"Krone"-Interview

Alter Bridge: “Wir wollen nicht redundant klingen”

Musik
30.09.2013 06:30
Die Creed-Rufe sind mittlerweile verstummt, denn nach drei sehr erfolgreichen Alben haben sich die US-Rocker Alter Bridge als eigenständige Band in den Köpfen der Fans festgesetzt. Mit dem neuen Werk "Fortress" gelang dem Quartett die wohl beste Platte ihrer bisherigen Karriere. Wir sprachen mit Frontmann Myles Kennedy über die Rückbesinnung auf härtere Klänge, warum es bislang noch keine Trompeten-Klänge gab und weshalb er Wien über alle Maßen liebt.
(Bild: kmm)

"Krone": Wie man es von euch erwarten konnte, ist das neue Album "Fortress" sehr gelungen. Es ist variabel und beinhaltet einige einprägsame Hymnen. War dieses Album der logische Nachfolger für "AB III"?
Myles Kennedy: Danke dir. Wir sind auch mit viel Optimismus an die Sache herangegangen, wollten in erster Linie uns selbst zufriedenstellen und dann hoffentlich auch unsere Fans.

"Krone": Im Vergleich zum Vorgänger klingt "Fortress" auch wesentlich fröhlicher, zudem sind die Songs schneller und rockiger ausgefallen. Ist das eurer persönlichen Befindlichkeit während des Songschreibens geschuldet?
Kennedy: Das war auch unser Ziel. Wir wollten schnellere und intensivere Songs schreiben und nicht mehr die dunkle Stimmung des Vorgängers wiederholen. Wir haben natürlich auch ruhigere Momente, so wie auf all unseren Alben. Im Großen und Ganzen wollten wir aber etwas mehr Aggression auf das Album bringen. Ich glaube auch, dass diese Songs live besser funktionieren werden, weil sie einfach mehr Spaß mit sich bringen.

"Krone": Woher kam diese gesteigerte Aggression?
Kennedy: Wir haben unser Konzept einfach noch einmal neu überdacht und gleichzeitig versucht, die Magie innerhalb der Band aufrecht zu erhalten. Schön zu hören, dass uns das gelungen ist.

"Krone": Das Album ist sehr vielseitig ausgefallen. Die meisten Songs gehen stark in die Metal-Richtung, andererseits überrascht ihr aber auch mit der Ballade "Lover" oder dem betulichen "Calm The Fire".
Kennedy: Diese zwei Songs gehören auch zu meinen absoluten Favoriten. Außerdem waren sie wichtig, um den Mantel des Albums zu komplettieren. Wenn du alle Songs auf einem Album in dieselbe Richtung gehen lasst, klingt das sehr schnell sehr redundant. Dabei könnten Hörer auch ihr Interesse verlieren. Deshalb war es uns sehr wichtig, dynamisch und gleichzeitig auch variabel zu bleiben.

"Krone": "Waters Rising" wird von eurem Gitarristen Mark Tremonti gesungen. Aus welchem Grund hast du ihm hier die Vorherrschaft am Mikrofon überlassen?
Kennedy: Weil er einfach großartig ist. Mark war immer stark im Produktionsprozess integriert und wollte sich bei diesem Song einfach versuchen. Er hat auf seinem Solo-Album schon bewiesen, dass er ein hervorragender Sänger ist, zudem haben wir auch viele Fans, die sich das gewünscht haben. Im Endeffekt war es nur ein logischer Schritt. Mark hat schon auf unserem letzten Album beim Song "Words Darker Than Their Wings" die Lead-Vocals übernommen. Auf "Waters Rising" konnte er seine Fähigkeiten so richtig ausspielen und ich finde das Ergebnis wundervoll.

"Krone": Hast du persönliche Erfahrungen in die Texte einfließen lassen?
Kennedy: Zum Teil. Manchmal bist du auch von einer Lebenssituation einer anderen Person inspiriert und versuchst diese durch deine eigene Perspektive zu sehen. Viele Texte drehen sich um Personen aus meinem Umfeld, wie frustrierend viele Dinge für sie sind und wie sie dann damit klarkommen müssen. Ich kann vieles davon gut auf mich selbst projizieren. Oftmals ist es wie eine Zeitmaschine, die mich in meine eigene Vergangenheit führt, woraus ich dann wieder Ideen bekomme. Das ist der Ansatz, von dem aus ich die meisten Songs verfasse.

"Krone": Wo liegt eigentlich die Verbindung zwischen dem Albumtitel und der verfallenen Scheune auf dem Artwork?
Kennedy: Das hängt auch mit dem Titelsong zusammen. Der Ausdruck "Fortress" beinhaltet für mich eine Verbindung zu einem Bruch. Je älter du wirst und je mehr Zeit vergeht, desto öfter kommst du drauf, dass nichts für die Ewigkeit ist. Das soll auch diese Scheune wiederspiegeln. Die ersten Fotoentwürfe für das Album-Cover beinhalteten eben richtige Festungen, aber das war uns dem Titel gegenüber zu wortgetreu. Die Scheune hingegen könnte ursprünglich einmal eine richtige Festung gewesen sein, hat sich aber über die Jahre eben zu diesem brüchigen Gebilde entwickelt.

"Krone": Nach eurem zweiten Album habt ihr die Alternative-Rock-Pfade verlassen und seid mehr Richtung Classic Rock gerückt. Warum gab es damals diese Stiländerung?
Kennedy: Das verlief eigentlich ganz natürlich. Wir alle in der Band sind mit Classic Rock aufgewachsen und so ergab es sich quasi von selbst, dass unsere Songs in diese Richtung tendierten. Das ist ganz lustig, denn schon unser Produzent hat uns damals darauf aufmerksam gemacht. Ich habe gar nicht daran gedacht und es war niemals geplant, sondern passierte einfach.

"Krone": Der wichtigste Punkt auf dem neuen Album ist einmal mehr deine Stimme. Viele Menschen sehen in dir den derzeit besten Rock-Sänger. Wie gehst du damit um?
Kennedy: Das ist wirklich schön zu hören, auch wenn ich dem nicht ganz zustimmen würde. Für mich ist es immer schwierig, wenn man im Kunst- und Kulturbereich versucht, jemanden besser als einen anderen zu finden. Man hofft einfach, dass die Tätigkeit die man ausübt, von Leuten bemerkt wird. Umso schöner ist es natürlich, wenn es jemanden wirklich viel bedeutet, das macht mich wirklich glücklich. Vor allem wenn ich Leute sehe, die meine Texte mitsingen, vielleicht sogar Passagen daraus auf ihren Körpern tätowiert haben. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber es gibt ja auch genug Leute, die das Gegenteil behaupten (lacht). Jeder hat seine Meinung und du kannst es nie jedem Recht machen. Du musst immer davon ausgehen, dass es für jeden, der dich großartig findet, zwei Gegenparts gibt, die dich überhaupt nicht aushalten (lacht).

"Krone": Da liegst du tatsächlich nicht weit daneben. Ich habe Freunde, die dich als den besseren Axl Rose bezeichnen, wiederum andere fangen mit deiner Stimme gar nichts an.
Kennedy: Exakt, sag ich dir ja (lacht). Wenn du all die Meinungen zusammensammelst, kommst du am Ende des Tages wahrscheinlich zu einer objektiven Zwischenlösung.

"Krone": Was vielleicht noch nicht jeder von dir weiß ist die Tatsache, dass du als Kind Trompete gespielt hast. Hast du denn nie überlegt, solche Parts in den Alter-Bridge-Sound einzubauen?
Kennedy:(lacht) Ich habe tatsächlich mal Scherze darüber gemacht, aber die Jungs haben mich nur blöd angesehen und mich für irre gehalten. Ich habe dieses Instrument wohl auch schon seit 20 Jahren nicht mehr angegriffen, wer weiß wie das klingen würde. Vielleicht bauen wir die Trompete wirklich im nächsten Album ein. Oder Mark und ich schnappen uns ein Teil und rennen damit in einen Marshall-Verstärker (lacht). Eine echte Heavy-Metal-Trompete also.

"Krone": Bist du im Allgemeinen daran interessiert, künftig mehr Experimente in die Alter-Bridge-Welt zu integrieren?
Kennedy: Ich persönlich würde das lieben. Gerade solche Experimente sorgen dafür, dass das Projekt für die Band und auch für die Fans interessant bleibt. Wir werden sehen. Vielleicht ein Heavy-Metal-Kazoo? (lacht)

"Krone": Im Herbst geht ihr auch auf Tour und werdet dabei im Zuge dessen im Wiener Gasometer spielen. Hast du gute Erinnerungen an die Stadt?
Kennedy: Willst du mich verarschen? Ich habe absolut nur die besten Erinnerungen. Wien gehört weltweit zu meinen absoluten Lieblingsstädten und ich sage das nicht nur so daher. Meine Frau und ich waren schon öfters hier auf Urlaub. Wir sitzen gerne am Ring bei einem Kaffee und haben schon oft die Oper besucht. Ich freue mich auch auf den Gasometer, hatte dort bislang immer sehr viel Spaß. Vielleicht kommt auch meine Frau mit. Wenn sie einen Flug bekommt, ist sie sicher mit dabei.

"Krone": Werdet ihr bei der Show mit einer speziellen Bühne oder anderen Besonderheiten aufwarten?
Kennedy: Ja, wir sind gerade dabei, all das zu komprimues noch etwas zu klein sind, um mit einer richtig großen Produktion aufzufahren. Wir müssen auch die verschiedenen Größen der Locations kalkulieren. Ich hoffe, dass es den Leuten gefallen wird, aber im Endeffekt geht es ja um die Songs und die Musik. Nicht so sehr um den visuellen Aspekt.

"Krone": Du hast letztes Jahr auch ein Album mit Slash eingespielt und bist mit ihm ständig auf Tour. Ich stelle mir das recht schwierig vor, beide Projekte unter einen Hut zu bringen.
Kennedy: Es ist sehr viel Arbeit, die nicht nur viel Hingabe verlangt, sondern auch dafür sorgt, dass du die meiste Zeit des Jahres nicht daheim bist. Aber das Feuer lodert noch immer und mir macht dieser Stress auch viel Spaß. Es wird vielleicht einmal den Moment geben, wo ich eine Pause von all dem brauche – schließlich bin ich auch nur ein Mensch. Aber derzeit geht es mit Vollgas nach vorne.

"Krone": Dir sind also nie Gedanken gekommen, für das hervorragend laufende Projekt mit Slash eine Alter-Bridge-Pause einzulegen oder gar damit aufzuhören?
Kennedy: Nicht wirklich. In erster Linie bin ich ja ein Riesen-Slash-Fan und habe nie geglaubt, dass so etwas mal passieren wird (lacht). Aber der Gedanke mit Alter Bridge aufzuhören, ist mir noch nicht gekommen.

"Krone": Fühlst du dich auf der Bühne wohler wenn du singst, oder nur Gitarre spielst?
Kennedy: Uh, das ist eine harte Frage. Das kommt wohl darauf an, an welchem Tag du mich das fragst (lacht). Heute sage ich singen, morgen wahrscheinlich Gitarre spielen.

"Krone": Nach dem "Blackbird"-Album hattest du die einmalige Möglichkeit, als großer Fan mit Led Zeppelin zu jammen. Prägt sich das als einer der größten Karriere-Momente dauerhaft ein?
Kennedy: Ich würde den Moment nicht auf meine Karriere beschränken, sondern auf mein ganzes Leben ausweiten. Ich denke noch heute die ganze Zeit daran. Dass das überhaupt passierte, ist einfach nur verrückt und diesen Moment habe ich ganz fest eingefangen. Es ist schon verrückt genug, überhaupt darüber zu sprechen, weil es verdammt noch mal wirklich passiert ist.

"Krone": Schreit das nicht nach einer Kooperation mit Jimmy Page und Robert Plant?
Kennedy: Sollte so etwas in die Richtung jemals passieren, würde ich mich natürlich sehr geehrt fühlen. Das ist aber irgendwie sehr schwer vorstellbar (lacht).

"Krone": Weil du von großen Momenten in deinem Leben gesprochen hast: Unlängst haben deine Frau und du den zehnten Hochzeitstag gefeiert. Gratulation! Wie wichtig ist deine Frau für dich persönlich, aber auch für deine Karriere?
Kennedy: Sie ist die klare Nummer eins. Sollte ihr was zustoßen, würde ich mir wohl mein Leben nehmen. Sie ist ein großartiger Mensch und glücklicherweise sehr unterstützend und tolerant. Sie liebt es, mich glücklich zu sehen und ich liebe es, Musik zu machen. Sie würde das also niemals in Frage stellen. Ich liebe sie einfach. Ich weiß schon, dass es in der Rockwelt nicht unbedingt cool ist, das zu sagen, aber über meine Frau geht nichts.

"Krone": Wie sehen deine Pläne nach der großen Herbsttour mit Alter Bridge aus?
Kennedy: Wir werden sicher auch in den USA touren und noch mal nach Europa kommen. Auch mit Slash und den Jungs werden wir an neuem Material arbeiten, einfach mit beiden Projekten immer weiter gehen.

Von den Live-Qualitäten und dem neuen Material des Albums "Fortress" können Sie sich am 7. November im Wiener Gasometer selbst überzeugen. Karten erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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