein bei Künstlern verzeihlicher Fehler, finde ich. Sie holt mich dann auf den Boden der Tatsachen zurück.

"Krone": Was würden Sie als Ihr besonderes Geheimnis definieren, warum Sie seit so vielen Jahren derart viel Anklang beim Publikum finden, obwohl Sie praktisch ständig unterwegs sind?
Rieu: Nicht obwohl, sondern weil wir so viel unterwegs sind. Denn dadurch sind wir überall bekannt, auch in Mexiko, Brasilien, Australien. Forscher an der Uni Maastricht versuchen, mein Geheimnis herauszufinden, kein Witz. Die wollen wissen, wie dieser Erfolg zustande kommt, und erforschen das zwei Jahre. Mein Frau und ich wissen es, aber die sollen ruhig mal weiter forschen. Schauen wir, was sie sagen…

"Krone": Was passiert mit dem aufgenommenen Ton- und Videomaterial dieser Hallentour? Werden Sie eine CD und/oder DVD veröffentlichen?
Rieu: Wir haben Ende letzten Jahres wieder unser Maastricht-Special 2013 auf DVD veröffentlicht und ich habe ein Doppelalbum herausgebracht, "André Rieu Celebrates ABBA & Music Of The Night". Von der diesjährigen Tour wird es auch eine CD geben, ja. Und das beste Publikum kommt drauf. Wir schneiden alles mit… also nehmen Sie sich in Acht! (lacht)

"Krone": Sie sind jetzt 64 Jahre alt und haben so gut wie alles erreicht. Welche Ziele kann André Rieu noch haben, die er bislang nicht verwirklichen konnte?
Rieu: Ich würde gerne einmal auf dem Mond spielen! Und wenn ich noch zwanzig Jahre weitermachen kann, denke ich, habe ich eine wundervolle Karriere gehabt.

André Rieu kommt mit seinem 60-köpfigen Johann-Strauss-Orchester im Mai auch für fünf Termine nach Österreich. Am 24. Mai in die Olympiahalle Innsbruck, am 25. Mai in die Salzburgarena, am 27. Mai in die Linzer TipsArena, am 28. Mai in die Grazer Stadthalle und am 29. Mai in die Wiener Stadthalle. Tickets für die Konzerte erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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