Foto-Tricks

So setzt du deine Motive richtig in Szene

Elektronik
27.10.2011 15:34
Ob uns ein Foto fesselt, berührt und bewegt, ist weniger eine Frage der Kamera, als vielmehr des richtigen Blicks. Der Ausdruck "geschultes Auge" kommt dabei nicht von ungefähr, denn wie man Motive in Szene setzt, damit sie beim Betrachter Eindruck hinterlassen, lässt sich erlernen. krone.at weiht dich in die Geheimnisse der psychologischen Kameraführung ein. Was es in der Praxis damit auf sich hat, kannst du anhand der Beispielbilder in der Infobox erfahren.

Wie ein Bild auf uns wirkt, wird bereits durch dessen äußere Form bestimmt. Oval zugeschnitte Bilder, wie früher üblich, lassen die Aufnahme beispielsweise älter erscheinen, als sie im Normalfall ist. Eine quadratische Form hingegen wirkt ausgeglichen und neutral, da hier keine der Richtungen im Bild betont wird. Das Format eignet sich daher besonders für Stillleben, Sachaufnahmen oder auch Porträts.

Grundsolide: das Querformat
Das heutzutage gebräuchlichste Bildformat ist jedoch das Rechteck, wobei zwischen Hoch- und Querformat unterschieden wird. Letzteres kommt unserem Seheindruck am nächsten und findet deshalb auch häufiger Verwendung. Was quer fotografiert wird, wirkt ruhig, gesetzt und vermittelt oftmals ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Die Weite des Motivs wird unterstrichen, was das Querformat geradezu prädestiniert für Landschaftsaufnahmen.

Vorsicht vor zu großer Rückenlage: das Hochformat
Das Hochformat hingegen vermittelt aufgrund seiner Größe bzw. Höhe und der damit verbundenen Betonung der senkrechten Linien ein Gefühl von Stärke, Macht und Erhabenheit. Dieses kann jedoch schnell kippen, da hochformatige Bilder aufgrund ihrer schmalen Basis im Vergleich zum Querformat insgesamt weniger stabil wirken. Da das Hochformat nicht unserer gewohnten Sicht der Dinge entspricht, haftet ihm zudem immer etwas Künstliches an.

Was gehört wohin und wieso?
Weitaus größeren Einfluss auf unsere Wahrnehmung als das äußere Erscheinungsbild hat jedoch das Motiv, genauer gesagt, wie die einzelnen Bildbestandteile angeordnet sind und in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Zu den beliebtesten Anfängerfehlern gehört, alles, was wichtig erscheint, in der Bildmitte zu platzieren. Schließlich liegen hier auch die meisten Autofokusmessfelder der Kamera. Untersuchungen in der Wahrnehmungspsychologie zeigen jedoch, dass stark mittenzentrierte Objekte oder Personen schnell an Spannung verlieren, sprich: fad wirken.

Abhilfe schaffen Kameras, bei denen sich Display oder Sucher gemäß der Drittelregel mit zwei senkrechten und zwei waagrechten Linien in Drittel unterteilen lassen. Wer dann punktförmige Objekte auf den Kreuzungspunkten und größere Objekte entlang der Linien anordnet, muss allerdings darauf achten, die Schärfe neu einzustellen und den Fokus dem Motiv entsprechend von der Mitte zu den Rändern zu verlagern.

Den Blick durchs Bild führen
Apropos Linien: Ihnen kommt bei der Bildgestaltung eine große psychologische Bedeutung zuteil. Ob in Gestalt einer Straße oder eines Weges, als schmaler Horizont zwischen Himmel und Erde oder auch nur als gedachte, rein virtuelle Linie zwischen zwei Objekten: Linien unterteilen das Bild, betonen – wie beim Hoch- und Querformat – Stärke und Erhabenheit bzw. Stabilität und Ruhe, und, viel wichtiger, führen das Auge durchs Bild. Je gekonnter die Linienführung, desto länger verweilt der Blick auf dem Bild – und genau das ist es doch, was Fotografen wollen.

Ganz schön schräg, aber spannend
Doch Linie ist nicht gleich Linie, wie sich anhand von Diagonalen am besten verdeutlichen lässt. Denn abhängig von ihrer Ausrichtung kann eine Schräge im Bild ganz unterschiedliche Wirkungen auf den Betrachter haben. Prinzipiell vermitteln Diagonalen ein Gefühl der Energie und Bewegung. Ausschlaggebend ist jedoch, in welche Richtung die Bewegung geht: bergauf oder bergab?

Verläuft eine Diagonale nämlich von links oben nach rechts unten, beschleunigt dies den "Lesefluss" des Bildes. Wir folgen der Linie wie beim Lesen von links nach rechts bis zu ihrem Ende und verlassen dann das Bild, haben uns also schnell satt gesehen. Genau andersrum verhält es sich mit der aufwärts strebenden Diagonale, die den Blick nach rechts oben lenkt und uns so am Verlassen des Bildes rechts unten hindert.

Schafft Nähe: Der berühmte Palmwedel am Bildesrand
Dass wir uns vorschnell von einem Bild abwenden, kann auch mit Hilfe eines zusätzlichen (natürlichen) Rahmens verhindert werden. Das kann ein Fenster oder eine Tür sein, durch die quasi hindurch fotografiert wird, aber auch ein Ast oder – ganz typisch -  Palmenzweig, der am Rand ins Bild hineinragt und so verhindert, dass wir an einer Stelle aus dem Bild "stolpern".

Netter Nebeneffekt: Mittels des sogenannten Framings wird auch der Vordergrund stärker betont, was der Tiefenwirkung des Bildes zu Gute kommt. Unspektakulär und langweilig aussehende Aufnahmen lassen sich dadurch aufpeppen und so oftmals vor dem Abstieg in die Bedeutungslosigkeit, also irgendeinem Bilder-Unterverzeichnis auf der externen Festplatte oder einer Schuhschachtel voller Fotos auf dem Dachboden, bewahren.

"Luft geben" in Blick- und Bewegungsrichtung
Wie unser Blick durchs Bild geführt wird, wird jedoch auch maßgeblich durch "unsichtbare Linien" bestimmt. Anhand der Augen eines Menschen oder Tieres auf einem Bild erfahren wir etwa, in welche Richtung der Blick schweift – und folgen ihm, neugierig wie wir sind, daher. Gleiches gilt für sich bewegende Objekte wie beispielsweise Autos oder Schiffe.

Ein häufiger Fehler hierbei ist, der virtuellen Blick- und Bewegungsrichtung nicht genügend Platz auf dem Bild einzuräumen. Profis sprechen dabei von "Luft geben". Um dem Bild eines von links nach rechts fahrenden Autos seine Bewegung auch wirklich anzusehen, muss daher auf der rechten Seite genügend Rest-Bild, eben "Luft", vorhanden sein, da die virtuelle Bewegung und damit auch unser Blick ansonsten unsanft gestoppt werden.

Spannung schaffen durch Kontraste
Spannung lässt sich in einem Bild auch durch Kontraste erzielen. Dabei geht es nicht nur um das Wechselspiel von Licht und Schatten bzw. hell und dunkel, sondern auch um Form- (rund versus eckig) oder Farbkontraste (Stichwort: Komplementärfarben) sowie Gegensätze inhaltlicher Natur: Alt und jung, groß und klein oder schwer und leicht sind nur einige beliebte Gegensatzpaare, mit denen in Bildern Spannung erzeugt werden kann.

Sag es durch die Farbe
Wenn von psychologischen Kniffen beim Knipsen die Rede ist, darf ein Element natürlich nicht fehlen: die Farbe. Ganze Generationen von Psychologen haben sich inzwischen damit auseinandergesetzt, wie unterschiedliche Farben auf uns wirken. Es dürfte sich demnach bereits herumgesprochen haben, dass Schwarz hierzulande etwa für Trauer steht, die Farbe Rot hingegen Leidenschaft und Liebe, Wärme oder auch Aggressivität zum Ausdruck bringt.

Blau wiederum wirkt je nach Intensivität kühl bis kalt und hat auf den Betrachter eine entspannende Wirkung, die allerdings nicht so stark ist wie bei Grün, das neben der bekannten Hoffnung auch als Symbol für Frische gilt. Gelb und Orange wirken insgesamt fröhlich und drücken eine gewisse Freude und Heiterkeit aus. Wer um diese Bedeutungen weiß, kann seine Motive dementsprechend auswählen oder mittels Farbtemperatureinstellung an der Kamera entsprechend nachhelfen.

Von Fröschen und Vögeln: die Perspektive
Wer mit den Gefühlen des Betrachters spielen möchte, sollte auch die Perspektive nicht außer Acht lassen und sich ruhig einmal trauen, aus ungewöhnlichen Positionen heraus zu fotografieren. Am bekanntesten ist wohl die sogenannte Froschperspektive, auch als Untersicht oder Low Angle bezeichnet, bei sich der Kamerastandpunkt deutlich unterhalb der Augenhöhe befindet, der Fotograf also etwa in die Knie geht oder sich vielleicht sogar flach auf den Bauch legt, um sein Motiv in Szene zu setzen.

Derart von unten geschossene Fotos bewirken zweierlei: Das Motiv wirkt meist übermächtig, mitunter sogar bedrohlich, was beim Betrachter ein Gefühl der Unterlegenheit suggeriert. Hinzu kommt, dass bei abfotografierten Menschen etwaig vorhandene Bierbäuche und Doppelkinne unschön betont werden.

Genau andersrum verhält es sich bei der Vogelperspektive (high angle): Hier schlüpft der Betrachter in die Rolle des Übermächtigen, der auf seine unterwürfigen "UntertanenKörper vom Kopf bis runter zu den Füßen optisch verjüngen.

Wer diesen Effekt nicht bewusst dramaturgisch für sich nutzen möchte, sollte daher besonders bei der Fotografie von Kindern oder Haustieren darauf achten, sich mit ihnen auf einer Augenhöhe zu befinden.

Erlaubt ist, was gefällt
Denn während sich viele Effekte wie die Farbtemperatur oder die Platzierung des Motivs im Bild in der Bearbeitung mit Photoshop und Co. nachträglich verändern lassen, sind einige "Fehler" wie eine falsche Perspektive oder "schlechte" Linienführung im Nachhinein nur schwer bis gar nicht auszubügeln.

Die Frage, was "falsch" und was "richtig" ist, lässt sich aber – wie in allen Bereichen der Kunst - nicht allgemein beantworten und ist letzten Endes auch immer eine Frage des eigenen Geschmacks. Dass dieser nicht zwangsweise dem des Betrachters entspricht, ist unvermeidbar. Wer allerdings gewisse "Regeln" der Fotografie kennt und um ihre Wirkung weiß, kann auch eher mit ihnen spielen oder sie sogar bewusst brechen, um zu ansehnlichen Ergebnissen zu kommen.

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