Steckt viel weg

Nikons Outdoor-Systemkamera AW1 im Härtetest

Elektronik
16.11.2013 09:00
Der Herbst ist für viele Fotografen die schönste Jahreszeit: Früh morgens versinkt die Landschaft im stimmungsvollen Nebel, ab Mittag erstrahlt sie in kräftig leuchtenden Gelb- und Rottönen. Sinken die Temperaturen jedoch und beginnt es zu allem Überdruss auch noch zu regnen, bleiben viele lieber zu Hause – auch, weil sich sensible Technik und widrige Witterung nur schwer miteinander vertragen. Abhilfe verspricht nun Nikon mit seiner Nikon 1 AW1, der laut eigenen Angaben weltweit ersten wasserdichten und stoßfesten Wechselobjektiv-Kamera. krone.at hat die robuste Systemkamera dem Härtetest unterzogen.

Es gibt Dinge, die sollte man als Fotograf vermeiden, insbesondere wenn es sich bei dem bevorzugten Arbeitsgerät um eine Kamera mit Wechselobjektiv handelt. Dazu gehört, dass man diese fallen lässt oder hoher Feuchtigkeit aussetzt. Zu groß ist die Gefahr, dass ansonsten durch Stoßeinwirkung oder Korrosion Schäden am Innenleben und dem Objektiv entstehen.

Wer auf Nummer sicher will, kann zu speziellen Mitteln wie beispielsweise einem Regenschutz oder einem Unterwassergehäuse greifen. Beide Lösungen sind jedoch in den seltensten Fällen praktisch, geschweige denn kostengünstig. Eine andere Möglichkeit, den Widrigkeiten der Natur zu trotzen, stellen sogenannte Outdoor-Kameras dar. Doch gegenüber einer Spiegelreflex- oder Systemkamera mit Wechselobjektiv bieten sie oftmals nur eingeschränkte gestalterische Möglichkeiten.

Trotzt Wasser, Kälte, Staub und Stößen
Mit der Nikon 1 AW1 prescht Nikon nun in eine bislang unbesetzte Nische vor: Das neueste Mitglied der 1-Produktfamilie vereint die Vorzüge einer Outdoor-Kamera mit jenen einer Systemkamera. Sie ist also nicht nur kompakt, leicht und weitgehend resistent gegen Wasser, Kälte und Staub, sondern erlaubt zudem die Verwendung unterschiedlicher Objektive, die – im besten Fall – auch gegen Witterung geschützt sind.

Aktuell sind dies allerdings nur zwei Linsen: ein Zoomobjektiv mit Brennweite 11-27,5 mm und Blende 1:3,5-5,6 sowie eine lichtstarke 10-mm-Festbrennweite mit Blende 1:2,8. Beide Objektive sind wie die Kamera selbst bis zu einer Tiefe von 15 Metern wasserdicht, stoßfest aus einer Fallhöhe von bis zu zwei Metern sowie frostbeständig bis zu minus zehn Grad Celsius. Für alle anderen Nikon-Objektive gilt, was schon bislang der Fall war: Sie sollten mit der nötigen Nachsicht behandelt werden.

Im Test mussten wir uns jedoch nicht in vornehmer Zurückhaltung üben: Das speziell für die Nikon 1 AW1 gefertigte Kit-Zoomobjektiv überstand dank extra Gummidichtung um den Zoomring sowie einem zusätzlichen vorderen Schutzglas nicht nur ein längeres Wasserbad (siehe kleines Bild), sondern "überlebte" auch zwei Stürze aus rund 1,70 Metern auf den Rasen. Dass die Kamera selbst Crashs auf härteren Untergrund wegzustecken vermag, davon zeugten einige Schrammen und Macken im Gehäuse, die dort offenbar unsere Vortester hinterlassen haben.

Gutes Mittelmaß bei Bildqualität
In puncto Bildqualität bietet die Nikon 1 AW1 gutes Mittelmaß. Der schon aus anderen 1-Modellen bekannte Bildsensor löst mit 14,2 Megapixeln auf und bietet einen ISO-Bereich bis 6.400. Wird es allerdings zu schummerig, macht sich recht bald störendes Bildrauschen bemerkbar – eine negative Folge des mit einem Zoll (13,2 x 8,8 mm) vergleichsweise klein bemessenen CX-Sensorformats, das sich größenmäßig zwischen guten Kompaktkamerasensoren und solchen im Four-Thirds-Standard bewegt, wie es Olympus und Pansonic für ihre Systemkameras verwenden.

Schnell und scharf
Pluspunkte sammeln kann die AW1 dafür wieder in Sachen Geschwindigkeit: Nach nur rund einer Sekunde betriebsbereit, fertigt sie Serienaufnahmen mit bis zu 15 Bildern pro Sekunde und sogar 60 Bilder bei nicht nachführendem Autofokus. Letzterer, ein Hybrid-Autofokus mit Phasen- und Kontrasterkennung, arbeitet nicht minder schnell und findet selbst bei wenig Umgebungslicht zuverlässig die richtige Schärfe, wie wir bei einem Ausflug in die Wachau in den Gewölben der Burgruine Aggstein erleben konnten (siehe hochauflösende Bilder auf Flickr).

Leicht zu bedienen, schwer zu meistern
Was die Bedienung anbelangt, dürften insbesondere Besitzer einer Spiegelreflexkamera bei der AW1 das eine oder andere Wählrad oder Schalterchen vermissen. Wohl aus Gründen der Wasserdichtheit wird auf Derartiges jedoch verzichtet. Wer Einstellungen an der Kamera vornehmen möchte, muss dies daher mittels Steuerkreuz und über das Menü tun, das lobenswerterweise sehr aufgeräumt und intuitiv bedienbar ist.

Eine Ausnahme stellt allerdings der manuelle Modus dar. Blende und Belichtungszeit lassen sich hier nur umständlich über das Steuerkreuz und die Zoomtasten einstellen, wie wir erst nach einem Blick in die Bedienungsanleitung erfuhren. Schon einfacher, wenn auch nur indirekt, lassen sich dieselben Effekte im Automatikmodus über die beiden Funktionen "Hintergrundschärfe" und "Bewegungsunschärfe" erzielen. Wie sich dies auf das fertige Bild auswirkt, wird unmittelbar auf dem drei Zoll großen Monitor sichtbar.

Und "Action Control"!
In erster Linie dürfte sich die Kamera aber ohnehin an die Schnappschuss-Fraktion richten, der es darum geht, möglichst unkompliziert und schnell Eindrücke festzuhalten. Damit dies selbst unter Wasser oder im Winter mit dicken Handschuhen mühelos gelingt, verfügt die Nikon 1 AW1 über eine zusätzliche Möglichkeit der Bedienung, die sogenannte Action Control. Sie erlaubt es dem Fotografen, bei gleichzeitigem Drücken nur einer Taste den bevorzugten Aufnahmemodus durch Neigung der Kamera zu bestimmen. Dafür muss die Kamera lediglich so weit geneigt werden, bis ein virtueller Pfeil auf den gewünschten Modus zeigt.

Zur weiteren Ausstattung der Kamera zählen ein ausklappbarer und ebenfalls wasserdichter Blitz, ein GPS/Glonass-Empfänger, ein elektronischer Kompass sowie ein Höhen- (minus 500 bis 4.500 Meter) und ein Tiefenmesser (null bis 20 Meter). Filmen lässt es sich mit der Nikon 1 AW1 selbstredend auch, und zwar in Full-HD-Qualität mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde.

Fazit: Die Nikon 1 AW1 hält, was sie verspricht - nämlich viel aus. Dies macht sie zur bevorzugten Kamera für all jene, die sich gerne und oft aktiv in der freien Natur aufhalten. In Sachen Bildqualität mag die Nikon aufgrund ihres kleineren Sensors vielleicht nicht an die anderer Systemkameras heranreichen, doch ein verrauschtes Bild ist immer noch besser als gar keines, weil man die Kamera aus Angst vor etwaigen Schäden bei Wind und Wetter erst gar nicht mitgenommen hat. Derlei Sorgen sind bei der Nikon 1 AW1 unbegründet – vorausgesetzt, man hat auch ein ebenfalls geschütztes Objektiv drauf. Das Angebot an entsprechenden Linsen ist aktuell noch mager; es bleibt also zu wünschen, dass Nikon sein Sortiment bald um entsprechende Outdoor-Linsen erweitert. Der Preis für die Nikon 1 AW1: im Set mit beiden Objektiven 999 Euro, mit nur dem Zoomobjektiv ab derzeit günstigstenfalls 716 Euro.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele