Wahnsinnstat

Tochter aus dem Fenster geworfen – 20 Jahre Haft

Österreich
12.08.2008 16:23
Weil er seine 21 Monate alte Tochter „vorsätzlich getötet“ hat, ist in St. Pölten ein 22-Jähriger wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Außerdem wird er aufgrund einer Persönlichkeitsstörung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Der erst 22 Jahre junge Mann tschetschenischer Herkunft hatte das Mädchen am 6. Dezember 2007 in Ybbs an der Donau aus dem Fenster seiner Wohnung im zweiten Stock gestoßen - das Kleinkind erlitt bei dem Sturz aus fast neun Metern Höhe tödliche Kopfverletzungen. Der Geschworenenspruch fiel einstimmig aus.

Der Angeklagte bekannte sich zu Beginn des Geschworenenprozesses am Dienstag unter dem Richtervorsitz von Helmut Weichhart schuldig. Laut Staatsanwalt Karl Fischer soll er bereits rund eine Woche vor der Wahnsinnstat versucht haben, das Kind mit einem Band zu erdrosseln, was seine um vier Jahre jüngere Frau aber verhinderte. Am 6. Dezember 2007 befand sie sich allerdings gerade nicht im Kinderzimmer, weil er sie weggeschickt hatte, um ihm ein Glas Wasser zu holen.

Zur Vorgeschichte führte der der Staatsanwalt aus, dass der Angeklagte 2005 nach Belgien geflüchtet sei, wo auch das gemeinsame Kind auf die Welt kam. Nach Ablehnung des dort gestellten Asylantrages kam die Familie 2006 nach Österreich, wo Asyl gewährt wurde. Nach Ybbs zog das Paar im November 2007.

Nachdem seine Frau angekündigt hatte, ihn samt der Tochter zu verlassen, habe der Angeklagte beschlossen, ihr „weh zu tun“ und daher das Kind zu töten. Der Erdrosselungsversuch sei an der leichten Behinderung des Mannes am linken Arm gescheitert. Die Obduktion des Opfers hatte diese Tat ans Licht gebracht - festgestellt wurden Wunden am Hals der Kleinen, die bei dem Sturz aus fast neun Metern Höhe auf die Straße tödliche Kopfverletzungen erlitten hatte.

Angeklagter: „Es hat sich so ergeben“
„Was passiert ist, ist passiert. Ich habe meine Tochter umgebracht“, zitierte der Richter aus der ausführlichen Aussage des 22-Jährigen unmittelbar nach der Tat. In der Verhandlung verhielt sich der schmächtige, viel jünger als sein Alter wirkende 22-Jährige äußerst wortkarg. Auf die via Dolmetsch gestellten Fragen antwortete er lediglich mit Ja oder Nein.

Warum? Er habe einfach alles satt gehabt, hielten die Kriminalisten damals fest. Und auf die Frage, ob er das Kind von hinten unter den Achseln fasste, auf das Fensterbrett hob und hinunter stieß, um es zu töten, sagte er: „Ja, das wollte ich.“ Am Dienstag meinte er, er wisse nicht mehr, warum er das getan habe. Es habe sich „so ergeben“, es tue ihm sehr leid. Vor der Polizei hatte er auch ausgesagt, er hätte vor einer Trennung und Rückkehr seiner Frau in ihre Heimat Angst gehabt, und dass ihm deren Verwandten nach tschetschenischer Tradition etwas antun könnten.

Frau nahm Tochter nach Mordversuch sogar aufs Klo mit
Die Befragung des Beschuldigten im St. Pöltener Gerichtssaal dauerte nicht einmal eine Stunde. Auf die Zeugen, unter anderem jene Passanten, die das aus dem Fenster gestürzte Mädchen auf der Straße gefunden hatten, wurde verzichtet. Per Video wurden den Geschworenen Befragungen der Ehefrau vom Dezember 2007 gezeigt. Die damals sichtlich schwer getroffene 18-Jährige, die zunächst gar nichts sagen wollte und während der Tat selbst nicht im Zimmer war, schildert darin den Erdrosselungsversuch: Als sie ins Kinderzimmer kam, hatte das Mädchen eine schwarze Schnur um den Hals, die sie entfernen konnte. Die Kleine röchelte und hatte blaue Lippen. Ab da ließ sie ihre Tochter nicht mehr mit ihrem Mann allein und nahm sie sogar auf die Toilette mit - bis sie am 6. Dezember 2007 ein Glas Wasser holte.

Staatsanwalt: „Er wird immer eine Zeitbombe sein“
Warum sie den Mordversuch Ende November nicht angezeigt hatte, erklärte Staatsanwalt Karl Fischer in seinem Schlussvortrag kurz vor Dienstagmittag mit dem Kulturkreis, aus dem das Paar stammte: Man gehe nicht zur Polizei, die Frau habe sich unterzuordnen. Dass der Angeklagte leicht behindert sei und einen niedrigen IQ habe, sei kein Milderungsgrund für die Tat, für die er wenig Reue zeige. Auf Grund seiner seelischen Störung werde der Mann immer eine „Zeitbombe“ sein, begründete Fischer den Antrag auf Verurteilung plus Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Gutachten bestätigt „schwere Persönlichkeitsstörung“
Ein psychiatrisches Gutachten attestiert dem Angeklagten zwar Zurechnungsfähigkeit, jedoch auch das Vorliegen einer schweren Persönlichkeitsstörung mit Neigung zu weiteren Gewaltdelikten, weshalb die Staatsanwaltschaft neben der Verurteilung zu einer entsprechenden Strafe - die Strafdrohung für Mord beträgt zehn bis zwanzig Jahre oder lebenslang - die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragen wollte. Der Pflichtverteidiger verwies auf den Versuch seines Mandanten, zu dominieren, wohl auch, um seine Behinderung zu kompensieren. Die Emotionen seien auf Grund der belasteten Ehesituation eskaliert.

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