Telekom-Paket

Brüssel beschließt Plan zu Roaming-Abschaffung

Elektronik
12.09.2013 09:11
Auf Reisen wird es schnell teuer: Wer im Ausland mobil telefoniert oder im Internet surft, erlebt böse Überraschungen. Die EU-Kommission will die Anbieter dazu bringen, Extra-Kosten für Handytelefonate abzuschaffen. Ein entsprechendes Telekom-Paket wurde am Mittwoch formal beschlossen. Europaparlament und EU-Staaten müssen noch zustimmen. Ob der Verbraucher von den Neuerungen wirklich profitiert, ist offen.

Seit Jahren versucht die EU-Kommission, die Kosten der Verbraucher beim Handy-Telefonieren im EU-Ausland zu senken. Mobilfunkanbieter müssen sich an immer niedrigere Preisgrenzen halten. Beschlossen ist schon, dass die Tarife im Juli 2014 erneut sinken, vor allem für das Surfen per Handy. Danach will die EU-Kommission die regelmäßigen Preisvorgaben aus Brüssel beenden - stattdessen sollen die Anbieter freiwillig auf Roaming-Gebühren verzichten. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wann sollen Handy-Telefonate im Ausland genau so billig werden wie im Inland?
Das Zieldatum der EU-Kommission lautet 1. Juli 2016. "Alle Verbraucher sollen dann die Möglichkeit haben, zu denselben Preisen wie zuhause zu telefonieren", sagt die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes. Einen Zwang gibt es aber nicht.

Wie will die EU-Kommission das erreichen?
Brüssel will die Anbieter dazu bringen, freiwillig auf Roaming-Gebühren zu verzichten. Denn andernfalls müssen sie Kunden erlauben, während ihrer Reisen unkompliziert zu einem örtlichen Anbieter auszuweichen. Die Kosten für Telefonate im Ausland oder das Abrufen von Daten müsste der Heimatanbieter dann für seinen ausländischen Konkurrenten eintreiben - das ist ihm zu aufwendig, lautet das Kalkül von EU-Kommissarin Kroes. Der Kunde hätte es leicht: Wechseln könnte er mit einer Tastenkombination oder dem Aktivieren bestimmter Einstellungen auf dem Smartphone.

Sinken die Roaming-Gebühren nicht sowieso?
Doch. Schon beschlossen sind neue gesetzliche Obergrenzen ab 1. Juli 2014. Anrufe dürfen dann maximal 19 Cent statt bisher 24 Cent (ohne Mehrwertsteuer) kosten, SMS sechs Cent und Datendownloads 20 Cent pro Megabyte.

Was soll sich noch ändern?
Wer im Ausland auf seinem Handy angerufen wird, soll keine Extragebühr mehr zahlen (Passiv-Roaming). Diese Aufschläge sollen ab Juli 2014 verboten sein - derzeit fallen sieben Cent an. Verbraucher sollen zudem leichter den Telefonanbieter wechseln und Verträge kündigen können. Sie haben Anspruch auf einen Vertrag, der nur zwölf Monate läuft.

Und was ist mit Gratis-Kommunikationsdiensten?
Die EU-Kommission will erreichen, dass Mobilfunkanbieter künftig Dienste wie Skype, Whatsapp oder Viber nicht mehr blockieren oder verlangsamen dürfen. Das ist derzeit oft der Fall, ohne dass die Kunden es wissen. Erlaubt bleiben sollen aber Verträge, die Anbietern eine schnellere Datenübertragung sichern, etwa für hochauflösende Video- oder Cloud-Dienste. Dies ist umstritten. Kritiker warnen vor einem Verstoß gegen die Netzneutralität. Die EU-Kommission betont, dass dadurch die Internetgeschwindigkeiten andere Dienste nicht eingeschränkt werden dürfen. Sollten vertragliche Zusagen nicht eingehalten werden, könnten die Verbraucher ihren Vertrag beenden.

Was würde das Roaming-Ende für Telekomfirmen bedeuten?
Ihr lukratives Geschäft mit den Auslandstelefonaten fällt weg. Laut EU-Kommission bringt Roaming den Konzernen jährlich Milliarden ein. Kommissarin Kroes hält Roaming nicht mehr für zeitgemäß: "Roaming zahlt der Europäer dann, wenn er Landesgrenzen überschreitet, die überhaupt nicht mehr existieren."

Wie lautet die Kritik der Branche?
Die EU gefährde die Existenz der Telekomkonzerne. Der deutsche Branchenverband Bitkom warnt: "Die Netzbetreiber sind auf die Erlöse aus dem Roaming dringend angewiesen, um die anstehenden Milliardeninvestitionen in den Netzausbau stemmen zu können."

Ist das nun gut oder schlecht für die Verbraucher?
Erst mal gut, weil mobiles Telefonieren und Surfen im Ausland billiger werden dürfte. "Die Bürger können ihre Roaming-Kosten senken", betont EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Allerdings bezweifeln Experten, dass die Anbieter von sich aus auf Einkünfte verzichten. Der Verband Bitkom erwartet steigende Preise an anderer Stelle wie für Telefonate im Inland und das mobile Internetsurfen. Netzbetreiber dürften Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Handys zudem künftig weniger stark subventionieren - der Kunde müsste mehr für die Anschaffung zahlen. Geschäftsreisende und Touristen dürften von den Plänen profitieren, das Gros der Handynutzer muss aber wohl höhere Tarife zahlen.

Werden die EU-Pläne wirklich so kommen?
Das ist nicht ganz sicher. Das Telekompaket muss sowohl vom Europäischen Parlament als auch von den 28 EU-Staaten im Ministerrat angenommen werden, damit es in Kraft treten kann. Zwar steht das Parlament - ebenso wie viele Regierungen - hinter der Abschaffung des Roaming, weil sie sich davon Werbung für die EU vor der Europawahl im Frühjahr 2014 versprechen. Doch der Terminplan ist sehr eng für das EU-Gesetz, zumal einige Punkte des Pakets umstritten sind.

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