Pixelrausch

808 PureView: 41-Megapixel-Handy von Nokia im Test

Elektronik
13.07.2012 13:34
Den MP3-Player, das Navi und den Handheld haben Smartphones vielerorts längst ersetzt. Auch für den schnellen Schnappschuss zwischendurch greifen Nutzer immer häufiger zu den mobilen Alleskönnern. Doch wenn es an das Zoomen geht, waren kompakte Digitalkameras bislang im Vorteil. Um dies zu ändern, tritt nun Nokia mit seinem "808 PureView" an – dem ersten Smartphone mit 41-Megapixel-Bildsensor. Die Ergebnisse brauchen Vergleiche mit einer "echten" Digicam nicht zu scheuen, wie der krone.at-Test zeigt. Eine entscheidende Schwachstelle hat der "Fotoapparat zum Telefonieren" dann aber doch.

Ein 41-Megapixel-Bildsensor in einem Smartphone – mit der Ankündigung seines 808 PureView hatte Nokia auf dem Mobile World Congress Anfang Februar im spanischen Barcelona für Schlagzeilen gesorgt. So viele Pixel in einem so kleinen Gerät - wie soll das ohne Bildrauschen bloß möglich sein? Auch in den Kommentaren von krone.at war schnell von "Pixelwahn" die Rede. Doch Nokia beruhigt: Bei der sogenannten PureView-Technologie der Finnen geht es nicht um die Anzahl der Megapixel, sondern um das, was sich daraus machen lässt.

Verlustfreies Zoomen
Das Zauberwort hierbei heißt "Pixel-Oversampling": Dabei werden von den 41 Megapixeln des 1/1,2-Zoll-Bildsensors je nach Seitenverhältnis und gewählter Auflösung unterschiedlich viele Pixel zu jeweils einem rauschfreien "Superpixel" verschmolzen. Das verspricht nicht nur eine höhere Bildqualität selbst bei schlechten Lichtverhältnissen, sondern ermöglicht zudem ein verlustfreies Zoomen (siehe Video oben).

Der Zoomfaktor selbst ist dabei von der gewählten Auflösung abhängig: Wer nicht mit der vollen Auflösung von 38 Megapixeln (bzw. 34 im 16:9-Format) fotografieren möchte, kann im sogenannten "PureView"-Modus mit drei, fünf oder acht Megapixeln knipsen und dabei - ausgehend von einer Anfangsbrennweite von 26 Millimetern (entsprechend Kleinbild) - von einem bis zu dreifach digitalen Zoom profitieren, ohne dass Pixel dabei jedoch auf den letzten Millimetern ausgewaschen oder unscharf wirken würden. Dies dokumentieren etwa auch die zahlreichen Bilder der Nutzer auf dem Fotoportal Flickr.

Alles, was es zum Fotografieren braucht
Die große Anfangsblende von f/2,4 sorgt indes nicht nur dafür, dass viel Licht auf den Sensor fällt, was das 808 für den Einsatz bei schlechten Lichtverhältnissen prädestiniert, sondern erlaubt es dem Fotografen auch, Motive vom Hintergrund freizustellen und ihnen ein schönes Bokeh zu verleihen. Dieses Spiel mit der Schärfentiefe war bislang in der Regel Nutzern einer Spiegelreflexkamera vorbehalten.

Auch andere Einstellungsmöglichkeiten wie diverse Weißabgleich-Optionen, Belichtungskorrektur, ISO-Wert oder Belichtungsreihen findet man derzeit in dieser Form auf keinem anderen Handy. Die Bedienung selbst ist intuitiv: Gezoomt und fokussiert wird am Touchscreen per Fingerwisch bzw. –zeig, was bei entsprechender Größe des Motivs und ausreichend Licht auch anstandslos funktioniert. Geknipst wird wiederum über eine eigene Taste, die selbst bei gesperrtem Handy schneller auslöst als so manche Kompaktkamera.

Hinzu kommen Features wie ein Selbstauslöser, eine Gesichtserkennung oder ein Neutraldichtefilter, der sich auf Knopfdruck vor die Linse des 808 schiebt. Und natürlich versteht sich das Nokia-Smartphone auch auf das Filmen von Full-HD-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde. Schraubt man die Auflösung auf 720p zurück, wird dank PureView-Technologie auch hierbei aus einem vierfach ein sechsfach digitaler Zoom. Bei 640 x 360 Pixeln ist sogar eine zwölffache Vergrößerung möglich, und das im Gegensatz zu herkömmlichen Kameras sogar geräuschlos.

Großes AMOLED-Display mit geringer Auflösung
Betrachtet werden sowohl Bilder als auch Videos auf einem AMOLED-Display, das mit vier Zoll und 640 x 360 Pixeln zwar eine ordentliche Größe, aber eine nicht mehr ganz zeitgemäße Auflösung aufweist. Sehen lassen kann sich indes der 16 Gigabyte große interne Speicher, der sich mittels optionaler microSD-Karte auf bis zu 48 GB erweitern lässt. Wer mit der vollen Auflösung von 38 Pixeln fotografiert, produziert – abhängig von der gewählten Komprimierung - schließlich schnell an die 20 Megabyte pro Bilddatei. Bei Auflösungen von drei, fünf oder acht Megapixeln sind Bilder jedoch nur zwischen einige Hundert Kilobyte und zwei bis drei Megabyte groß, was den Versand an Freunde etwa per Mail oder das Teilen in sozialen Netzwerken erleichtert.

Schwer als Smartphone, leicht als Kamera
Das Gerät selbst ist mit einem Gewicht von 169 Gramm und gut 1,4 Zentimetern an der dicksten Stelle relativ schwer und ausladend – zumindest für ein Smartphone. Die zusätzlichen Gramm auf der Waage gedeihen dem 808 beim Fotografieren aber durchaus zum Vorteil, schließlich lässt es sich so ruhiger halten. Im Vergleich zu gängigen Digitalkameras ist das Nokia-Handy hingegen sehr klein. Das Design bleibt dennoch gewöhnungsbedürftig, was übrigens auch für die recht rau gummierte Rückseite des Smartphones gilt: Das Handy rutscht dadurch zwar nicht so leicht aus der Hand, fühlt sich in dieser aber auch nicht ganz so gut an.

Die Schwachstelle: Symbian
Das größte Manko des mit Extras wie einem HDMI-Ausgang, NFC- und DLNA-Unterstützung, WLAN, GPS oder Bluetooth 3.0 ausgestatteten Smartphones ist jedoch ein anderes. Die Schwäche des 808 liegt in dessen Betriebssystem: Symbian. Der hauseigenen Plattform mangelt es gegenüber Apples iOS, Googles Android oder Windows Phone selbst in der durchaus hübschen "Belle"-Version an Komfort, was beispielsweise beim Surfen mit dem vergleichsweise langsamen Browser zum Vorschein kommt.

Für eine Kamera, mit der es sich zufälligerweise auch telefonieren und surfen lässt, ist das Nokia-System mehr als ausreichend, zumal beispielsweise auch Nokias kostenlose Navigationslösung integriert ist. Betrachtet man das 808 jedoch primär als Smartphone und erst dann als Kamera, entpuppt sich das Gerät als weniger konkurrenzfähig zu aktuellen Bestsellern wie dem Galaxy S III oder dem iPhone 4S.

PureView-Technologie bald auch in Lumia-Geräten
Warum Nokia bei der Vorstellung seiner bahnbrechenden Foto-Technologie ausgerechnet auf das von vielen längst abgeschriebene Symbian setzt, bleibt ein wenig schleierhaft. Bei einer Vorstellung in Wien hatte das Unternehmen vor wenigen Wochen betont, es habe damit demonstrieren wollen, was technisch möglich sei. Nach dem 808 soll die Technologie demnach möglichst schnell auch in anderen Geräten unterkommen, sprich solchen der Lumia-Reihe mit Microsofts mobilem Betriebssystem Windows Phone.

Bis dahin stellt sich allerdings die Frage, wer das 808 kaufen soll. Mit einem unverbindlichen Richtpreis von 639 Euro (übers Internet aktuell ab 599 Euro erhältlich) ist es für eine Digitalkamera zu teuer, für ein Smartphone mit einem Betriebssystem, dessen Zukunft ungewiss ist, leider ebenfalls. Oder wie es das Magazin "Wired" so treffend formuliert: "Das Nokia 808 PureView ist das aufregendste Smartphone auf dem Markt, dass Sie sich nicht kaufen sollten." Bleibt also abzuwarten, dass Nokia seine PureView-Technologie schnell in seine Windows-Modelle integriert oder den Preis für das 808 entsprechend senkt. Tolle, qualitativ hochwertige Bilder und Videos, die derzeit nahezu jedem Smartphone und so mancher Digicam die Show stehlen, schießt es jedenfalls.

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