Serien-Comeback

“Gilmore Girls”: Abschied in vier Jahreszeiten

Medien
16.11.2016 09:52

Amy Sherman-Palladino hatte stets eine klare Vorstellung davon, mit welchen vier Worten "Gilmore Girls" enden soll. Doch die Serienschöpferin stieg vor der siebenten und letzten Staffel aus. Nun, neun Jahre nach dem Finale der Kultserie, enthüllt sie jenen Abschied, den die drei Generationen an Gilmore-Frauen und ihre Fans verdienen. Ab 25. November ist "Gilmore Girls: Ein neues Jahr" auf Netflix.

(Bild: kmm)

Vier jeweils 90-minütige Kapitel zu je einer Jahreszeit wurden von Sherman-Palladino und ihrem Ehemann Daniel Palladino geschrieben, inszeniert und produziert und führen zurück nach Stars Hollow - jener fiktiven Bilderbuchkleinstadt in Connecticut, in der im Jahr 2000 alles begann.

Am Anfang stand die innige, freundschaftliche Bindung zwischen der 32-jährigen Lorelai Gilmore (Lauren Graham) und ihrer 16-jährigen Tochter Rory (Alexis Bledel), die sie mithilfe der Kleinstadtbewohner großgezogen hatte. Als Rory auf die teure Chilton-Schule wechselt, folgt die Annäherung zu Lorelais reichen, aber konservativen Eltern Emily (Kelly Bishop) und Richard (Edward Herrmann), mit denen die Beziehung seit der Teenager-Schwangerschaft angespannt ist.

Als wir das sympathische Mutter-Tochter-Gespann zuletzt gesehen haben, brach Yale-Absolventin Rory gerade auf, um als Journalistin Barack Obamas Präsidentschaftskampagne zu begleiten. Und Lorelai küsste Luke Danes (Scott Patterson), was auf ein längst ausständiges Happy End mit dem herzensguten Diner-Besitzer hoffen ließ.

"Ein neues Jahr" (im Original: "A Year in the Life") startet neun Jahre später zur liebsten Jahreszeit der Gilmores: Winter. Und so viel zur allgemeinen Beruhigung vorweg: Ja, Lorelai und Luke sind noch zusammen. Und Rory - nun so alt wie ihre Mutter zu Serienbeginn - reist als freischaffende Journalistin um die Welt.

Doch die Geschichte setzt in einer Zeit der Veränderung und des Wieder-Zusammenrückens ein. Der Tod von Richard (dessen Darsteller 2014 verstorben ist) nagt an allen Gilmore-Frauen und veranlasst sie dazu, ihr Leben neu zu bewerten. Rory, die stets ein Telefon abzuheben oder ein Flugzeug zu erwischen hat, verspürt Druck, weil sie mit 32 Jahren weder festen Wohnort noch feste Anstellung hat.

Lorelai, die ihre Pension Dragonfly Inn mittlerweile ohne ihre beste Freundin Sookie schupft, sorgt sich, dass ihr und Luke ohne Ehering und Kinder vielleicht doch etwas fehlt. Und Emily, die erstmals in der Geschichte der Serie in Jeans (!) zu sehen ist, sucht nach dem Verlust ihrer "zweiten Hälfte" die Nähe zu ihrer einzigen Tochter - nur um festzustellen, dass die Beziehung so fragil ist wie eh und je.

Ein Hauch von Nostalgie und Melancholie umgibt "Gilmore Girls: Ein neues Jahr", das sich gleichermaßen erfrischend und vertraut anfühlt. Dass sich Lorelai und Rory mittlerweile als Erwachsene gegenüberstehen, verändert die Dynamik ebenso wie der Witwen-Status von Emily, die nun ihre Tochter braucht. Die Struktur mit vier Episoden in Spielfilmlänge erlaubt mehr Zeit und Raum für die Erzählung; die Tonalität aber treffen die Palladinos wie zu besten Zeiten.

Gleich die erste Kamerafahrt führt über das verschneite Stars Hollow zur traditionellen "Lala"-Musik von Sam Phillips hin zum Pavillon im Ortszentrum, wo Mutter und Tochter sich "nach gefühlten Jahren" wieder sehen - und prompt zurück in ihren Redefluss finden. Der rasante, mit Sprachwitz und popkulturellen Referenzen gespickte Dialog ist eines der charmanten Charakteristika von "Gilmore Girls" - wie auch die Mischung aus Witz und Gefühl und das Setting in einer unrealistisch idyllischen, aber von liebenswerten Sonderlingen bewohnten Kleinstadt.

Ebenda werden Running Gags aus früheren Folgen wieder aufgenommen und neue kreiert. Noch immer zanken die Straßenmusiker um den besten Standort und präsentiert der kauzige Kirk (Sean Gunn) neue Geschäftsmodelle. Geheimnisse rund um die Identität von Lanes nie gesehenem Vater oder dem Liebesleben des grummeligen Rezeptionisten Michel (Yanic Truesdale) werden endlich gelüftet. Und während der nervige Stadtrat Taylor (Michael Winters) krampfhaft versucht, Stars Hollow für Hipster, Schwule und Promis attraktiv zu machen, verteilt Luke Passwörter für das nonexistente WLAN im Diner.

Schön - und bei Reboots selten - ist, dass neben den Hauptdarstellerinnen sämtliche geliebte Nebendarsteller wieder vorbei schauen, darunter Keiko Agena als Rorys Kindheitsfreundin Lane und Liza Weil als ihre frühere Feindin Paris Geller. Auch Melissa McCarthy, die nach ihrer Darstellung der tollpatschigen Köchin Sookie im Kino durchstartete, hat sich für die finale Folge angekündigt. Bereits in den ersten zwei Episoden, die Journalisten im Vorfeld zur Verfügung gestellt wurden, kommt es zu weiteren prominenten oder gar überraschenden Gastauftritten.

Von Rorys drei Ex-Freunden Dean (Jared Padalecki), Jess (Milo Ventimiglia) und Logan (Matt Czuchry) taucht (vorerst) nur einer auf - wer und wie, soll nicht verraten werden. Wiederholt hatte Amy Sherman-Palladino betont, dass es nie darum ging, mit wem Rory am Ende zusammen kommt, sondern wie sie sich selbst verwirklicht. In "Ein neues Jahr" unterstreicht sie diesen Zugang mit Entwicklungen, die unter Fans für Diskussionen sorgen dürften.

Tatsächlich nahm "Gilmore Girls" mit seiner Darstellung alternativer Familienmodelle und unabhängiger, starker, Kaffee-besessener Frauen einiges vorweg, das heute im TV selbstverständlich ist. Auch deshalb fanden sich Jung und Alt wieder - und eine Generation an Mädchen (und Burschen) wuchs mit Vorbildern wie der schlagfertigen, coolen, alleinerziehenden Mutter, die sich vom Zimmermädchen zur Hotelbesitzerin hoch arbeitet, und der schlauen, Bücher verschlingenden Einserschülerin auf.

Das gelungene Revival zeigt nun stimmig, wer die Gilmores waren, wer sie sind - und wohin sie womöglich noch gehen. Die treuen Fans werden nur zu gerne mitgehen. "Where you lead, I will follow", sang schon Carole King im kultigen Vorspann...

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