Human Rights Watch

NGO prangert Pressefreiheit in der Türkei an

Medien
15.12.2016 09:29

Human Rights Watch (HRW) wirft der türkischen Regierung vor, unabhängige Medien zum Schweigen bringen zu wollen. Vor allem in jüngster Zeit habe sich die Situation für Medien und Journalisten massiv verschlimmert.

Die Menschenrechtsorganisation erklärte in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht, die Situation habe sich seit 2014 laufend "verschärft", doch habe der "Angriff" auf kritische Journalisten in der Türkei seit dem gescheiterten Militärputsch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan am 15. Juli noch einmal deutlich zugenommen.

Journalisten klagen über "erdrückende Atmosphäre"
Türkische Journalisten beklagten eine "erdrückende Atmosphäre" sowie einen "rasch schrumpfenden Raum für Berichterstattung über Fragen, welche die Regierung nicht behandelt wissen will", schrieb HRW. Seit Verhängung des Ausnahmezustands in der Folge des Umsturzversuchs seien 140 Medien und 29 Verlage per Dekret geschlossen worden, womit 2500 Journalisten und Medienschaffende ihren Job verloren hätten.

Mit einem einzigen Dekret wurden 131 Medien unter dem Vorwurf geschlossen, Verbindungen zum islamischen Prediger Fethullah Gülen zu haben, den die Regierung für den Umsturzversuch verantwortlich macht. Laut HRW wurden aber keineswegs nur Medien der Gülen-Bewegung ins Visier genommen, sondern auch kurdische Sender und Zeitungen sowie allgemein Journalisten, die der Regierung kritisch gegenüberstehen.

Die türkische Regierung weist den Vorwurf der Einschränkung der Pressefreiheit zurück und betont, Journalisten würden nicht wegen ihrer Berichterstattung, sondern wegen konkreter strafrechtlicher Vergehen wie der Unterstützung von Terrorgruppen verfolgt. HRW warf der Regierung aber vor, sich in die Berichterstattung einzumischen und Medien zu zwingen, kritische Journalisten zu entlassen.

Alle Medien mit Nähe zu Kurden "ausgeschaltet"
Laut dem HRW-Bericht, der auf Interviews mit 61 Journalisten, Anwälten und Aktivisten basiert, wurden 14 kurdische Medien geschlossen mit der Folge, dass "alle Medien mit einem Gefolge innerhalb der kurdischen Minderheit in der Türkei ausgeschaltet wurden". Die Organisation kritisierte auch die Festnahme Ende Oktober von zwölf leitenden Mitarbeitern von "Cumhuriyet", unter ihnen der Chefredakteur der linksliberalen Tageszeitung.

"Die Inhaftierung von 148 Journalisten und Medienschaffenden und die Schließung von 169 Medien und Verlagen unter dem Ausnahmezustand zeigt, wie sich die Türkei gezielt über die grundlegenden Prinzipien der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit hinwegsetzt, die von zentraler Bedeutung für die Demokratie sind", erklärte der HRW-Direktor für Europa und Zentralasien, Hugh Williamson.

Erst am Dienstag hatte die Organisation Reporter ohne Grenzen in ihrem Jahresbericht kritisiert, die Türkei sei zum "größten Gefängnis der Welt" für Journalisten geworden. Mehr dazu hier:

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