"Hintertür"

Netzwerke infiltriert: Spioniert Huawei für China?

Elektronik
17.07.2012 11:20
Laut einem ehemaligen Analysten des US-Verteidigungsministeriums hat China in rund 80 Prozent aller Telekommunikationsnetzwerke weltweit eine "Hintertür" versteckt, über die sich Daten nicht nur ausspionieren, sondern auch verändern und sabotieren lassen. An dem Aufbau dieses Spionagesystems behilflich gewesen sein sollen chinesische Netzwerkausrüster wie Huawei, dem deshalb vor allem in westlichen Ländern Misstrauen entgegenschlägt. Zu Unrecht, wie ein Sprecher des Unternehmens betont.

Wie der einstige Pentagon-Mitarbeiter Michael Maloof gegenüber der Website "WND" schildert, soll es China durch den gezielten Aufbau von Netzwerkausrüstern wie Huawei oder ZTE gelungen sein, weltweit Telekommunikationsnetzwerke zu infiltrieren. Nicht näher genannten Quellen zufolge sollen demnach jegliche Informationen, die über ein Huawei-Netzwerk laufen, unsicher sein – sofern sie nicht durch militärische Verschlüsselungstechnologien geschützt seien. Und selbst dann sei davon auszugehen, dass in China mit aller Kraft an der Entschlüsselung gearbeitet werde, so Maloof.

Einen Beweis für seine Theorie sieht er unter anderem im großen Erfolg Huaweis: "Im Jahr 2000 war Huawei außerhalb Chinas praktisch unbekannt und ist bis 2009 zu einem der größten Netzwerkausrüster herangewachsen, dem zweitgrößten nach Ericsson." Huawei ist damit das erste multinationale Unternehmen aus China, das westliche Technologiekonzerne auf ihren Heimatmärkten schlägt.

"Damit fühlen sich die Leute nicht wohl - und es öffnet Wettbewerbern und opportunistischen Politikern die Tür, Angst, Ungewissheit und Zweifel zu streuen", meint David Wolf, Autor eines Buches über Chinas Telekommunikationsmarkt und Gründer des Beratungsunternehmens Wolf Group Asia. China sei schließlich kein Verbündeter der entwickelten Länder, "sondern ein potenzieller Rivale."

Wegen Sicherheitsbedenken von Geschäften ausgeschlossen
In den USA, in Australien und jüngst auch Deutschland wurde Huawei bereits wegen nicht näher erläuterter Sicherheitsbedenken von Geschäften ausgeschlossen. Unternehmenskreise sehen ein "Totschlagargument". So hatte das Deutsche Forschungsnetz den Auftrag für den Ausbau seines bisher mit Huawei betriebenen Wissenschaftsnetzes doch lieber an ein israelisches Unternehmen vergeben. Huawei wurde aus formellen Gründen gar nicht erst zur Ausschreibung zugelassen, doch inoffiziell beschieden, "die Sicherheitsanforderungen nicht zu erfüllen", wie es hieß.

Huawei: "Erfolg basiert auf Vertrauen"
Weltweit operiert Huawei mit 146.000 Mitarbeitern in mehr als 150 Ländern. Der Umsatz des größten chinesischen Privatunternehmens stieg 2011 um 11,7 Prozent auf 203 Milliarden Yuan (26,1 Milliarden Euro) - zwei Drittel davon im Ausland. Huawei expandiert in Smartphones und Tablets, will dieses Jahr 15 bis 20 Prozent wachsen. 45 der 50 größten Telekom-Netzwerke der Welt arbeiten heute mit Ausrüstung von Huawei. "Ein solcher Erfolg lässt sich nicht erreichen, wenn die Kunden nicht deinem Unternehmen, deinen Mitarbeitern und deiner Technologie vertrauen", sagt Roland Sladek, Huawei-Sprecher am Hauptsitz in der Metropole Shenzhen in Südchina.

Verdächtigungen nicht mehr zeitgemäß
Die Verdächtigungen erscheinen unabhängigen Experten angesichts globaler Lieferketten auch nicht mehr zeitgemäß. Alle großen Telekom-und Informationstechnologiefirmen - selbst die Konkurrenten Ericsson, Cisco und Alcatel-Lucent - lassen heute in China fertigen, ohne dass jemand Sicherheitsprobleme befürchtet, wie die US-Denkfabrik American Enterprise Institute in einer Studie zu Huawei hervorhebt. In Zeiten weltumspannender Informationsnetze, wo Hackerangriffe genau wie Industriespionage keine Grenzen kennen, sind "Freund" und "Feind" ohnehin nicht mehr so auseinanderzuhalten wie noch im Kalten Krieg.

Nähe zum chinesischen Militär?
Dennoch wird Huawei gerne weiterhin unterstellt, Beziehungen zum chinesischen Militär zu unterhalten. Dafür wird allein auf den Gründer Ren Zhengfei verwiesen, der einst als leitender Ingenieur in der Volksbefreiungsarmee tätig war und 1982 als Delegierter in den Volkskongress aufgenommen wurde. Als sein Ingenieurcorps aufgelöst wurde, verließ er 1983 die Armee, arbeitete erst für eine Ölfirma und machte sich dann 1987 selbstständig und gründete Huawei.

In den 90er-Jahren war das Unternehmen mit robuster Ausrüstung auf dem Lande erfolgreich, während westliche Telekom-Riesen in Chinas Städten den Markt kontrollierten. Gerade die Distanz zur Regierung gilt als sein Erfolgsrezept. Huawei ist auch nicht an der Börse, sondern gehört zu 98,5 Prozent seinen Mitarbeitern, die Anteile halten. "Niemand hat jemals einen Beweis geliefert, dass Huawei irgendwie in Militärtechnologie verwickelt ist", sagt Huawei-Sprecher Sladek. Auch Experte Wolf stellt fest: "In meinen Recherchen habe ich nicht ein einziges Mal direkte Verbindung zum Militär gefunden."

Cyber-Prüfzentrum soll helfen, Misstrauen zu zerschlagen
Um dem Misstrauen zu begegnen, öffnet sich Huawei und weist die Vorwürfe offensiv zurück. In Großbritannien wurde mit der Regierung ein Cyber-Security-Prüfzentrum mit amtlich anerkannten, unabhängigen Experten gegründet, die Huaweis Produkte und Dienstleistungen auf ihre Sicherheit testen können. "Wirksame Sicherheitslösungen müssen global und industrieweit sein", sagt Sprecher Sladek. In Kanada und den USA arbeitet Huawei ähnlich mit der unabhängigen Firma Electronic Warfare Associates zusammen, um Vorwürfe zu entkräften.

US-Markt bleibt Huawei verwehrt
"Sonnenlicht ist das beste Desinfektionsmittel", sagt Experte Wolf. Huawei müsse lernen, dass mit zweierlei Maß gemessen werde. "Sie müssen nicht nur so offen wie westliche Unternehmen sein, sondern noch offener." Doch bleibt Huawei der US-Markt weitgehend verschlossen. "Der Frust ist groß", erzählt eine unabhängige westliche Quelle, die das Unternehmen von innen kennt.

Auch die Experten vom American Enterprise Institute kritisieren undurchsichtige Genehmigungsverfahren durch das Komitee für ausländische Investitionen in den USA und den Mangel an klaren Regeln, wenn es um Beteiligungen chinesischer Unternehmen wie Huawei in den USA geht. US-Regierungsbeamte übten unverhohlen Druck auf US-Unternehmen aus, nicht mit Huawei zusammenzuarbeiten, und verwiesen auf Sicherheitsbedenken, "ohne spezifische Details zu nennen". Huawei-Sprecher Sladek vermutet Protektionismus: "Im Schatten der globalen Wirtschaftskrise erwägen einige Länder, ihren Schutz gegen bestimmte Industrien zu verstärken."

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