Zuversichtlich

Red-Bull-Chef Marko: “So schlecht sind wir nicht”

Sport
16.04.2014 14:10
Die nicht aufgehobene Disqualifikation von Daniel Ricciardo im GP von Australien ist abgehakt. Das Weltmeisterteam Red Bull konzentriert sich nach einem mäßigen Saisonstart in der Formel-1-WM auf die Aufholjagd. Um den Renault-Motor in die Gänge zu bekommen, befand sich Motorsportchef Helmut Marko zuletzt mehrmals in Frankreich. Im Interview spricht der 70-jährige Steirer vor dem Grand Prix von China über Österreichs Nachwuchs, Sinn und Sound der Formel 1.

Was stimmt Sie zuversichtlich, dass Red Bull der angestrebte Schritt nach vorne in den kommenden Rennen gelingen wird?
Helmut Marko: Wir sind optimistischer, weil wir den Motor in einigen Bereichen noch nicht optimal nützen. Wir wissen, bis zu welchem Grad der Motor funktioniert und was noch nicht funktioniert. Wir machen Fortschritte. Von den Platzierungen, die Ricciardo bisher de facto geholt hat, wäre er in der WM fast auf Hamilton-Niveau. So schlecht sind wir nicht. Nur kommen zur mangelnden Motorperformance auch noch alle anderen Sachen dazu, etwa die Disqualifikation in Australien. Aber wir kämpfen bis zum Schluss.

Kann man im Heimrennen im Juni in Spielberg schon aus eigener Kraft um den Sieg mitfahren?
Marko: Das hängt alles von der Motorentwicklung ab. Wir sind nicht diejenigen, die das maßgeblich entscheiden können. Von der Fahrwerksseite haben wir unseren Part getan. Aber Spielberg geht bergauf. Und vielleicht tut sich auch in puncto Lautstärke etwas, dass bis dahin schon ein besserer Motorensound da ist. Das ist ein Teil der Formel 1. Wir machen keine Formel für Ingenieure, sondern etwas für die Fans.

Das heißt, aus Ihrer Sicht kann und soll in diesem Bereich etwas passieren?
Marko: Es muss. Es geht um die Akzeptanz bei den Fans. Mercedes macht das ja nicht, weil sie Formel-1-geil sind, sondern damit sie ihr Altherren-Image wegbekommen. Wir machen es, damit wir Dosen verkaufen. Und Ferrari verkauft seine Autos. Letztlich ist die Formel 1 ein Marketing-Tool. Also muss man auf den achten, der das alles trägt und finanziert.

Es wäre also ein Schritt der Formel 1, um sich selbst zu legitimieren?
Marko: Wenn der Sport nur noch die halben Zuschauer hat, wenn die Fernsehquoten permanent sinken, dann wird jeder Finanzer, wenn er das Budget vorgelegt bekommt, entsprechend reagieren. Es kommen aber noch andere Dinge dazu: Wo gibt es zum Beispiel im Sommer ein Fußballspiel um 14 Uhr? Da muss man flexibler werden.

Was kann man in puncto Motorenlautstärke konkret tun?
Marko: Es ist schwierig mit dem Turbolader, aber es gibt technische Möglichkeiten. Es wird daran gearbeitet. Natürlich will Mercedes seinen Vorsprung nicht verlieren, aber irgendwann muss man über den Tellerrand hinausschauen.

Sie waren zuletzt mehrmals in Frankreich. Was ist bei Renault in die falsche Richtung gelaufen?
Marko: Wir haben viele Fehler erkannt. Das, was uns geärgert hat, ist, dass man nicht ganz offen zu uns war. Jetzt gibt es eine konstruktive Zusammenarbeit. Wir arbeiten hart mit Renault und Toro Rosso, das ist auch eine Kapazitätsfrage. Der Grundfehler war, dass Renault viel zu spät angefangen hat. Ferrari trifft das aber genauso. Dass wir uns da mit (Luca di) Montezemolo unterhalten, ist auch klar - ohne den Niki (Lauda), auch wenn ihm das nicht gefällt.

Wie viel von den derzeit fehlenden 80 PS kann man realistischerweise aufholen?
Marko: Wir sind es aus den vergangenen Jahren gewohnt, auch mit weniger PS mitzuhalten, wenn man bei anderen Lösungen clever ist. Aber 80 sind zu viel - vor allem, wenn man auch bei der Fahrbarkeit deutlich schlechter ist. Und es geht weiter: Mercedes kommt mit sechs Kilogramm Benzin ins Ziel, und wir messen im Grammbereich. Sie haben mehr Leistung, eine bessere Fahrbarkeit und weniger Verbrauch.

Haben Sie das Gefühl, dass Red Bull zusehends als österreichisches Team und in Spielberg auch als Lokalmatador wahrgenommen wird?
Marko: Da ist schon eine sehr breite Akzeptanz, auf jeden Fall. Das war nicht immer so. Das hat sich in den vergangenen Jahren sukzessive gesteigert.

Trotz allem gibt es keinen österreichischen Fahrer in der Formel 1. Können Sie es sich vorstellen, dass in näherer Zukunft einer für das Nachwuchsprogramm von Red Bull interessant wird?
Marko: Unser Anspruch ist, einen siegfähigen Grand-Prix-Fahrer zu finden. Wenn wir nicht das Rohmaterial haben, können wir daraus auch nichts formen. Einen Österreicher in die Formel 1 zu bringen, wäre überhaupt kein Problem. Es bringt uns aber nichts, wenn er hinten fährt. Da sehe ich momentan nichts Konkretes. Bei Lucas Auer muss man schauen, wie seine Saison (Formel 3/Anm.) läuft. Bei den Tests ist er nicht ganz vorne, aber vielleicht blufft er auch nur.

Bei einer guten Saison könnte er ein Thema sein?
Marko: Sie sehen ja, wie ich über die Details informiert bin. Aber wir beobachten weltweit. Nur einen Österreicher zu haben, der nicht siegfähig ist, bringt nichts. Leute wie der Russe (Debütant Daniil Kwjat im Toro Rosso/Anm.) sind eine Augenweide. Und was war bei Ricciardo? Auch der hat viele Kritiker gehabt, die Fans haben (Kimi) Räikkönen gefordert. Aber Gott sei Dank gibt es bei Red Bull Leute, die Visionen und Mut haben.

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(Bild: KMM)



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