Lesen 2.0

Sonys E-Book-Reader im krone.at-Test

Elektronik
20.03.2009 16:00
Fast könnte man meinen, der Untergang des Abendlandes stünde bevor: "Ein Buch ohne Haut und Haar" sind E-Book-Lesegeräte für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Das Eselsohr wird sterben" ätzt "Die Welt" nicht ganz unironisch. Doch müssen Buchliebhaber tatsächlich ums Papierbuch fürchten, wenn Sony Anfang April seinen E-Book-Reader "PRS-505" auf den österreichischen Markt bringt? Immerhin versprechen die Hersteller nicht weniger als "eine neue Art des Lesens", gar von "Gutenberg 2.0" ist die Rede. krone.at konnte den E-Book-Reader bereits testen und war trotz kleinerer Schwächen von der Zukunft des Lesens recht angetan.

Bereits der erste Eindruck stimmt positiv: Gerade mal 260 Gramm wiegt der Reader (Bilder siehe Infobox), acht Millimeter ist er dick – und damit deutlich schmaler als die meisten Taschenbücher. Trotzdem finden auf dem integrierten Speicher (192 Megabyte) des in einen schmucken Ledereinband gehüllten Geräts ganze 160 Bücher Platz. Genug, um auch den verregnetsten Urlaub zu überstehen. Mit Hilfe von Speicherkarten können es sogar bis zu 13.000 Bücher werden: Über einen Einschub für Sonys Memory-Pro-Stick-Duo-Format sowie einen SD-Karten-Slot lässt sich die Kapazität auf bis zu 16 Gigabyte erweitern. Und eine solche Menge an Büchern muss erst einmal gelesen werden.

Dass man für den Sony-Reader rund 300 Euro löhnen muss, obwohl dieser eigentlich nicht viel mehr als das Lesen von Büchern ermöglicht, stimmt dann auch nur anfangs verwunderlich. Denn wer sich einen E-Book-Reader zulegt, braucht keine Papierstapel mehr zu Hause zu lagern, sondern kann Bücher als Datei auf PC und Reader ablegen. Das Billy-Bücherregal wird obsolet und auf einmal scheinen die knapp 300 Euro eine weit bessere Investition zu sein - nicht zuletzt auch wegen des gewonnen Platzes in der Wohnung. Schließlich können auf den E-Book-Reader auch noch Bilder (JPEG, PNG, GIF, BMP) und Musik-Dateien (MP3, AAC) ausgelagert werden.

Vier Mal "Krieg und Frieden" hintereinander
In erster Linie ist und bleibt der "PRS-505" aber natürlich ein "Buch-Abspielgerät". Und diesen Zweck erfüllt der Reader auch nahezu anstandslos. Einmal über ein USB-Kabel mit dem nötigen Lesestoff versorgt – neben dem offenen ePub-Format werden auch Bücher im PDF-, TXT-, RTF- oder DOC-Format unterstützt -, steht dem Lesevergnügen für rund 6.800 Mal Umblättern nichts mehr im Wege. So lange soll eine Akku-Ladung laut Hersteller reichen. Wer Zeit und Muße findet, könnte Tolstois "Krieg und Frieden" demnach theoretisch vier Mal hintereinander lesen, ohne zwischendurch ans Netz zu müssen - wobei erwähnt werden muss, dass Sony seinen Reader lediglich mit einem USB-Kabel ausstattet, ein richtiges Netzteil ist nur optional und somit gegen Aufpreis erhältlich.

Wer sich aber während des Lesens, Kopfhörerbuchse sei Dank, nicht mit Musik beschallen lässt, kommt mit einer Akku-Ladung locker über den Urlaub hinaus. Das Geheimnis liegt im besonders stromsparenden "E-Ink"-Display, welches eine Leseansicht wie auf Papier ermöglicht und mit Hilfe der sogenannten Elektrophorese funktioniert, die die Wanderung geladener Teilchen in einem elektrischen Feld beschreibt. Dabei schwimmen in einer winzigen Mikrokapsel unterschiedlich geladene schwarze und weiße Pigmentkügelchen in einer ölartigen Flüssigkeit, die durch eine elektrische Ladung von außen auf der oberen Seite des Trägermediums erscheinen. Strom wird nur dann benötigt, wenn sich das Bild ändern soll, also beispielsweise beim Umblättern.

Kein E-Book ohne Nachttischlampe
Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Computerbildschirm strahlt das flimmerfreie und nur bei starker Sonneneinstrahlung leicht spiegelnde Display allerdings kein Licht aus, weshalb zum Lesen im Dunklen wie beim herkömmlichen Papier eine Lampe benötigt wird. Für den nachtaktiven Nutzer bedeutet dies leider weitere Kosten: Ein Leder-Etui für den Reader samt entsprechender Leuchte kommt bei Sony auf rund 50 Euro, eine anklemmbare Schwanenhalsleuchte des japanischen Herstellers gibt es für etwa die Hälfte. Das in den USA bereits erhältliche Nachfolgemodell "PRS-700" hat bereits eine Lampe integriert und kommt im Gegensatz zum in Österreich ab 3. April über Thalia, Morawa und buchmedia erhältlichen "PRS-505" mit einem Touchscreen daher.

Hierzulande muss auf derlei Luxus noch verzichtet werden, wobei vor allem das Fehlen eines berührungsempfindlichen Displays schmerzt. Mitunter zu klein und zu schwerfällig sind die Tasten des "PRS-505", das Umblättern (auch Linkshänder haben eine Taste spendiert bekommen) funktioniert unter bestimmten Bedingungen schlichtweg zu langsam. Immerhin lassen sich auf Knopfdruck ohne auch nur ein Eselsohr zu hinterlassen beliebig viele virtuelle Lesezeichen setzen. Gesammelt werden diese in einer Art Verlauf, wie man ihn vom Internet-Browser gewohnt ist - will man das Lesen fortsetzen, genügen ein paar Klicks durch das übersichtlich strukturierte Menü, in dem sämtliche Bücher nach Titel oder Autor sortiert gelistet sind. Als ebenfalls sehr praktisch erweist sich die Lupentaste, mit der jeder Text im Handumdrehen verkleinert oder vergrößert werden kann. Eine Funktion, von der vor allem alte Menschen und Brillenträger profitieren dürften.

Spannende Zukunft für das Buch
Ob diese und andere Bücherfreunde sich auf das elektronische Lesen einlassen, bleibt abzuwarten. Spannend ist jedenfalls schon jetzt, welche Möglichkeiten sich mit einem E-Book-Reader für das Medium Buch in Zukunft ergeben könnten: Mittels eingebautem Wlan ließen sich die neuesten Bücher oder Zeitschriften beispielsweise direkt auf den Reader laden, während Suchfunktionen oder eingebaute Wörterbücher das Lesen zusätzlich komfortabler und somit für viele Menschen vielleicht auch ein Stück weit wieder interessanter machen könnten.

Aufhalten lassen dürfte sich der Trend zum elektronischen Buch ohnehin nicht mehr: Erst am Freitag gab der Dachverlag der "Vienna University Press", "V&R unipress", bekannt, künftig wissenschaftliche Ergebnisse von Forschern der Universität Wien auch als E-Book zu veröffentlichen. Damit könne die Verbreitung von wissenschaftlichen Publikationen "um ein Vielfaches" gesteigert werden, hieß es in einer Aussendung. Ein Umstand, von dem wiederum die Autoren und somit die gesamte Buchbranche profitieren könnten.

Fazit: Der Gedanke, einen nur taschenbuchgroßen Reader einpacken zu müssen, um eine ganze Bücherkiste mit dabei zu haben, dürfte selbst für ausgesprochene Skeptiker verlockend klingen. Obwohl Sonys "PRS-505" gemeinsam mit anderen Readern wie Amazons "Kindle" erst den Anfang einer neuen Lese-Ära markiert, macht das elektronische Bücherschmökern trotz einiger Kinderkrankheiten schon jetzt gehörigen Spaß. Am Ende zählt allerdings nicht, ob man Papier vermisst oder "E-Ink" schätzt, sondern ob das Buch, das man liest, gut ist oder nicht.

von Sebastian Räuchle/APA

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