Erziehungsserie

Folge 10: Familie geht auch anders

Leben
26.10.2015 12:36
Es gibt keine Patentrezepte für Patchworkfamilien - jede ist anders. Doch es gibt ein paar Regeln, die das Zusammenwachsen der Familie erleichtern können.

Patchworkfamilien sind im Vormarsch. Das nimmt ihnen zum Glück das Stigma, ändert aber nichts daran, dass es eine Aufgabe ist. Besonders der Start ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Bringt bei den einen nur ein Partner Kinder in die neue Beziehung mit, sind es bei anderen beide, und in wieder anderen Fällen kommen die Kinder nur am Wochenende, oder das Paar bekommt zu den Kindern aus der vorherigen Ehe noch eigene hinzu. Schwägerinnen, Stiefmütter, Enkel aus einer Patchworkfamilie gehören plötzlich dazu, und nicht jeder kommt gleich mit ihnen klar. Viel Einfühlungsvermögen ist gefragt. Es gilt, in dieser Anfangsphase der erweiterten Großfamilie den Nachwuchs gut zu beobachten. Denn er leidet oft still vor sich hin. "Vor allem bei Kindergarten- und Vorschulkindern dauert die Verarbeitung einer Trennung der Eltern sehr lange", betont Eltern-Kids-Coach Nina Petz.

In diesem Alter beziehen Kinder nicht selten alles auf sich und glauben, dass sie der Auslöser für Veränderungen in ihrer Lebensumwelt sind. So können sie vermuten, dass sie nicht brav genug waren und damit die Trennung der Eltern ausgelöst haben. Daraus entwickeln sich Schuldgefühle, die zu heftigen Reaktionen gegenüber dem neuen Partner führen können. Typische Gefühle in dieser Phase sind Wut, Zorn, Eifersucht und Trauer.

Obendrein können viele verschiedene Verhaltensauffälligkeiten auftreten: Bettnässen, sozialer Rückzug, Schulprobleme wie Motivations- und Leistungstiefs sowie Konzentrationsschwierigkeiten, Ängste vor dem Alleinsein, vor Dunkelheit, dem Tod. Oder psychosomatische Beschwerden, wie immer wiederkehrende Kopfschmerzen und ständige Müdigkeit. Außerdem natürlich: Streit. Kinder werden oft zum Spielball der Eltern. Besonders dann, wenn ein Partner die Trennung nicht verkraftet.

Alle Gefühle sind erlaubt, aber nicht jedes Verhalten
Zwarsollten Stief- oder - wie sie liebevoll genannt werden - Bonuseltern Erziehungsversuche besser vermeiden, trotzdem aber ganz klar Grenzen setzen, wenn ihnen etwas zu bunt wird. Denn auch für Erwachsene ist es eine große Umstellung - allein schon das Gefühl, an zweiter Stelle zu stehen, wenn die Kinder nur ab und an zu Besuch sind und die Tagesplanung dominieren. Auf verbale Attacken der Kinder reagieren ist für sie schwierig. Gut wären Sätze wie: "Ich verstehe, dass du wütend bist, aber was du sagst, verletzt mich. Ich weiß, dass ich nicht deine Mama bin, trotzdem bist du mir wichtig." Sie sollten sich bemühen, eine freundschaftliche, gleichwürdige Beziehung zu entwickeln. Dabei aber authentisch zu sein und nicht krampfhaft versuchen, das Kind für sich zu gewinnen. Kinder brauchen Zeit, um Vertrauen zu entwickeln. Und auch wenn der Spross den neuen Partner nicht sofort ins Herz schließen muss, sollte er sich ihm gegenüber höflich und respektvoll verhalten.

Vertrauen braucht Zeit
Viele Patchwork-Familien machen anfangs den Fehler, dass sie zu schnell zu viel erwarten. Kaum ist der neue Partner eingezogen, soll die neue Familie schon gleich perfekt funktionieren. Der neue Partner sollte erst einmal behutsam in die Familie eingeführt werden - lange bevor er wirklich einzieht. Umso schöner ist nach anfänglichen Herausforderungen, wenn zwei Familien zusammenwachsen. Patchwork-Clans können von ihrer Situation natürlich auch profitieren. Sie fördert die Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, trainiert unser Einfühlungsvermögen, und Einzelkinder bekommen vielleicht (Stief-)Geschwister. Groß und Klein lernen neue Sichtweisen und Lebensentwürfe kennen. Und der neue Partner von Vater oder Mutter kann ein wunderbarer Bonus sein.

"Krone"-Eltern-Kids-Coach Nina Petz steht Ihnen mit Rat zur Seite - per Videoklick auf krone.at/erziehung sowie gemeinsam mit ihrem Team per E-Mail und Post. Ihre Anfragen werden vertraulich behandelt.

Ich habe mich vor zwei Jahren in eine andere Frau verliebt. Dann ging alles sehr schnell: Scheidung und ein gemeinsames Kind mit der neuen Partnerin. Meine zwei Söhne (zehn und 16 Jahre) wollen mit meiner Freundin und der Halbschwester (13 Monate) nichts zu tun haben.
Bleiben Sie an Ihren Söhnen dran! Auch wenn es Sie manchmal ärgert oder sogar kränkt, lassen Sie sich nicht abwimmeln und suchen Sie weiterhin den Kontakt. Natürlich braucht diese Situation viel Einfühlungsvermögen und Ihre Söhne offensichtlich viel Zuwendung. Trotzdem: Konfrontieren Sie beide ruhig immer wieder mit der veränderten Familiensituation und mit der Tatsache, dass es jetzt auch eine Stiefschwester gibt. Auch wenn die Kinder viel Zeit brauchen, die neue Situation zu akzeptieren: Sie dürfen glücklich sein! Natürlich können Sie Ihre Söhne nicht "zwingen", Ihre neue Familie zu lieben, sprechen Sie dennoch mit Ihren "Großen" ruhig über Ihre Gefühle und Wünsche. Lassen Sie es nicht zu, wenn Ihre Söhne versuchen, Ihr neues Leben zu ignorieren - auch für die beiden ist es wichtig, mit der Tatsache, dass sich ihre Eltern getrennt haben, leben zu lernen.

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(Bild: kmm)



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