Actioncam im Test

Panasonic HX-A500: Handhabung mit Hindernissen

Elektronik
24.08.2014 09:00
Hochauflösende Aufnahmen allein machen nicht glücklich, solange die Handhabung nicht zufrieden stimmt. Bestes Beispiel dafür: Panasonics Actioncam HX-A500, wie Digital-Redakteur Sebastian Räuchle bei einer Mountainbike-Fahrt in den Wienerwald erleben musste. Die Action blieb dabei leider auf der Strecke.

Von der Südstadt auf den Mödlinger Anninger und von dort zur Wilhemswarte strampel ich, um mit der HX-A500 von Panasonic die wunderschöne Aussicht auf den Wienerwald einzufangen. Also Helm ab, Rad anlehnen und die nicht sonderlich vertrauenserweckende (Action!) Wendeltreppe im Inneren der Warte hinauf, um den Ausblick zu genießen. Um das Ganze allerdings in hochauflösendem 4K, also 3.840 x 2.160 Pixeln, mit 25 Bildern pro Sekunde festzuhalten, bedarf es einer gewissen Vorarbeit.

Anders als die Konkurrenz setzt Panasonic nämlich auf eine durchaus eigentümliche, weil zweiteilige Konstruktion, die wie eine Brille getragen wird. Am "Brillengestell", das sich wiederum aus zwei um den Hinterkopf verlaufenden Bügelhälften zusammensetzt, befindet sich das lediglich 26,5 x 68,5 messende und 31 Gramm "schwere" Objektiv. Auf einem Kugelstativ sitzend, lässt es sich mithilfe eines Schraubgewindes in der gewünschten Position fixieren. Mit nur einer Hand gelingt dieser Kunstgriff allerdings kaum.

Das Objektiv selbst ist über ein Kabel mit der eigentlichen Kameraeinheit (59,5 x 94 x 26,7 mm, 128 g) verbunden, in der nebst wenigen Bedienelementen (Power- und Aufnahmetaste sowie ein Vier-Wege-Joystick) die microSD-Speicherkarte, der Akku und ein 1,5 Zoll großes Display verbaut sind. Alles zusammen ist dem Hersteller nach staubgeschützt und wasserdicht, um auch unter widrigsten Bedingungen spannende Szenen einzufangen.

Handhabung mit Hindernissen
Widrig ist zunächst aber vor allem die Handhabung. Die Bügel des Brillengestells sind zwar fix zusammengesteckt, schon jetzt, im Stehen auf der Warte, merke ich jedoch, dass das Gestell nur halbherzig sitzt. Der Kopf ist entweder zu schmal oder die Ohren nicht "segelig" genug, um genügend Auflagefläche zu bieten. Panasonic hat für diesen Fall vorgesorgt und liefert ein Gummiband mit, das an den Bügeln befestigt wird und dann über die Stirn verläuft, um den Halt der Kamera während der Action zu garantieren. Derart um meinen Kopf festgezurrt, sitzt die Kamera, wie ich später feststelle, tatsächlich bombenfest. Sexy sieht es spätestens jetzt allerdings nicht mehr aus, und auch die passende Gummilänge zu finden, braucht ein Weilchen (Tipp: Es passt, wenn das Pochen in den Schläfen wieder nachlässt).

Kabel im Weg
Nächstes Hindernis: Befestige ich die Haupteinheit wie vorgesehen an der dafür vorgesehenen Neopren-Halterung mittels Klettverschluss an meinem Oberarm, steht die Welt plötzlich Kopf. Um das Display korrekt herum "ablesen" zu können, müsste ich die Kamera kopfüber in die Armbinde stecken, doch dann wäre das ohnehin schon sehr kurze Verbindungskabel zwischen Kamera und Objektiv noch kürzer, weil es das Gehäuse der Kamera an der Oberseite verlässt und dann von unten nach oben geführt werden müsste. Klingt umständlich, ist es auch. Als ich nach diversen Verrenkungen noch immer nicht wirklich sehen kann, ob der Bildausschnitt passt, nehme ich die Armbinde deshalb kurzerhand wieder ab.

4K nur im Weitwinkelbereich
Schon zeigt sich ein weiteres Manko: Durch die extreme Weitwinkeloptik mit einer Brennweite von lediglich 3,4 Millimetern ragt nicht nur mein Zinken ins Bild, sondern biegt sich auch jede noch so kleine Linie. Es scheint fast so, als könnte ich aufgrund der fast schon fischaugenartigen Optik von der Warte aus die Erdkrümmung sehen. Für viele Aufnahmen mag dieser Bildstil sicherlich gefällig sein, schade ist allerdings, dass man in der höchsten Auflösung nur diesen zur Auswahl hat. Wer nämlich im "normalen" Aufnahmemodus mit kleinerem Aufnahmewinkel filmen möchte, muss sich von der 4K-Auflösung verabschieden und in Full-HD, also mit 1.920 x 1.080 Pixeln, oder darunter filmen. De facto handelt es sich beim normalen Betrachtungswinkel also nur um einen digitalen Zoom bzw. Beschnitt des Bildfeldes.

Großer Speicher- und Akku-Bedarf
Wenn schon, denn schon, denke ich mir allerdings und bleibe bei 4K – andernfalls hätte es jede andere beliebige Actioncam schließlich auch getan. Wer derart hochauflösend filmt, sollte dafür allerdings auch gerüstet sein. Denn: Meine frisch formatierte Acht-Gigabyte-Speicherkarte bietet gerade einmal Platz für 14 (!) Minuten Aufnahme. Die folgenden Einstellungen müssen also kürzer werden, denke ich mir, als ich mit laufender Kamera die dunkle Wendeltreppe wieder hinabsteige; nicht zuletzt auch wegen des integrierten 1.450-mAh-Akkus, der laut Panasonic im normalen Gebrauch nur zwischen 45 und 70 Minuten Aufnahmedauer ermöglicht. Wie die anschließende Kontrolle am Fuß der Treppe zeigt, liefert die Weitwinkeloptik mit Anfangsblende F/2.8 erfreulicherweise auch bei wenig Umgebungslicht noch relativ rauscharme und detailreiche Aufnahmen.

Kein Platz mehr für die Sonnenbrille
Beim neuerlichen "Aufsatteln" auf das Rad dann das nächste Ärgernis: Zwischen den zuvor abgelegten Fahrradhelm und das "Brillengestell" der Kamera passt keine Sonnenbrille mehr. Beides, Helm und Brille, sollten bei vielen Outdoor-Sportarten jedoch zur Grundausstattung gehören, um Kopf und Augenlicht zu schützen. Letzteres nicht nur vor der Sonne, sondern etwa auch vor Steinschlag. Getreu dem Motto "The Show must go on", verzichte ich für die Weiterfahrt ausnahmsweise auf die Sonnenbrille, so richtig wohl ist mir dabei jedoch nicht.

Der anschließend in mir aufkeimende Gedanke, die Weiterfahrt mit der HX-A500 aus ungewöhnlichen Blickwinkeln – etwa von der Federgabel aus – einzufangen, scheitert leider an zwei Dingen: Zum einen zeigt sich Panasonic recht knauserig und legt der Kamera keine weiteren Halterungen bei. Die gibt es zwar, aber nur optional gegen Aufpreis. Zum anderen ist da immer noch das Kabel, das gewisse Aufnahmepositionen – zumindest beim Radfahren – selbst mit entsprechender Halterung erschwert, wenn nicht gar unmöglich macht. Es bleibt also bei der Ego-Perspektive auf Augenhöhe.

Zwölf Minuten meines Lebens einfach weg
Zurück beim Anninger Schutzhaus geht es schließlich an die Abfahrt. Zwölf Minuten Netto-Aufnahmezeit bleiben mir noch auf der Speicherkarte, um den rasanten Ritt festzuhalten. Ich drücke also auf "Aufnahme", rase die geschotterten Serpentinen herunter und drücke erst unterhalb der Goldenen Stiege in Mödling wieder auf Stopp. Vor dem PC zu Hause dann die Ernüchterung: Nahezu die komplette Abfahrt fehlt – wenige Sekunden nach ihrem Beginn bricht die Aufnahme einfach ab. Warum, das lässt sich nur schwer rekonstruieren. Möglicherweise war ein Insekt zur falschen Zeit am falschen Ort und just auf die Aufnahmetaste geprallt. Fakt jedenfalls ist: Die Hände waren während der gesamten Abfahrt am Lenker und an den Bremsen – alles andere wäre auch leichtsinnig gewesen. Egal wie: Die Mühen waren jedenfalls umsonst.

Angesichts dessen vermag mich die Tatsache, dass die übrigen Aufnahmen sehr ansehnlich geworden sind, auch kaum zufriedenzustellen. Bedingt durch die extreme Weitwinkeloptik kommt es an den Randbereichen des Bildes zwar zu tonnenförmigen Verzeichnungen (im "normalen" Aufnahmemodus sind diese deutlich weniger ausgeprägt) und Unschärfen, in der Mitte ist das Bild jedoch knackig scharf und der Detailreichtum beeindruckend, selbst auf einem Monitor, der mit lediglich 1.680 x 1.050 Pixeln auflöst.

Fazit: Dass Hersteller in dem noch jungen Markt für Actioncams aus der Masse kleiner, quadratischer und weitgehend schmuckloser Geräte hervorzustechen versuchen, ist legitim. Der praktische Zusatznutzen der zweiteiligen Kabel-Konstruktion bei Panasonics HX-A500 erschließt sich einem jedoch nicht. Wer nicht gerade gemütlich wandern geht, wie auf dem Werbebild des Herstellers, der will beim Sport größtmögliche Bewegungsfreiheit genießen - und da sind Kabel nun einmal hinderlich, schlimmstenfalls sogar gefährlich. Auch die Befestigung der Kamera am Oberarm ist der Bedienung nicht zuträglich. Eine Kombination aus Kamera und drahtloser Fernraktikablere Lösung gewesen.

Zu diesen gerätespezifischen Problemen gesellen sich zum aktuellen Zeitpunkt noch ganz grundlegende, die der hohen 4K-Auflösung geschuldet sind: Es mangelt an kompatiblen Geräten, zudem bedarf es großer Speicherkarten und leistungsstarker Rechner, um die anfallenden Datenmengen zu bewältigen. Interessierte sollten sich daher vor dem Kauf der derzeit rund 370 Euro teuren Actioncam ganz genau überlegen, ob diese a) aufgrund ihrer Konstruktion zur Lieblingssportart kompatibel ist und ob ihre Aufnahmen b) überhaupt entsprechend verarbeitet und wiedergegeben werden können.

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