Filesharing-Strafen

Copyright-Lobby ausgebremst: Keine Sperre ohne Richter

Web
05.11.2009 14:22
Die Europa-Parlamentarier versetzen Copyright-Hardlinern mit einer neuen EU-Regelung einen Dämpfer und stärken die Bürgerrechte. Die Straßburger Unterhändler und die EU-Regierungen sind sich einig geworden, dass in nationalen Gesetze, die die Sperrung von Internetanschlüssen bei Filesharing-Vergehen vorsehen, eine richterliche Zustimmung integriert sein muss. Auslöser für die Debatte war Frankreich, das der Polizei Sperren ohne Verurteilung oder Richterzustimmung gestatten wollte.

Mit diesem Kompromiss, der aber noch vom Parlamentsplenum und von allen 27 EU-Regierungen formal gebilligt werden muss, werden den nationalen Behörden bedeutende Schranken für ihr Vorgehen gegen mutmaßliche Raubkopierer auferlegt.

Ausnahmen nur bei Kinderporno und Terror
Der erzielte Kompromiss sieht vor, dass bei Urheberrechtsverletzungen im Internet der Zugang zwar eingeschränkt werden kann und die Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen beschließen können. Der VP-Parlamentarier hielt in diesem Zusammenhang fest, dass hierbei "aber rechtsstaatliche Standards und Verfahren wie die Unschuldsvermutung und der Rechtsweg eingehalten werden" müssen. Betroffene Internetnutzer haben Anspruch auf eine Anhörung, die Beweislast liegt klar bei den Behörden. Sie müssen einem Nutzer vor der Sperrung seines Anschlusses dessen Missbrauch nachweisen.

Ausnahmen von den neuen EU-Vorgaben sind nur im Notfall zulässig. Dies gelte etwa bei Verdacht auf Vorbereitung eines Terroranschlags im Internet oder auf Verbreitung von Kinderpornografie, erläuterte der stellvertretende EU-Parlamentspräsident Alejo Vidal-Quadras.

"Garantiert und verankert"
Der ÖVP-Europaparlamentarier Paul Rübig zeigt sich mit dem Kompromiss zufrieden: "Jede Einschränkung des Internet-Zugangs muss vorab auf dem Rechtsweg überprüft werden können." Diese zentrale Forderung des Parlaments nach einer Vorabentscheidung mittels eines fairen und unparteiischen Verfahrens sei nun "garantiert und verankert", so Rübig, der als Mitglied des Vermittlungsausschusses an den Verhandlungen teilnahm.

Selbst der Vertreter der Piraten-Partei im Europaparlament, der Schwede Christian Engström, kann mit der Vereinbarung leben: "Es ist ein Kompromiss, aber ich denke, ein sehr guter."

Nach Auffassung der österreichischen Grün-Abgeordneten Lichtenberger habe das Europa-Parlament "durch seine geschlossene Position gegen Internet-Sperren ohne richterlichen Beschluss einen ersten Erfolg im Sinne der Bürgerrechte gelandet". Die Machtprobe zwischen Parlament und Rat sei damit "zugunsten des Parlamentes ausgegangen". Martin Ehrenhauser von der Liste Martin sprach von einem "Erfolg für die Zivilgesellschaft trotz vieler Interpretationsspielräume". Ehrenhauser kritisierte allerdings die fehlende Transparenz im Vermittlungsausschuss, weil dieser unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagte.

Frankreich lieferte Anstoß für Debatte
Den Anstoß für die europaweite Debatte über Internet-Sperren hatte ein umstrittenes französisches Gesetz geliefert. In seiner ursprünglichen Fassung hätte es die Behörden ermächtigt, mutmaßlichen Raubkopierern nach drei schriftlichen Verwarnungen den Zugang zum Internet zu sperren. Nach einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde musste das Gesetz geändert werden, für die Netzsperre ist nun eine richterliche Entscheidung erforderlich.

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