Boogie-Haderlump'n

Status Quo: “In Search Of The Fourth Chord”

Musik
18.09.2007 17:57
Eigentlich müsste man stinksauer sein, wenn man sich über 40 Jahre lang im Musikbusiness hält, permanent wie ein Galeerensklave hackelt, Platten im Anderthalb-Jahres-Rhythmus hinausbuttert - und dann kommt trotzdem immer derselbe der Vorwurf: "Ihr spielt doch nur mit drei Akkorden!" Doch Status Quo, die Gründungsväter des geradlinigen Boogie-Rock'n'Roll, gehen die Sache mit einer ordentlichen Portion Ironie an. "Auf der Suche nach dem vierten Akkord", heißt ihr neues, frei nach Indiana Jones betiteltes Album. Oder vielleicht sind sie auch nur froh, dass nach vierzig Jahren noch immer keiner dahinter gekommen ist, dass sie tatsächlich nur Songs mit drei Akkorden spielen?
(Bild: kmm)

Francis Rossi (58) und Rick Parfitt (59), die letzten verbliebenen Gründungsmitglieder der 1962 entstandenen Band Status Quo, sind ein Fels in der Brandung des sich ständig ändernden Rockgeschäfts. Seit über 40 Jahren rezitieren sie gebetsmühlenartig Shuffle-Boogie und das ewigselbe A-B-A-B-C-A-B-Schema (Verse-Chorus-Verse-Chorus-Bridge-Verse-Chorus...) mit Rocksongs, die jederzeit und ohne Vorwarnung im Refrain von "Rockin' All Over The World" enden könnten. Letzteren Hadern schrieb übrigens CCR-Mastermind John C. Fogerty.

"Neu" ist an "In The Search Of The Fourth Chord" somit rein gar nichts. Im Gegenteil: Mit Pip Williams kehrten Parfitt und Rossi sogar wieder zu jenem Produzenten zurück, der ihnen schon bei ihren Welthits "Whatever You Want" und "In The Army Now" beistand. Auch die Songwriter Andy Bown (mittlerweile offizielles Bandmitglied) und Bob Young sind mit von der Partie. Der einzige Unterschied zu alten Platten besteht vielleicht darin, dass Status Quo mit immer besser werdender Technik immer bombastischeren Sound aus ihren alten Telecastern herausholen können. Ja, und seit der letzten Platte werden sie wohl auch die Saiten ihrer zerkratzten Klampfen gewechselt haben.

Trotzdem stampft das Pferd wie in seinen besten Tagen, als an der Trabrennbahn noch Stockschläge für den gegnerischen Jockey erlaubt waren: Gleich beim ersten Song "Beginning Of The End" (er besteht bis zum Refrain aus drei Akkorden) wird gezeigt, dass nicht nur ZZ Top das Recht auf treibende 08/15-Riffs haben. Eine kleine Reminiszenz an den Quo-Sound der Achtziger birgt der mit Synthesizer-artigen Sounds und reichlich Halleffekten bestückte "Pennsylvania Blues Tonight". Bei "I Don't Wanna Hurt You Anymore" hebt sich die Ferse aber bereits wieder vom Boden und wippt unweigerlich, vom "Tada-tada-tada-tada"  (Betonung auf "da") des Rossi-Parfitt'schen Stromgitarrenduetts mitgerissen, im Takt mit den Trommelhieben.

Jetzt ist der auf Track fünf hereinschneiende, gemächliche Piano-Blues von "Electric Arena" völlig unbrauchbar - weiter geht's mit "Gravy Train" und einer ordentlichen Portion Saft aus den Verstärkern. Nahtlos schwappt der in B-Dur gehaltene Shuffle-Boogie in "You're Not The One For Me" und erreicht erst nach dem verdächtig auf den Überresten von "Nutbush City Limits" stampfenden "Hold Me" einen ersten Höhepunkt. Man rette sich über das an die typischen Twin-Guitar-Solis von Thin Lizzy oder Wishburn Ash angelehnte "Saddling Up" und feiere schließlich mit "Bad News" (Fogertys "And I like it, I like it..." lässt grüßen) die gescheiterte Suche nach dem vierten Akkord. Mal ehrlich, wer braucht diesen unnötigen Ballast nach 40 Jahren Erfolg?

9 von 10 Boogie-Haderlump'n


Christoph Andert

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