Nach EU-Wahl

Sollen Nichtwähler nun Strafe zahlen?

Ausland
10.06.2009 12:15
Nach den EU-Wahlen am Sonntag sind die europäischen Politiker alarmiert: Die Wahlbeteiligung ist erneut gesunken. Nur mehr 42,9 Prozent (2004: 45,5 Prozent) der Wahlberechtigten haben sich zu einer Stimmabgabe aufraffen können. In Deutschland ist daher nun eine Debatte um die Einführung einer Wahlpflicht entbrannt, bei der Nichtwähler zu einer Strafe von 50 Euro verdonnert werden können. Ein ähnliches Konzept gibt es bereits in Belgien, wo die Wahlbeteiligung weit überdurchschnittliche 90,4 Prozent betrug. Österreich hat bereits Erfahrung mit der Wahlpflicht, diese wurde allerdings bis 2004 schrittweise abgeschafft. Was die Österreicher zur geringen Wahlbeteiligung sagen, siehst du auf krone.tv (auf Play-Button klicken).

"Wir Politiker müssen im Parlament abstimmen – das kann man auch von den Wählern bei einer Wahl verlangen", begründete etwa SPD-Politiker Jörn Thießen in der "Bild"-Zeitung seinen Vorschlag auf die Einführung einer Wahlpflicht. Dem schließt sich mittlerweile auch sein Kollege Stephan Mayer von der CSU an: "Es ist wichtig, dass möglichst jeder Bürger aktiv an der Demokratie teilnimmt."

Hohe Wahlbeteiligung in Belgien
Als eines von ganz wenigen europäischen Ländern hat Belgien eine Wahlpflicht und erreicht dadurch auch entsprechend hohe Beteiligung bei Urnengängen. Nichtwähler müssen im Land des EU-Hauptsitzes mit einer Strafe von 50 Euro rechnen, allerdings wird das Vergehen von der Staatsanwaltschaft derzeit nicht verfolgt. Nach vier Verstößen gegen die Ausübung der Wahlpflicht wird man vom nächsten Urnengang ausgeschlossen.

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Auch in Luxemburg, das eine Wahlpflicht hat, liegt die Wahlbeteiligung mit 91 Prozent klar über dem EU-Durchschnitt. Allerdings gibt es auch Länder mit prinzipieller Wahlpflicht, bei denen es dennoch zu einer hohen Enthaltung gekommen ist: In Griechenland ist regelmäßige Wahlbeteiligung Grundvoraussetzung für den Erhalt eines Reisepasses, dennoch gaben nur 52,6 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Auch in Italien sind (meist jedoch nicht angewandte) Strafen für Nichtwähler vorgesehen - die Wahlbeteiligung liegt mit 65 Prozent zwar über dem EU-Schnitt, aber auch deutlich hinter Belgien und Luxemburg.

Wahlpflicht in Österreich
In Österreich gab es zwischen 1929 und 1982 eine Wahlpflicht bei der Bundespräsidentenwahl, die in der Verfassung festgeschrieben war. Danach bestand sie nur mehr in fünf Bundesländern (Kärnten, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich), in welchen sie als Landesgesetz eingeführt wurde. Als letztes Bundesland hob der Tiroler Landtag im Jahr 2004 die Wahlpflicht wieder auf, ehe diese durch die Wahlrechtsreform 2007 gänzlich aus der Verfassung gestrichen wurde.

Zwischen 1949 und 1992 herrschte zudem auch bei Nationalratswahlen in einigen Bundesländern Wahlpflicht (Steiermark, Tirol, Vorarlberg - ab 1986 auch in Kärnten), die allerdings 1992 aufgehoben wurde.

Strafen für Nichtwähler weltweit
Auch außerhalb der EU gibt es einige Länder, in denen Wahlpflicht herrscht, die auch mehr oder weniger streng verfolgt wird. In Argentinien beträgt die Strafe für Nichtwähler gar beachtliche 500 Dollar. Auch in vielen anderen südamerikanischen Staaten, der Türkei und Australien werden Wahlverweigerer zur Kasse gebeten. In Ägypten, dem Inselstaat Fidschi und Chile ist bei Nichterscheinen in der Wahlkabine sogar eine Gefängnisstrafe möglich.

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