"A better Windows"

Die besten Gründe für Windows 8 – aus Sicht von Microsoft

Digital
29.06.2012 10:37
Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht. Microsoft daher viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Groß ist die Skepsis gegenüber dem neuen, bunten Betriebssystem Windows 8, das auf den ersten Blick so gar nichts mehr mit dem gewohnten Windows gemein zu haben scheint. Stimmt nicht, betonte Microsoft in Amsterdam, um beim einzigen Presse-Event auf europäischem Boden vor der Veröffentlichung die Vorzüge seines neuen Betriebssystems zu unterstreichen. krone.at war vor Ort.

Windows-Entwickler Antoine Leblond brachte es in seinen Eröffnungsworten unmissverständlich zum Ausdruck: Die Welt ist im Wandel. Dominierten in der Vergangenheit überwiegend wenig attraktive Desktop-PCs den Markt, so stünden dank zunehmender Mobilität und Konnektivität nun vermehrt Tablets und Smartphones mit ihren berührungsempfindlichen Bildschirmen im Vordergrund. Diese gesteigerte Mobilität führe schließlich auch dazu, dass sich die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem zunehmend vermischten. Der Mitarbeiter, der mit seinem eigenen Notebook oder Tablet von zu Hause aus, unterwegs oder im Büro damit arbeitet - für Microsoft ist dieses Szenario längst Realität.

"Ein besseres Windows als Windows 7"
Für Windows sei es daher an der Zeit gewesen, sich diesen neuen Bedingungen und gesteigerten Anforderungen anzupassen – zumal das aktuelle Windows 7 zum Teil noch auf Programmcode von Windows 95 basiere, wie Leblond erläuterte. Trotz aller Änderungen, die Windows 8 während seiner Entwicklung unterlaufen hat, handelt es sich jedoch noch immer um ein Windows - und zwar "ein besseres Windows als Windows 7", so die Botschaft Microsofts. Schließlich ist die Sorge bei PC-Nutzern groß, das neue Windows 8 könnte mit seiner bunten und für Touch-Geräte optimierten Oberfläche zu einem Schmalspur-Betriebssystem verkommen sein.

Schnelle und flüssige Bedienung
Ganz zerstreuen konnte Microsoft diese Bedenken auch während seines unter dem Motto "Exploring Windows 8" stehenden Workshops nicht. Denn im Vordergrund stand zunächst einmal mehr der neue und frisch gekachelte Startbildschirm, von Microsoft als "das Gesicht von Windows" bezeichnet. Der für die "User Experience" verantwortliche Manager Chaitanya Sareen demonstrierte eindrucksvoll, wie leicht, intuitiv und geradezu spielerisch sich das neue Design mit seinen von Windows Phone bekannten Live-Tiles, die den Nutzer in Echtzeit mit Informationen versorgen, ohne dass dieser die entsprechende Anwendung dafür nutzen müsste, bedienen lässt. Ein Wisch hier, ein Wisch dort, verkleinern, vergrößern, verschieben, gegenüberstellen oder Inhalte direkt aus der App heraus mit Freunden teilen – alles gehe "fast and fluid" (schnell und flüssig) von der Hand, so Sareen.

Nicht bloß zum Konsumieren
Und bei Bedarf auch "von der Maus", liegt doch eine der wohl größten Stärken des neuen Windows 8 in der nahtlosen Vereinbarkeit von Touch-Bedienung und Computermaus plus Keyboard in einem Gerät. Oder wie es Microsoft nennt: Der Vereinbarkeit von "Consumption and Creation", also der bloßen Konsumation von Inhalten und deren Erschaffung. "Warum zwei Geräte mitbringen, wenn du eines haben kannst?", spielte Sareen auf Journalisten an, die mit Tablet und Notebook angereist waren, um von den Vorzügen beider Geräteklassen zu profitieren.

Für Unverständnis bei Testern der Consumer bzw. Release Preview hatte zuletzt allerdings immer wieder gesorgt, dass Microsoft zwischen den jeweiligen Bedienungsarten unterscheidet, also je nach Touch- oder Maus-Steuerung vom Nutzer unterschiedliche Gesten verlangt, um etwa auf die Schnellzugriffsleiste oder die Liste der zuletzt geöffneten Apps zugreifen zu können. In Amsterdam konnte Microsoft-Manager Sareen diese Entscheidung plausibel begründen: Dass man mit der Maus die Ecken und nicht wie bei der Touch-Bedienung die Bildschirmränder ansteuern müsse, habe damit zu tun, dass bisherige Bedienelemente wie der Zurück- oder der Startmenü-Button über die Ecken aufzurufen gewesen seien. Im Touch-Modus würden Tablets hingegen vor allem mit den beiden Daumen bedient, und mit diesen seien die Ränder eben einfacher zu erreichen als die Ecken.

Kein Bling-Bling
Neben der Bedienbarkeit sei jedoch auch die Übersichtlichkeit ein wichtiges Kriterium bei der Entwicklung des neuen Betriebssystems gewesen, so Sareen. Microsoft selbst spricht diesbezüglich von "no chrome" ("kein Chrom") oder anders ausgedrückt: kein Bling-Bling und überflüssiger Schnickschnack. Stattdessen setzt der Konzern auf eine klare Formensprache, die sich durch nahezu alle Anwendungen wie den neuen Internet Explorer 10 oder die Kontaktverwaltung mit ihrer tiefen Integration in soziale Netzwerke zieht. In der Praxis bedeutet dies, dass die Anzahl der sichtbaren Bedienelemente auf ein Minimum reduziert wird. Was seltener bis kaum gebraucht wird, verschwindet stattdessen in extra aufrufbaren Kontextmenüs bzw. -leisten.

App-Vielfalt
Das gilt auch für Anwendungen von Drittanbietern, die Microsoft für den Erfolg von Windows 8 dringend benötigt und daher dementsprechend umwirbt. Denn um auf dem heiß umkämpften Tablet-Markt Fuß fassen zu können, braucht es bereits zum Start möglichst viele der kleinen Anwendungen. Damit Microsoft nicht derselbe Fehler wie bei Windows Phone 7 unterläuft, dessen Marktplatz anfangs sehr überschaubar war, soll Entwicklern der Einstieg in die App-Welt von Windows 8 diesmal besonders einfach gemacht werden. In seinem "Dev Center" stellt der Konzern nicht nur kostenlos die wichtigsten Entwicklerwerkzeuge zur Verfügung, sondern bietet darüber hinaus auch vorgefertigte Programmcode-Zeilen der wichtigsten Funktionen, mit deren Hilfe sich Anwendungen dann nach dem Baukastenprinzip relativ einfach und schnell zusammenklicken lassen, wie Ted Dworkin vom Windows-Store-Team demonstrierte.

Finanziell soll es sich für Entwickler ebenfalls lohnen: Ab einem Erlös von 25.000 Dollar pro App behält sich Microsoft statt 30 Prozent nur mehr 20 Prozent des Umsatzes ein. Die Hürde von 25.000 Dollar mag zunächst hoch erscheinen, geht man allerdings davon aus, dass ab dem 26. Oktober nahezu jeder neue PC, jedes neue Note- oder Ultrabook und viele Tablets mit Windows 8 ausgeliefert werden, relativiert sich diese Zahl schnell. Diese Erfolgsaussichten dürften letzten Endes ein Garant dafür sein, dass Microsofts Windows Store prall gefüllt sein wird.

Schneller und sparsamer
Apps allein sind aber ohnehin nicht alles, und so wies Microsoft im Rahmen seiner Vortragsreihe auch auf ein paar Funktionen und Features hin, die auf den ersten Blick weniger offensichtlich sind. Darunter laut Bill Karagounis vom Windows Performance Team etwa die um 40 Prozent verbesserte Boot-Zeit des Systems. Selbst auf einem älteren, nur durchschnittlich ausgestatteten Notebook startete Windows 8 binnen acht Sekunden. Aber nicht nur die Zeit fürs Hochfahren, auch der Stromverbrauch konnte deutlich gesenkt werden. Sogar in Microsofts als "Connected Standby" bezeichnetem Schlummerbetrieb zieht das Betriebssystem kaum Leistung, ist dabei aber dennoch ähnlich einem Smartphone in der Lage, von einer Sekunde auf die nächste bereit zu stehen, Befehle entgegenzunehmen oder Updates einzuspielen.

Safety first
Ebenfalls neu sind unter der Haube werkende Sicherheitsfunktionen, die Windows 8 sowohl für Privat- als auch Unternehmenskunden interessant machen sollen. So sorgen interne Kontrollmechanismen beim sogenannten "Secure Boot" etwa dafür, dass Schädlingen wie Rootkits bereits beim Hochfahren einen Riegel vorgeschoben bekommen, und sollte doch mal etwas passiert sein, repariert sich Windows quasi automatisch selbst. Darüber hinaus sorgt Windows 8 laut Microsoft dafür, dass Anti-Virus-Tools nach dem Hochfahren noch vor allen anderen Anwendungen gestartet werden. Ein Höchstmaß an Sicherheit garantieren soll auch Microsofts eigene integrierte Sicherheitslösung, Windows Defender, die neuerdings den Computer in Echtzeit auf Bedrohungen scannt.

Windows zum Mitnehmen
Vor allem für Privat-Anwender interessant sein dürfte die Möglichkeit, den PC binnen weniger Minuten neu aufzusetzen. Neben einer Reset-Funktion, die einer Neuinstallation gleichkommt und alles überschreibt, erlaubt eine sogenannte Refresh-Funktion eine Neuinstallation des Betriebssystems bei gleichzeitiger Beibehaltung aller persönndes mit seinem Windows To Go ab. Das "Windows auf einem USB-Stick" erlaubt es beispielsweise Angestellten, von jedem beliebigen PC aus auf ihr gewohntes Arbeitsumfeld zurückgreifen zu können. Wird der Stick abgezogen, bleiben keinerlei Spuren auf dem Rechner zurück, verspricht Microsoft. Und wird der Stick einmal am Rechner vergessen, schützt eine automatische Zeitsperre vor ungewolltem Zugriff.

Windows To Go soll dabei vor allem dem Trend Rechnung tragen, dass immer mehr Arbeitnehmer auf ihrer eigenen Hardware arbeiten wollen, ohne dafür ständig von der IT-Abteilung ihres Unternehmens wegen Sicherheitsupdates und Aktualisierungen "belästigt" zu werden. Stattdessen genüge der Austausch oder das Update des USB-Sticks, auf dem Windows 8 gespeichert ist, und die eigene private Hardware bleibe frei von Firmenanwendungen, so Microsoft.

Neue Einsatzmöglichkeiten
Apropos Firmenanwendungen: Auch diese sollen mit Windows 8 und speziell auf der neuen Oberfläche realisierbar sein, wie die Redmonder anhand einer speziellen Krankenhaus-App demonstrierten. Die Anwendung zeigte, wie Windows-8-Tablets in Zukunft die traditionellen Patientenakten bzw. Klemmbretter ersetzen könnten. Mit einem Wisch könnten Ärzte oder Pfleger Einsicht in die Krankenvorgeschichte ihrer Patienten nehmen, sehen, welche Medikamente ihnen aktuell verabreicht werden, welcher Kollege sie zuletzt untersucht hat oder aber auch, in welches Zimmer sie verlegt wurden - das im Tablet integrierte GPS weist den weiteren Weg. Und mit der Handschrifterkennung und einem entsprechenden Stylus lassen sich last, but not least auch gleich elektronisch die nötigen Unterschriften einholen.

Eine Frage des Preises
Ob Unternehmen und Privatkunden die neuen Möglichkeiten, die ihnen Windows 8 bietet, auch annehmen, bleibt abzuwarten. Abgesehen von einer gewissen Aufgeschlossenheit des Konsumenten gegenüber den softwareseitigen Neuerungen, die zweifelsohne vielversprechend sind, dürfte vor allem das Hardware-Angebot über den Erfolg oder die Niederlage von Windows 8 entscheiden - zumindest auf dem Tablet-Markt, der mit Apples iPad bereits prominent besetzt ist. Microsofts verspätete Antwort auf das Apple-Tablet, Surface (siehe Infobox), hätte wohl alles Zeug dazu, dem iPad Paroli zu bieten - eben weil es nicht nur Tablet, sondern auch Notebook zu sein verspricht. Um konkurrenzfähig sein zu können, müssen Windows-8-Tablets aber nicht nur schön anzusehen, sondern auch günstig sein. Zumindest mit seinem Surface-Tablet auf Basis von Windows RT erfüllt Microsoft diese Anforderung bislang jedoch nicht. Der Einstiegspreis in Deutschland, wo das Tablet bereits erhältlich ist, liegt bei 479 Euro.

Im Bereich der klassischen Desktop-Rechner dürfte Microsoft hingegen vor der Herausforderung stehen, alteingesessene Windows-Nutzer von den Vorzügen des neuen Systems zu überzeugen. Schließlich ist der alte Desktop ja noch immer vorhanden, auch wenn er sich zunächst unter dem neuen Startbildschirm bzw. hinter einer Live-Tile auf diesem versteckt.

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