Trends und Neuheiten

Smartphone-Boom am Mobile World Congress

Elektronik
13.02.2011 13:12
Eine symbolträchtige Zahl ist in der Aufregung um Nokias Griff nach dem Rettungsring Microsoft zuletzt untergegangen: Die Smartphones haben den PC-Absatz überholt. Es ist der Beleg für einen Umbruch, der das Leben weit über die Technologiebranche hinaus umpflügt. Diese Woche werden sich Gewinner und Verlierer des Wandels auf dem Mobile World Congress in Barcelona, dem wichtigsten Treffpunkt der Mobilfunk-Branche, in die Augen blicken können.

Die Smartphone-Revolution steht erst noch am Anfang. Gut 100 Millionen Smartphones wurden im vierten Quartal 2010 verkauft. Und nur etwa 93,5 Millionen Personal Computer. Smartphones sind eigentlich auch Mini-Computer, mit denen man telefonieren kann. Entscheidend aber ist: Es sind Computer, die man immer dabei hat. Das erlaubt ganz neue Geschäftsmodelle und Werbeideen für verschiedenste Branchen.

Im vergangenen Jahr war knapp jedes fünfte verkaufte Handy ein Smartphone. Ab jetzt könnte es aber ganz schnell gehen. Die Einschätzungen der Marktforscher gehen abenteuerlich weit auseinander. Auf 35 Prozent könnte der Marktanteil der Smartphones in zwei Jahren steigen, sagt etwa Gartner-Analystin Carolina Milanesi. "Konservativ gesehen." Mit sinkenden Gerätepreisen seien aber auch über 50 Prozent des Marktes drin. Und bei besonders günstiger Entwicklung vielleicht auch 70 bis 80 Prozent.

Smarte verdrängen "dumme" Telefone
Einen Vorgeschmack darauf geben die Zahlen aus entwickelten Märkten wie Westeuropa und den USA, wo schon heute jedes zweite verkaufte Mobiltelefon ein Smartphone ist. Ein solcher Boom würde das Geschäft kräftig durchwirbeln. Denn - um die aktuellen Zahlen mal umzudrehen - acht von zehn heute abgesetzten Handys sind keine "Computerhandys". Es sind einfache, günstige Geräte, denen die Branche in Anlehnung an die Smartphone-Bezeichnung den Spitznamen "Dumbphones" ("dumme Telefone") gab.

Mit mehreren Hundert Millionen solcher Handys pro Jahr dominierte Nokia über Jahre die Mobilfunk-Branche und muss nun fürchten, zum alten Eisen gezählt zu werden. Denn die aufstrebenden Mächte dieser neuen Smartphone-Welt heißen Google und Apple. Der Internet-Konzern schmiedete eine Allianz um das Smartphone-Betriebssystem Android, die allen Herstellern offensteht. Apple setzte mit dem iPhone die Smartphone-Lawine in Gang und setzt seitdem mit jeder weiterentwickelten Version die Latte für die Rivalen etwas höher.

Vor allem aber haben sie Plattformen geschaffen, über die sich die Telefone mithilfe diverser Zusatzprogramme wirklich "smart" machen lassen. Diese sogenannten Apps sind zu einem Mittelpunkt der Mobilfunk-Branche geworden - und zu einem Milliardengeschäft. Schon im vergangenen Jahr schätzten Marktforscher die Umsätze der App-Ökonomie auf rund fünf Milliarden Dollar (3,7 Milliarden Euro), in vier Jahren sollen es schon mehr als 15 Milliarden Dollar sein.

Mobilfunk-Betreiber bleiben auf der Strecke
Weitgehend vorbei geht dieser Geldregen an den Mobilfunk-Betreibern, die im "alten System" noch die unangefochtenen Herrscher waren. Sie entschieden, welche Software auf die Telefone kam und welche Handys es überhaupt in ihre Regale schafften. Doch die Zeiten, in denen Mobilfunk-Anbieter das Sagen hatten, sind mit dem neuen Plattform-Modell vorbei. "Sie sind auf die Rolle von Dienstleistern reduziert worden, die Netzverbindungen anbieten", sagt etwa Gartner-Analystin Milanesi. "Und aus dieser Nische werden sie nicht mehr herauskommen."

Allerdings wissen auch Google und Apple, dass ein Smartphone ohne schnelle Internetverbindung nur ein totes Stück Technologie ist. Deswegen hatte Google-Chef Eric Schmidt schon vor einem Jahr in Barcelona Bereitschaft zu Gesprächen mit den Netzbetreibern demonstriert. Denn schließlich muss dringend der Ausbau der Netze für die kommende Datenflut finanziert werden.

Weitere Trends: LTE, Bezahldienste und Augmented Reality
Neben den Apps steht daher heuer auch der Ausbau der Mobilfunknetze im Vordergrund. Die Branche will mit dem Übergang zum schnelleren UMTS-Nachfolger LTE (Long Term Evolution) deutlich leistungsfähigere Netze aufbauen, in Barcelona könnten konkrete Zeitpläne vorgestellt werden. Allerdings befürchten die Betreiber der Mobilfunk-Netze, auf den Ausbaukosten sitzenzubleiben, während Plattform-Anbieter wie Apple oder Google abermals die Gewinne einstreichen.

Weitere Themen sollen bis Donnerstag Gesundheits-Dienstleistungen auf dem Handy und der Ausbau mobiler Bezahldienste werden. Ob Fahrkarte, Parkuhr oder der Einkauf im Supermarkt - alles soll per Smartphone bezahlt werden können. Dafür wird unter anderem die NFC-Technik für kontaktlose Verbindungen zwischen Geräten auf kurzer Entfernung in die Handys eingebaut. In Barcelona sollen aber auch Einsteck-Module zum Durchziehen von Kreditkarten zu sehen sein.

Ebenfalls Trend in diesem Jahr: ortsbezogene Dienste, mit denen Nutzer etwa über Facebook oder Google Latitude sehen können, wo sich ihre Freunde gerade aufhalten, sowie Augmented Reality. Rechenkapazität der Smartphones und schnelle Netze machen es möglich, direkt in das Bild der Handy-Kamera zusätzliche Informationen einzublenden - beispielsweise Infos zur Geschichte eines Bauwerks oder einen Wegweiser, der sich auf dem Handy-Bildschirm direkt auf das Live-Bild der Straße legt.

Fast alle da
Der Mobile World Congress hat sich als wichtigster Treffpunkt der Mobilfunkbranche etabliert. Zu der viertägigen Veranstaltung im Februar kommen Jahr für Jahr zahlreiche Konzernchefs nach Barcelona. Diesmal sind unter anderem Microsoft-Chef Steve Ballmer, Vodafone-Chef Vittorio Colao, Googles Noch-Chef Eric Schmidt und Intel-Lenker Paul Otellini in der spanischen Metropole.

Ein Schwergewicht fehlt in Barcelona aber nach wie vor: Der US-Konzern Apple, der mit seinem iPhone die Mobilfunkbranche umgekrempelt hat, bleibt Messen dieser Art traditionell fern. Die Veranstalter versuchen, das Fehlen des US-Herstellers mit einem Bereich für iPhone-App-Entwickler auszugleichen.

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