Tierschützer-Urteil

Karl lässt “Mafia-Paragrafen” und Prozess evaluieren

Österreich
03.05.2011 12:23
Nach den Freisprüchen im Tierschützerprozess am Montag lässt Justizministerin Beatrix Karl den umstrittenen "Mafia-Paragrafen" 278a StGB "Beteiligung an einer kriminellen Organisation" sowie den Prozess selbst evaluieren, wie sie am Dienstag vor dem Ministerrat ankündigte. Karl wollte sich jedoch nicht darauf festlegen, ob das Gesetz geändert wird.

Die Neo-Justizministerin wollte auch keinen genauen Zeitrahmen für die Evaluierung nennen. Man wolle das verantwortungsvoll prüfen und keine Husch-Pfusch-Aktion, so Karl. Auch Vizekanzler Michael Spindelegger wollte sich auf eine Änderung des umstrittenen Paragrafen nicht festlegen.

SPÖ-Klubobmann Josef Cap hingegen schlägt in dieselbe Kerbe wie Justizsprecher Hannes Jarolim am Montag und spricht sich für eine Überarbeitung des Paragrafen 278a aus. "Es ist seit Langem unsere Auffassung, den zu überarbeiten", und das werde man tun, so Cap nach dem Ministerrat. Der Tierschützerprozess habe diese Auffassung noch bestätigt.

Auch die Grünen fordern die sofortige Reparatur des Paragrafen, das BZÖ ruft gleich nach einer Justizreform mit der Wiedereinführung des Untersuchungsrichters als Leiter des Vorverfahrens und einer parlamentarischen Kontrolle der Staatsanwaltschaft als Schwerpunkte. Auch die FPÖ meldete sich am Montag nach der Verkündung der Urteile im Tierschützerprozess (siehe Infobox) zu Wort und forderte die Reparatur des "desaströsen" Mafia-Paragrafen. Nicht nur Tierschützer, sondern auch Exponenten von Vereinen, die sich für eine gemeinsame Obsorge nach einer Trennung einsetzten, seien als Terroristen verfolgt worden, argumentierte Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer.

Kritik an Paragraf 278a weitet sich aus
Der umstrittene Paragraf 278a, der sogenannte Mafia-Paragraf, sorgte bereits in der Vergangenheit immer wieder für Kritik. Durch den Ausgang des Tierschützerprozesses sind die Forderungen nach einer Änderung wieder lauter geworden. Als besonders problematisch wird von den Kritikern die unkonkrete Definition des Begriffes "Kriminelle Vereinigung" sowie die Tatsache, dass die bloße Mitgliedschaft bereits zu strafrechtlichen Konsequenzen führen könnte, angesehen. Besonders regierungskritische NGOs befürchten, dass ihre Arbeit durch den Paragrafen kriminalisiert werden könnte. Auf der Internetseite 278.at wird bereits lautstark nach einer Reform verlangt.

Jus-Dekan sieht kein Problem bei "Mafia-Paragrafen"
Der Wiener Verfassungsrechtler Heinz Mayer schließt sich der Kritik an Paragraf 278 StGB nicht an. "So wie er formuliert ist, sehe ich bei einer korrekten Anwendung kein sehr großes Problem", sagte der Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien. "Bestimmungen zu präzisieren ist immer gut - ich wüsste im konkreten Fall aber nicht wo", sagte Mayer. "Die Bestimmung kann nicht auf NGOs angewendet werden, auch nicht auf regierungskritische. Denn darin geht es um die wiederkehrende Begehung strafbarer Handlungen gegen Menschen oder Vermögen - und zwar schwer strafbarer Handlungen - als Organisationszweck", hielt der Jurist fest.

"Derartige Bestimmungen muss es geben, Österreich ist da an internationale Verpflichtungen gebunden", betonte Mayer. Grundsätzlich sei es so, dass eine solche gesetzliche Bestimmung Neuland schaffe, indem es ein Verhalten im Vorfeld der - unter Umständen noch weit entfernten - Tat als strafbar erklärt. Ein Problem könnte allenfalls sein, dass solche Bestimmungen zu bedenkenlos angewendet würden. Der Paragraf 278 sei "nicht besser und nicht schlechter als viele andere Bestimmungen im Strafgesetzbuch".

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