"Treuebruch"

Microsoft ließ PC-Partner über Surface im Dunkeln

Elektronik
20.06.2012 11:02
Microsoft soll seine Hardware-Partner über die eigenen Tablet-Pläne im Dunkeln gelassen haben. Manche von ihnen, obwohl seit vielen Jahren mit dem Konzern im Geschäft, hätten erst während der Surface-Präsentation durch Microsoft-Chef Steve Ballmer davon erfahren, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. In der Industrie herrsche ein "Gefühl von Verrat und Treuebruch".

Mit ersten Informationen zu Microsofts Vorhaben, ins Tablet-Geschäft einzusteigen, rückte das Unternehmen demnach erstmals am Freitag heraus – und damit gerade einmal drei Tage vor der offiziellen Vorstellung des Surface-Tablets (siehe Infobox) vor ausgesuchten Medienvertretern am Montagabend in Los Angeles.

Drei Tage vorher per Telefon informiert
Windows-Chef Steven Sinofsky habe eine "Telefonrunde" gemacht und Partner aus der PC-Industrie angerufen. Angaben zum Namen des Geräts oder Spezifikationen habe Sinofsky aber nicht gemacht, weshalb die Partner für weitere Details auf die Pressekonferenz hätten warten müssen, heißt es in dem Bericht unter Berufung auf zwei dem Softwarekonzern nahestehende Quellen, die anonym bleiben möchten.

Acer und Asus erfuhren erst durch Präsentation von Surface
Vollkommen kalt erwischt haben dürfte es Acer und Asus: Die beiden PC-Hersteller, immerhin Nummer vier und fünf auf dem Markt und zusammen für 16 Prozent des weltweiten PC-Absatzes verantwortlich, erfuhren dem Bericht nach erst unmittelbar während der Präsentation von den Plänen. "Wir waren ziemlich überrascht", sagte ein Acer-Manager gegenüber Reuters und beteuerte zugleich, in der Woche zuvor nicht von Microsoft informiert worden zu sein. Man sei noch immer damit beschäftigt, sich die Details zu den neuen Surface-Tablets zusammenzusuchen.

Partner laut Microsoft-Chef Ballmer vorab informiert
Aus dem Mund von Microsoft-Chef Ballmer hatte dies nach der Surface-Vorstellung noch ganz anders geklungen. In einem Gespräch mit dem zum "Wall Street Jounal" gehörenden Technik-Blog "All Things Digital" hatte Ballmer betont, dass die PC-Hersteller - im Gegensatz zu vielen Microsoft-Mitarbeitern, vor denen man das Projekt geheimhalten konnte - "nicht total überrascht" gewesen seien.

"Unsere PC-Partner waren vorab darüber informiert, dass wir im Tablet-Bereich etwas ankündigen", so Ballmer. Auf die Frage, wie diese darauf reagiert hätten, antwortete der Microsoft-Chef allerdings nicht. Stattdessen unterstrich Ballmer, dass Surface zwar wichtig für den Erfolg von Windows 8 sei, aber nicht das einzige Tablet mit dem kommenden Betriebssystem sein werde.

"Ein Gefühl von Verrat"
Dennoch soll der Umstand, dass einige Hardware-Partner über die Tablet-Pläne informiert wurden, andere hingegen nicht, innerhalb der Industrie für einigen Unmut sorgen. Ein "Gefühl von Verrat und Treuebruch" gehe einer Reuters-Quelle zufolge um. Dass Microsoft nun nicht länger nur Partner, sondern auch Mitbewerber sei, könnte die Bereitschaft der Hersteller, so eng wie bislang mit dem Konzern zusammenzuarbeiten, beeinflussen, schätzt ICT-Marktforscher Andrew Milroy.

Nach außen hin geben sich viele Hersteller allerdings weiterhin kooperativ. Sowohl Dell als auch Lenovo betonten in offiziellen Stellungnahmen die gute Zusammenarbeit mit Microsoft und dass diese auch in Zukunft fortbestehen werde.

"Surface-Preis für weiteres Verhältnis ausschlaggebend"
Ausschlaggebend für das weitere Verhältnis zwischen Microsoft und seinen Hardware-Partnern ist laut Auffassung des New Yorker Analysten Jan Dawson jetzt, zu welchem Preis Surface in die Läden kommen wird. Sollte Microsofts Tablet günstiger angeboten werden als vergleichbare Produkte seiner Partner, riskiere der Konzern, diese weiter abzuschrecken. Doch so oder so: Schon jetzt dürften sich viele von ihnen "gekränkt" fühlen, weil sie nicht rechtzeitig in die Surface-Pläne eingeweiht wurden, sagte Dawson.

Noch härter ins Gericht mit Microsoft geht dem Bericht nach ein Manager eines chinesischen Smartphone-Herstellers: "Microsoft täte gut daran, sich auf die Entwicklung von Software zu konzentrieren und das Geschäft mit Hardware seinen Partnern zu überlassen."

Microsoft selbst hingegen hatte während der Präsentation seine lange Tradition als Hardwarehersteller (Mäuse, Tastaturen, Xbox, Kinect) unterstrichen. Und auch bei der Frage nach dem Preis für das Tablet zeigt man sich versöhnlich: In einer Pressemitteilung heißt es, dass die Surface-Modelle "konkurrenzfähig" zu vergleichbaren ARM-Tablets bzw. Ultrabooks sein werden – von einem Kampfpreis kann derzeit demnach nicht die Rede sein.

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