Burgstaller im Talk

“Was ich privat so mache, muss nicht jeder wissen”

Sport
24.12.2015 07:15

Beim 1. FC Nürnberg nennen ihn die Fans "Fußballgott", man bejubelt seine zahlreichen Tore sowie Assists und sein kämpferisches Auftreten begeistert sie - ja, man kann sagen: Guido Burgstaller ist eine große Nummer beim Kultklub aus dem Frankenland. Labsal für die Seele des Ex-Rapidlers, der nach seinem Abgang aus Wien in England bei Cardiff nur kurz seinen Traum vom Fußball auf der Insel ausleben hatte dürfen - ehe er am Abstellgleis landete. Bei Nürnberg startete er zwar voll durch, ins EM-Team von Marcel Koller dürfte er es dennoch nicht mehr schaffen. Über den Traum "EM in Frankreich", sein Dasein als "Fußballgott", die Zuneigung seiner Fans und wie er zu Facebook, Twitter und Co. steht, sprach er mit sportkrone.at!

sportkrone.at: "Und dann kommt Guido Burgstaller. Dieser Fußballgott macht noch zwei Kisten und hält so immerhin einen Punkt in Nürnberg" - das hat der 1. FC Nürnberg vor Kurzem über einen Traumauftritt von dir auf FB gepostet. Von daher: Wie spricht man einen "Fußballgott" korrekt an?
Guido Burgstaller: "Fußballgott" bin ich keiner, nein! Es war aber natürlich ein schönes Posting zu dem Spiel. Ich glaube, das war gegen Bielefeld, als wir 2:0 in Rückstand gelegen sind und ich noch zwei Tore geschossen habe. Dass wir noch ein 2:2 erreicht haben, ist super gewesen und hat für gute Stimmung im Stadion gesorgt - da haben mich die Fans ein bisschen gefeiert. Das war ein riesengroßer, schöner Moment für mich!

sportkrone.at: "Fußballgott" ist selbst in der vor Superlativen gerne überschwappenden Szene nicht unbedingt eine Allerwelts-Betitelung - vor allem von Klubseite. Wie würdest du deine Stellung im "Club" einschätzen?
Burgstaller: (zögert kurz) Ich habe mich einfach gleich von Anfang an sehr wohl gefühlt. Ich merke es ja auch im Stadion, dass die Leute mich, dass die Leute meine Spielweise mögen. Sie wissen, dass ich immer 100 Prozent gebe, auch wenn‘s spielerisch mal nicht so läuft. Dass ich mich trotzdem immer voll reinwerfe. Das honorieren die Leute und das merke ich auch.

Hier im Video sehen Sie Teil 1 des sportkrone.at-Interviews mit Guido Burgstaller!

sportkrone.at: Abgesehen davon: Mit 33,8 Prozent aller Stimmen hast du auch die Fan-Wahl zum Nürnberger Spieler der Saison 2014/15 gewonnen - und das, obwohl du erst im Jänner zum Team gestoßen bist. Wie hast du es in so kurzer Zeit verstanden, die Herzen der Fans für dich zu gewinnen?
Burgstaller:(lächelt) Das war eigentlich gar nicht mein Ziel! Mein Ziel war, dass ich hier schnell Stammspieler werde, dass ich hier nach meiner Cardiff-Zeit wieder Fuß fasse, dass ich mich wieder zeigen kann. Dass es so klappt, war natürlich sensationell! Ab dem 2. Spieltag habe ich jedes Spiel von Anfang an gemacht, das hat super funktioniert. Und ich habe auch meine Tore gemacht, gute Leistungen gebracht. Es ist ein überragendes Gefühl, wenn man in der Sommerpause eine SMS bekommt, dass dich die Fans zum Spieler des Jahres gewählt haben. Das war ein unglaublicher Moment und ich möchte mich hier nochmal dafür bedanken!

sportkrone.at: Das Herz von ÖFB-Teamchef Marcel Koller hast du in den vergangenen Monaten offensichtlich nicht erwärmt. Zuletzt bist du am 10. September 2013 gegen Irland aufgelaufen. Wie realistisch ist es vor diesem Hintergrund, noch auf ein Ticket für die EM 2016 in Frankreich zu hoffen?
Burgstaller: Ich sehe das Ganze realistisch - natürlich ist es sehr schwierig. Bei der letzten Einberufung habe ich schon ein bisschen gehofft, weil ein paar Spieler, Stammspieler nämlich, ausgefallen sind. Der Teamchef hat sich dann aber für andere Spieler entschieden. Das muss man akzeptieren. Ich werde aber weiter Gas geben und vielleicht gibt es ja noch eine Mini-Chance für mich.

sportkrone.at: Warum steht Koller einfach nicht auf dich?
Burgstaller:(grinst) Diese Frage ist schwierig für mich zu beantworten. Ich glaube nicht, dass er auf mich "nicht steht". Ich war ja trotz Cardiff fast immer dabei, hab‘ auch meine Spielzeiten bekommen. Aber durch Cardiff, durch die Zeit ohne Spielpraxis, bin ich ein bisschen aus der Sicht gerückt.

sportkrone.at: Aber gut. Ebenfalls nur mehr ein Zweitligist ist das vom malaysischen Milliardär Vincent Tan geführte Cardiff City, für 213 Tage dein letzter Klub vor deinem Nürnberg-Engagement. Warum hat's beim Premier-League-Absteiger im Sommer 2014 nicht geklappt?
Burgstaller: Das ist ganz leicht zu erklären. In der Anfangszeit war es zwar ein bisschen ungewohnt, aber ich habe trotzdem relativ schnell in die Mannschaft gefunden. Beim 1. Mal bin ich noch eingewechselt worden, dann beim 2. Einsatz im Pokal, englischer Pokal, da habe ich sogar schon ein Tor gemacht. Eigentlich hat alles ganz gut funktioniert. Aber dann, nach eineinhalb, zwei Monaten, ist Trainer Ole Gunnar Solskjaer, der mich geholt hatte, entlassen worden. Und ab dem Zeitpunkt war die Cardiff-Zeit für mich beendet. Der neue Trainer hat mich zur U23 geschickt, wo ich dann die restlichen Monate trainiert habe.

Hier im Video sehen Sie Teil 2 des sportkrone.at-Interviews mit Guido Burgstaller!

sportkrone.at: Ist der Traum von der Premier League, den du früher immer wieder angesprochen hast, jetzt ausgeträumt oder lebt der noch für irgendwann in den nächsten Jahren?
Burgstaller: Schwierig zu sagen - man muss sich wieder neue Ziele setzen, ganz klar. Jetzt bin ich bei Nürnberg und die Premier League ist weit weg. Ich habe mit dem "Club" noch viel vor, will auch nochmal in der 1. Bundesliga spielen - das ist ein ganz klares Ziel für mich.

sportkrone.at: Guido, als du von Cardiff nach Franken gewechselt bist, hießen der "Club"-Sportvorstand Martin Bader und der Chefscout Christian Möckel - beide sind nun bei Hannover 96 in der Bundesliga tätig und im medialen Blätterwald sieht man dich schon auf dem Sprung. Was ist da dran?
Burgstaller: Ich habe schon oft gesagt, dass ich mich hier sehr, sehr wohl fühle. Ich bin Herrn Bader natürlich sehr dankbar, dass er mir die Chance gegeben hat und mich vor einem Jahr geholt hat. Das war nicht selbstverständlich, weil ich ja fast fünf Monate lang keine Spielpraxis hatte. Aber wie gesagt, ich fühle mich hier sehr wohl und habe noch einiges vor.

sportkrone.at: Wenn irgendwo irgendwann irgendwie die Sprache auf Guido Burgstaller kommt, wird gerne der Begriff "unorthodox" vorangestellt. Egal was du treibst, ob du verteidigst oder läufst oder Tore schießt, es scheint für viele "unorthodox" zu sein. Wie siehst du selber diese "Unorthodoxheit"?
Burgstaller: Man liest das auch die ganze Zeit über den Thomas Müller in den Zeitungen. Nicht, dass ich mich mit  Thomas Müller vergleichen will (lacht), aber ja, so könnte man meine Spielweise beschreiben. Ich glaube, dass ich ein Instinktspieler bin, ich entscheide gerne immer erst ganz zum Schluss, was das Beste ist und das sieht man dann auf dem Platz. Manchmal geht’s gut, manchmal geht’s nicht gut. Zu den Nürnberger-Zeiten geht’s jetzt meistens ganz gut…

sportkrone.at: Apropos "ungewöhnlich": Es mutet beinahe schon altmodisch an, dass du nicht offensiv auf Facebook, Twitter und Co. vertreten bist. Wie stehst du zu den sozialen Medien und dazu, dass sich Sportler offensichtlich immer öfter genötigt fühlen, überall dabei sein zu müssen?
Burgstaller: Ich find's in Ordnung. Die, die etwas preisgeben wollen, die sollen das gerne machen. Ich bin aber eher nicht so der Typ dafür. Was ich privat mache, das muss nicht jeder wissen.

Hier im Video sehen Sie Teil 3 des sportkrone.at-Interviews mit Guido Burgstaller!

sportkrone.at: Im Zusammenhang mit deinem Namen wird auch das Wort "Torgefahr" gerne verwendet - mit neun Toren und vier Assists nach 18 Spielen bist du der zweitbeste Scorer der Liga und der beste von Nürnberg: Wieso läuft’s für dich in Nürnberg so gut? Was ist dein Geheimnis?
Burgstaller: Iche Mannschaft hat mich gut aufgenommen, das Umfeld hat sich sehr bemüht um mich - das sind alles so kleine Faktoren, sodass alles zusammenpasst. Ich hoffe, das hält noch ein bisschen länger an.

sportkrone.at: Kein Geheimnis ist im Übrigen auch, dass du keinen Zweikampf scheust - etwas verwundert hat mich dann aber doch, dass du von allen Spielern im Nürnberg-Kader derjenige bist, der die meisten Fouls begeht. Gehört diese Spielweise einfach zu Guido Burgstaller oder ist dir das einmal beigebracht worden?
Burgstaller: Nein, das gehört zu mir dazu! Ich habe noch keine Rote Karte bekommen, seit ich bei Nürnberg spiele - und es war auch kein brutales Foul dabei. Ich gehe in den Zweikämpfen ans Limit, dann ist doch ab und zu ein Foul dabei. Die Verteidigung fängt vorne an. Da probiere ich immer, alles rauszuhauen und schon so früh wie möglich den Ball zu erobern. Manchmal gelingt es, dann sind wir schon vorm Tor oder es sind nur mehr ein, zwei Pässe bis zum Torschuss - und manchmal gelingt es nicht und es ist ein Foul dabei.

sportkrone.at: Und wirst du auch nicht ändern?
Burgstaller: Nein, das habe ich eigentlich nicht vor.

sportkrone.at: Zum Abschluss noch eine etwas oberflächliche Frage - zu deiner Körperoberfläche nämlich: Woher kommt bei dir der Drang, dich so zu "schmücken"? Wie und vor allem wo geht's weiter?
Burgstaller: Das habe ich gemacht, als ich noch ein bisschen jünger war. Da habe ich es ganz gut gefunden, mich tätowieren zu lassen. Aber jetzt ist es schon wieder ein bisschen her, dass ich das letzte Tattoo stechen lassen habe. Meine beiden Arme sind ja tätowiert, wie man weiß - das langwierigste hat 4,5 Stunden gedauert, da braucht man schon ein paar Sitzungen. Aber ich habe mir gesagt: Es reicht, und damit ist‘s auch gut.

sportkrone.at: Auch nicht, wenn der 1. FC Nürnberg durch die Tore von dir aufsteigt? Vielleicht irgendwo so ein Nürnberg-Logo auf der Brust (lacht), auf der Schulter oder wo auch immer?
Burgstaller: Nein, das denke ich nicht! Wenn wir aufsteigen sollten, dann hänge ich mir eine Medaille zu Hause auf, aber am Körper tätowieren lasse ich mich, glaube ich, nicht mehr.

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(Bild: KMM)



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