Uni-Proteste

Studenten nach Treffen mit Hahn noch wütender

Österreich
29.10.2009 20:42
Das Treffen von Noch-Wissenschaftsminister Johannes Hahn mit Vertretern der Österreichischen Hochschülerschaft hat nichts gebracht. Im Gegenteil, es scheint die Studenten nur noch wütender gemacht zu haben. "Hahn hat sich geistig schon nach Brüssel verabschiedet", hieß es nach dem Gespräch am Donnerstagabend vonseiten der ÖH. Sie fordert nun, dass Bildung zur Chefsache wird. Kanzler Werner Faymann und Vize Josef Pröll sollen "endlich handeln".

Mit den Vertretern der Hochschülerschaft diskutierte Hahn am Donnerstag gut zweieinhalb Stunden bis zum frühen Abend. Die ÖH brachte einen "Problemkatalog" mit, der folgende Punkte umfasst: Ausfinanzierung der Hochschulen, Abschaffung der Studiengebühren für alle Studierende, Nein zu Zugangsbeschränkungen, Demokratisierung der Hochschulen, sichere und gute Dienstverhältnisse für Lehrende, aktive Frauenförderung, bessere finanzielle Absicherung von Studierenden und zudem den allgemeinen Punkt Aufgaben der Hochschulen.

ÖH: "Nur schwammige Ausflüchte"
"Außer schwammigen Ausflüchten hatte der Minister nicht viel zu bieten", sagt Thomas Wallerberger vom Vorsitzteam der ÖH nach dem Treffen. Die Anliegen der Studierenden müssten aber gehört werden. "Wenn Hahn diese Aufgabe nicht mehr wahrnehmen kann, liegt es in der Verantwortung von Kanzler und Finanzminister zu handeln", so Wallerberger und seine Kollegin Sigrid Maurer.

Maurer forderte ebenfalls Bundeskanzler Faymann und Finanzminister Pröll zum Handeln auf: "Hahn hat ausgedient - Bildung muss jetzt Chefsache werden." Aber auch bei den Chefs sparen die Studentenvertreter nicht mit Kritik: "Die ÖH-Bundesvertretung fordert von der Regierung Taten, nicht nur Worte. Die Frage, wann endlich die Hochschulbudgets erhöht werden, lässt Faymann nach wie vor unbeantwortet", meinte ÖH-Generalsekretärin Eva Maltschnig nach dem Treffen. Faymann habe erklärt, junge Menschen müssten auch Studienbedingungen vorfinden, wie sie im 21. Jahrhundert benötigt werden.

Hahn wünscht sich mehr ÖH-Einfluss auf Protestierende
Hahn sagte nach dem Treffen nur, er würde sich wünschen, dass die ÖH bei den Studentenprotesten als "öffentliche Interessensvertretung mehr Einfluss gewinnt". Der Minister ging damit auf die unklare Rolle der ÖH bei den seit mehr als einer Woche andauernden Aktionen ein. Die Hochschülerschaft organisiert die Proteste nicht und stand auch bei der Großdemo am Mittwoch nicht an der Spitze. Fraglich ist also auch, ob sie die Aktionen mit Verhandlungen wieder "abstellen" kann.

Hahn sagte, er wolle die Gespräche fortsetzen, auch die SPÖ, die sich am Donnerstag auf die Seite der Studenten schlug, solle sich einbringen. Nach dem Termin ging die ÖH-Spitze jedenfalls in das seit der Vorwoche besetzte Audimax der Universität Wien, um den dort campierenden Studenten von dem Gespräch zu berichten. Minister Hahn hinterließ man einen Reiseführer für Brüssel.

Festakt vor gefesselten Studenten
Der Studentenprotest ließen Hahn am Donnerstag auch bei seinen anderen Amtspflichten nicht los. Als er am Vormittag bei einem Festakt ein neues Gebäude der Boku Wien einweihte, sorgten dort 50 Studenten - gefesselt und geknebelt - für einen stummen Protest. Die Demonstranten gaben vor dem Eingang das Stück "Von der Bildung zur Ausbildung - Ein Drama in drei Akten" zum Besten. Die Festreden verfolgten sie mit Aufklebern mit der Aufschrift "normiert" bzw. "konform" auf Mund oder Stirn, einige hatten zusätzlich mit Klarsichtfolie umwickelte Oberkörper.

Im ersten Akt, dem "Trichter", waren die Studenten selektiert worden, danach kam die "Anpassungsprozedur" durch Aufkleber und Folie und das Überspringen der am Eingang zum Boku-Gebäude errichteten "Bildungshürde". Dritter Akt war dann der "Berieselungsausklang", die Eröffnungsreden: "Nun wollen wir die Vorträge ruhig über uns ergehen lassen, den Rednern zuhören und alles, was sie sagen, als gegeben hinnehmen", hieß es auf Flugzetteln. Ihr Protest richtete sich gegen die Platzprobleme an der Boku am Standort Türkenschanze und Muthgasse. Sie forderten u.a. den Bau eines Hörsaals für 400 Studenten auf der Türkenschanze.

Hahn hatte es wegen der Demonstranten vorgezogen, das Gebäude durch einen Seiteneingang zu betreten. Stumm verfolgten die aufständischen Studenten schließlich die Reden. Hahn betonte, dass er sich über den regen Studentenandrang an der Boku freue - dort hat sich die Zahl der Inskribierten laut Gerzabek seit 2002 verdoppelt. Allerdings müsse man überlegen, wie man diesen "Zuspruch verarbeiten und bearbeiten kann". Schließlich wolle man nicht nur Studienanfänger, sondern auch Absolventen.

Studenten besetzten in der Nacht weiteren Hörsaal
Die Situation an der Wiener Hauptuni spitzte sich derweil immer weiter zu. In der Nacht auf Donnerstag haben die Studenten auch den Hörsaal C1 am Wiener Uni-Campus im Alten AKH besetzt. Unklar ist, ob durch die Aktion gezielt der Druck vor dem Gespräch von Hahn mit den ÖH-Vertretern erhöht werden sollte. Die im Audimax angesetzten Vorlesungen werden bis auf Weiteres im Austria Center Vienna in Wien-Donaustadt abgehalten. Selbst wenn die Besetzer abziehen würden, dauere es einige Zeit, bis der Hörsaal wieder für den Vorlesungsbetrieb tauglich gemacht werden könne.

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