Rasanter Wandel

Robo-Medizin: Vom Holzbein zur Hightech-Prothese

Wissenschaft
10.10.2016 09:55

Die Entwicklung vom einfachen Holzbein hin zu jenen Hightech-Prothesen, mit denen sich Menschen mit Behinderung kürzlich nahe Zürich am ersten "Cybathlon" beteiligt haben, nahm erst in jüngerer Vergangenheit Fahrt auf. Mit dem Übergang in Richtung Menschen, die robotische Hilfsmittel verwenden, täten sich laut Experten aber sowohl Gesellschaft als auch Gesundheitssystem schwer.

Wie schlecht es um die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen bestellt war und ist, zeige sich etwa daran, dass Rollstuhlfahrer in Schweizer Zügen bis zum Jahr 2000 im Gepäckwagen mitfahren mussten, erklärte der frühere Schweizer Paralympics-Athlet und Journalist Armin Köhli bei einem Rundgang durch eine Ausstellung zur Geschichte der Prothetik am Rande des von der ETH Zürich organisierten "Cybathlon"-Wettbewerbs. Was Hilfsmittel für Amputierte anbelangt, dominierten bis in die 1970er-Jahre mehr oder weniger einfache Holzbeine, Armprothesen dienten eher dem kaschieren des Handicaps.

Abgesehen von Haken, die zumindest das Festhalten von Dingen ermöglichten, wurden Prothesen, die tatsächlich Funktionen bieten, erst in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt. Das Aufkommen des Behindertensports in den 1980er-Jahren habe hier eine entscheidende Rolle gespielt, sagte Köhli. Nicht zuletzt war es aber der zunehmende Einsatz von Mikroelektronik, mit dem Funktionalität der Geräte möglich wurde.

Heutige Prothesen sind erstaunlich funktionell
Jene Prothesen und Hilfsmittel mit denen die 74 "Cybathon"-Teilnehmer aus 25 Ländern in der ausverkauften Eishalle in Kloten an den Start gingen, seien mittlerweile nicht nur erstaunlich funktionell, sondern ob des Technologie-Einsatzes auch entsprechend teuer. Angesichts der Tatsache, dass sehr viele Menschen in Entwicklungsländern betroffen sind, müsse die Forschung vor allem das Ziel haben, die Hilfsmittel günstiger zu machen, wie der Präsident der ETH Zürich, Lino Guzzella, betonte.

Universitäre Forschung habe in dem Bereich jedenfalls direkten Einfluss auf die Gesellschaft und die Unis könnten eine wichtige Rolle beim Zusammenbringen von Betroffenen, Unternehmen, Technikern und Wissenschaftlern einnehmen. Der "Cybathlon" sei in dieser Entwicklung ein wichtiger Zwischenschritt, so Guzzella, der weitere Veranstaltungen in den kommenden Jahren ankündigte.

Bei dem groß angelegten Event wurde zwar ersichtlich, wie viel Teilhabe an der Gesellschaft mit all den Hilfsmitteln bereits möglich ist, andererseits zeigten sich auch Limits, sagte Matthias König, Primarius des vom Gesundheitsdienstleister Vamed betriebenen Neurologischen Therapiezentrums Kapfenberg. Dort wird der seit einem Schlaganfall motorisch schwer eingeschränkte österreichische "Cybathlon"-Starter Gerhard Kleinhofer betreut. Der frühere Naturbahnrodler trat für das Team "Mirage 91" der Technischen Universität (TU) Graz in der Disziplin "Virtuelles Rennen mit Gedankensteuerung" an.

Robo-Therapie in vielen Reha-Zentren angekommen
Abseits solcher aufsehenerregender Ansätze mit Gehirn-Computer-Schnittstellen seien "vor allem robotische Therapiegeräte in vielen Rehabilitationszentren im Alltag angekommen", sagte Daniel Zutter, Chefarzt am Neurologischen Reha-Zentrum Zihlschlacht der Vamed in der Schweiz. Der "Cybathlon" wiederum sei laut Zutter sozusagen "ein Schnuppern an der Zukunft. Hier werden auf spielerische Weise neue Lösungen gefunden".

Bis Betroffene mit solchen Geräten umgehen können, brauche es "sehr viel Training unter kompetenter Anleitung", so König. Die Gesundheitssysteme seien allerdings auf neue Trainings-Trends noch nicht eingestellt - das gelte für Österreich und die Schweiz. Mache man in der Neurorehabilitation Gehübungen mit einem Stock oder mit einem Gehroboter werde das gleich verrechnet. König: "Wir möchten Hightech anbieten, es gibt dafür aber praktisch keine Honorierung. Das ist ein definitives Problem."

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