Schwere Vorwürfe

Samsung: Jury-Leiter verfälschte Mega-Prozess

Elektronik
03.10.2012 12:30
Samsung will sich mit einer neuen Taktik vor der Schadenersatzzahlung in Höhe von 1,05 Milliarden US-Dollar (rund 840 Millionen Euro) an Apple, die im Mega-Patentprozess im August verhängt wurde, retten: Der südkoreanische Konzern attackiert Velvin Hogan, den Vorsitzenden der neunköpfigen Jury, frontal. Dieser habe gleich mehrfach falsche Angaben zu Patenten verbreitet und verschwiegen, dass er von seinem ehemaligen Arbeitgeber verklagt worden war - einer Firma, an der Samsung Anteile hält. Er habe aufgrund dieses Rechtsstreits Insolvenz anmelden müssen. Samsung verlangt nun, dass das Verfahren neu aufgerollt wird.

Bereits bei Verkündung des Urteils war Hogan in die Kritik geraten (siehe Infobox). Der Vorwurf: Er, der selbst ein Patent hält, habe die anderen Jurymitglieder zugunsten Apples beeinflusst. Zudem schien vielen Beobachtern merkwürdig, dass Hogan vor Gericht angab, er brauche den Bogen zur Urteilsfindung nicht zu lesen. Dabei wurden darin zahlreiche komplizierte Feinheiten zu den 700 Einzelentscheidungen erläutert, die selbst Experten für schwer verständlich hielten, so die Vorwürfe gegen den Jury-Vorsitzenden.

Geschworene mit falschen Angaben verwirrt?
Nun legt Samsung nach. Die Anwälte des Konzerns führen zum Beispiel Interviews, die Hogan seit der Urteilsverkündung gab, ins Feld. Darin habe er etwa gesagt, dass sich Designpatente um "look and feel", also Aussehen und Haptik, drehen würden. "Diese falschen und irrelevanten gesetzlichen Standards hatten im Geschworenenraum nichts zu suchen", so Samsungs Anwälte.

Samsung deutet Rachegefühle Hogans an
Noch wichtiger könnte aber werden, dass Hogan zwar vor Gericht zugab, einmal selbst in einen Rechtsstreit verwickelt gewesen zu sein. Was er laut Samsung aber verschwieg war, dass er von seinem Ex-Arbeitgeber Seagate Technology - an dem Samsung Anteile hält - 1993 verklagt worden war. Seagate Technology verlangte von Hogan die Rückzahlung von Raten eines Hauskaufs, am Ende mussten Hogan und seine Frau laut Samsung Insolvenz anmelden. Das Verschweigen dieser Informationen werfe die Frage auf, ob Hogan befangen gewesen sei. Samsung hätte ermöglicht werden müssen, dies bei der Befragung der Geschworenenkandidaten näher zu untersuchen und Hogan möglicherweise als Jurymitglied abzulehnen, so die Anwälte des Konzerns.

Prozess als "Höhepunkt meines Lebens"
Bei der durchgeführten Befragung habe Hogan zudem verschwiegen, wie positiv er gegenüber dem US-Patentsystem eingestellt sei, behauptet Samsung. Bei der Frage nach "starken Gefühlen" hierfür habe er geschwiegen. In einem Interview gegenüber "The Verge" habe Hogan aber später gesagt, dass "das (der Geschworenendienst, Anm.), außer meiner Familie, der Höhepunkt meiner Karriere war ... man könnte auch sagen - meines Lebens". Zudem habe er gesagt, er wolle zufrieden damit sein, dass das Verfahren fair gewesen sei und damit Urheberrechte geschützt worden seien.

Hogan wehrt sich: "Alles Nötige" angegeben
Samsung verlangt nun, dass Hogan und die anderen Geschworenen erneut befragt werden. Zudem sei eine Neuauflage des Verfahrens das einzig Richtige, so der südkoreanische Konzern. Hogan hat sich gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg zu den Vorwürfen geäußert. Er habe "alles Nötige" vor Gericht angegeben, so Hogan. Schließlich sei nur nach Gerichtsverfahren in den letzten zehn Jahren gefragt worden, andernfalls hätte er die Seagate-Klage "natürlich" öffentlich gemacht. Er habe alle Fragen der Richterin beantwortet, auch Samsung habe mehr als genug Gelegenheit gehabt, ihn einzuvernehmen.

Samsung fordert 95 Prozent weniger Schadenersatz
Abgesehen vom Angriff auf Hogan versucht Samsung auch mit anderen Argumenten, eine Neuauflage des Megaprozesses zu erreichen. Einigen davon – etwa, dass keine vernünftige Jury Apples Patente für gültig erklären würde – werden von Beobachtern kaum Chancen auf Erfolg eingeräumt. Die Forderung, den Schadenersatz von 1,05 Milliarden Dollar um 95 Prozent zu reduzieren, dagegen könnte ertragreicher sein. Laut einer Studie identifizierten nur fünf Prozent der Befragten das äußere Erscheinungsbild eines Handys als Kaufgrund, so die Argumentation. Mit ähnlichen Begründungen war Samsung vor Gericht allerdings bereits abgeblitzt.

Ob Samsung mit seinen Angriffen auf Jury-Vorsitzenden Hogan Erfolg hat und das Verfahren nun neu aufgerollt wird, ist bisher unklar.

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