Mit Glass im Kino

Mann wegen Datenbrille 3,5 Stunden vom FBI verhört

Elektronik
22.01.2014 09:10
Im US-Bundesstaat Ohio ist einem Kinobesucher seine Datenbrille zum Verhängnis geworden. Weil dem Kinobetreiber die Brille auf der Nase des Besuchers seltsam vorkam und er vermutete, damit sollte während der Vorführung mitgefilmt werden, verständigte er die Behörden. Das Resultat: Dem Besucher wurde während der Vorführung von einem FBI-Beamten die Datenbrille aus dem Gesicht gerissen, es folgte ein 3,5 Stunden andauerndes Verhör.

Die Datenbrille hatte der Mann rund zwei Monate vor dem Zwischenfall im Zuge des Explorer-Programms, bei dem User Google Glass testen können, bei Google erworben. Weil es ihm bequemer erschien, ließ er sich Gläser mit der richtigen Dioptrien-Zahl für seine Datenbrille anfertigen und trug diese fortan als Ersatz für seine herkömmliche Brille.

So kam es, dass die Google-Brille in ausgeschalteter Form auch bei Kinobesuchen auf der Nase des Testers verblieb. Zweimal gelang dies ohne Konsequenzen, beim dritten Mal allerdings hatte der Mann ziemliches Pech.

FBI-Mann riss Datenbrille von der Nase
Rund eine Stunde, nachdem er mit seiner Frau im Kino Platz genommen hatte, näherte sich ihm ein unbekannter Mann, der ihm eine Marke unter die Nase hielt und die Datenbrille unsanft aus dem Gesicht des Glass-Testers riss. Der geschockte Kinobesucher musste dem Mann folgen und sah sich plötzlich mit einem Aufgebot von fünf bis zehn Polizisten konfrontiert.

Der verwirrte Mann fragte die Beamten, worum es eigentlich gehe, und erhielt zur Antwort, dass er dabei ertappt worden sei, den Film mit seiner Datenbrille aufzuzeichnen. Obwohl er das Missverständnis – die Datenbrille war immerhin abgeschaltet – klären wollte, beharrten die Beamten auf ihrer Theorie und brachten den vermeintlichen Filmpiraten und seine Frau in zwei getrennte Zimmer im Verwaltungsbereich des Kinos zum Verhör.

Für "freiwilliges" Verhör festgehalten
Die Datenbrille hatte man ihm bereits abgenommen, seine beiden Mobiltelefone und seine Geldbörse wurden nun ebenfalls eingezogen. Insgesamt 3,5 Stunden habe man ihn in einem Büro verhört, klagt der Mann gegenüber der Technikwebsite "The Gadgeteer". Obwohl er den Beamten angeboten habe, einfach per USB-Kabel auf seiner Datenbrille nach dem vermeintlichen Film-Mitschnitt zu suchen, hätten sie ihn weiter verhört.

Er führe ein freiwilliges Gespräch mit ihnen, könnte allerdings in ernsthafte Schwierigkeiten geraten, falls er einfach gehe, drohte man ihm. Anschließend folgten zahlreiche Fragen: Wer er sei, wo er wohne, welchen Job er habe, was er verdiene, wie viele Computer er besitze, warum er Filmpirat sei. Auch zu seiner Datenbrille hatten die Beamten Fragen: Wo er sie her habe, wie viel Google ihm zahle und wer sein Boss sei.

Erst nach quälend langen 3,5 Stunden kamen die Beamten der Bitte des Mannes nach, doch einfach den Inhalt der Datenbrille zu überprüfen. Fünf Minuten und eine Durchsicht seiner Familienfotos später war er frei und die Behörden verloren ihr Interesse an ihm. Lediglich der Vertreter der Filmindustrie, der das FBI hinzugezogen hatte, blieb. Er übergab dem Mann vier Kinogutscheine – als Entschädigung für den entstandenen Stress.

Google Glass als juristische Herausforderung
Der Vorfall zeigt: Wenn Googles Datenbrille und vergleichbare Geräte im Laufe der nächsten Monate und Jahre Massentauglichkeit erlangen, wird man sich vielerorts Gedanken machen müssen, wie man mit derlei Apparaten umgeht. Nicht nur im Kino, wo sie zum Abfilmen aktueller Streifen verwendet werden könnten.

Sondern generell in der Öffentlichkeit oder im Unternehmensumfeld, schließlich könnten mit Datenbrillen jederzeit unbemerkt Aufnahmen ohne das Einverständnis des Gegenübers gemacht werden, im wirtschaftlichen Bereich bestünde sogar die Gefahr der Industriespionage. Hinzu kommt die Gefahr, dass die Datenbrille von Tätigkeiten wie dem Autofahren ablenkt.

Manch eine Einrichtung in den USA hat Googles Datenbrille wegen dieser Datenschutzbedenken schon vor dem Start verboten – etwa eine Bar in Seattle, die keine ungewollten Aufnahmen anderer Gäste toleriert (siehe Infobox). Für die große Masse der Organisationen und Unternehmen ist die Datenbrille aber noch völliges Neuland, wie auch die überzogene Reaktion des Kinobetreibers in diesem Fall zeigt.

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