"Blech-Kollege"

Mit dem Roboter in die Arbeit: Neuer Trend Telepräsenz

Elektronik
03.01.2013 07:57
Dallas Goecker nimmt an allen Sitzungen teil, scherzt mit seinen Kollegen und streift wie jeder andere Mitarbeiter durch die Gänge seiner Firma im Silicon Valley. Doch der US-Ingenieur ist nicht in Kalifornien, sondern in seinem 3.700 Kilometer entfernten Zuhause im US-Bundesstaat Indiana. Dass er dennoch täglich in der Arbeit "erscheint", verdankt Goecker dem Telepräsenz-Roboter "Beam".

Der anderthalb Meter große Bildschirm auf zwei Rädern ermöglicht es Mitarbeitern wie Goecker, auch über Tausende Kilometer hinweg an einem anderen Ort physisch anwesend zu sein und mit den Kollegen wie gewohnt zu interagieren. "Ich sitze mit ihnen im Büro und bin Teil ihrer Unterhaltungen", erläutert Goecker gegenüber der Nachrichtenagentur AP die Vorzüge der Telepräsenz.

Goecker ist Mitarbeiter des US-Unternehmens Suitable Technologies – Hersteller des "Beam" (siehe Video oben) und einer von aktuell rund einem Dutzend Anbietern sogenannter Tele- oder auch Fernpräsenzroboter. Ausgestattet mit Videokameras, Lautsprechern und Mikrofonen, werden die von jedem PC der Welt aus über das Internet steuerbaren Geräte zum Sprachorgan eines entfernt arbeitenden Nutzers.

Dank Computern, Smartphones, E-Mail, Instant Messaging und Videokonferenzen könnten zwar immer mehr Mitarbeiter von ihrem Zuhause aus arbeiten, doch derartige Technologien seien kein Ersatz für die tatsächliche Anwesenheit im Büro, wo direkte Kommunikation die Zusammenarbeit und Kameradschaft der Mitarbeiter untereinander fördere, so der Bericht.

Beobachter sagen Telepräsenz große Zukunft voraus
Branchenbeoachter sagen den Maschinen daher eine große Zukunft voraus. Philip Solis, Marktforscher bei ABI Research, schätzt dem Bericht nach, dass der weltweite Markt für Telepräsenz-Roboter bis 2017 auf 13 Milliarden Dollar wachsen wird. Auch Pamela Hinds von der Universität Stanford sieht in der Technologie "großes Potential": "Ich denke nicht, dass die direkte Face-to-Face-Kommunikation verschwinden wird, aber die Frage ist, wie viel davon ersetzt werden kann?"

Anwendung könnten die Roboter schließlich nicht nur im Büro finden: Manager könnten mittels Telepräsenz Firmeninspektionen im Ausland durchführen, Familienmitglieder bei der älteren Verwandtschaft nach dem Rechten sehen oder Kunstliebhaber durch entfernte Museen streifen.

Hohe Anschaffungskosten
Der russische Fondsbetreiber Dimitri Grishin träumt bereits von Telepräsenz-Robotern in "jedem Heim und Büro". Über seinen Fonds Grishin Robotics wurden erst kürzlich 250.000 Dollar in das Unternehmen Double Robotics investiert. Das Startup konnte bislang über 800 Stück seines "Double" getauften Telepräsenz-Roboters verkaufen. Steuern lässt sich das 2.000 Dollar teure Gerät via iPhone oder iPad. Das Apple-Tablet dient auch als "Kopf", über den es per Face-Time-Software kommunizieren lässt.

Noch teurer schlägt der seit Dezember erhältliche "Beam" zu Buche: 16.000 Dollar (12.000 Euro) werden für den Roboter fällig, weitere 950 Dollar für die Docking-Station, in der das Gerät seinen Akku auflädt und die Wartezeit bis zum nächsten Einsatz überbrückt. Als Abnehmer konnten bislang vorwiegend Technik-Unternehmen gewonnen werden, die über ein weit verzweigtes Netz an Ingenieur-Teams verfügen.

Diverse "Kinderkrankheiten"
Noch haben die Roboter, von den hohen Anschaffungskosten einmal abgesehen, jedoch mit diversen "Kinderkrankheiten" zu kämpfen. Dem Bericht nach sei es schwer, sie zu navigieren. Breche die Internetverbindung ab, blieben die Roboter stecken und Stiegen bedeuteten häufig den Tod. Problematisch sei außerdem, dass weniger technikaffine Menschen die Maschinen zu seltsamen finden könnten, um sie regelmäßig zu verwenden.

In die Arbeit "beamen"
Dallas Goecker möchte auf seinen Beam dennoch nicht mehr verzichten. Er zog vor einigen Jahren in seine alte Heimat Indiana zurück, um seine Kinder aufzuziehen. Inzwischen "beamt" sich jeden Tag fast die Hälfte der insgesamt 25 Mitarbeiter von Suitable Technologies per Telepräsenz in die Arbeit nach Palo Alto. Unter ihnen auch Software-Entwickler Josh Faust, der sich zum Surfen in Hawaii niedergelassen hat. Kommenden Winter möchte er vielleicht zum Skifahren nach Nevada an den Lake Tahoe ziehen.

"Ich versuche gerade herauszufinden, wo ich leben möchte", sagte er im Interview mit der AP. Mithilfe der Telepräsenz sei dies möglich, und zwar ohne die Instabilitäten, die die Suche nach einem neuen Job bei einem Umzug normalerweise mit sich bringe. "Das ist ziemlich fantastisch."

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