Einer weniger

Deal perfekt: “3” kauft Orange, A1 übernimmt “Yesss!”

Elektronik
03.02.2012 05:38
Der österreichische Mobilfunkmarkt schrumpft von vier Anbietern auf drei: Wie seit Langem erwartet, hat "3", der kleinste und jüngste Handynetzbetreiber, den drittgrößten Anbieter Orange gekauft, der bisher der France Telecom und der Investorengruppe Mid Europa Partners gehörte. Orange gibt im Zuge des Deals seine Diskonttochter "Yesss!" an Marktführer A1 ab, teilten "3" und Telekom Austria am Freitag kurz nach Mitternacht in Aussendungen mit. Bis Mitte 2012 soll das Geschäft nach Genehmigung der Wettbewerbsbehörden unter Dach und Fach sein.

Der Kaufpreis liegt unter den im Vorfeld kolportierten 1,4 Milliarden Euro. Wie "3" in der Aussendung mitteilte, wurde der Unternehmenswert von Orange auf 1,3 Milliarden Euro taxiert. Orange trennt sich jedoch von seiner Diskonttochter "Yesss!" und verkauft sie zusammen mit Basisstationen und Frequenzen an die Telekom Austria Group des Marktführers A1.

Dafür und für die Immaterialgüterrechte für die Orange-Vorläufermarke One zahlt die Telekom Austria Group 390 Millionen Euro an Orange. Der dem chinesischen Mischkonzern Hutchison gehörende Handynetzbetreiber "3" wendet somit unterm Strich rund 900 Millionen Euro für die Komplettübernahme von Orange Austria auf.

Und da waren es nur noch drei
In Österreich wird es somit künftig nur noch drei Handyfirmen geben, die Telekom Austria Group, die Deutsche-Telekom-Tochter T-Mobile Austria und "3". A1 (inkl. "Bob") hielt laut dem aktuellen Telekom-Monitor der Regulierungsbehörde RTR zuletzt einen Marktanteil von 41,2 Prozent (5,175 Millionen Kunden), T-Mobile (inkl. "tele.ring") 30,9 Prozent (3,878 Millionen Kunden), Orange (inkl. "Yesss!") 18,4 Prozent (2,314 Millionen Kunden) und "3" 9,5 Prozent (1,195 Millionen Kunden).

Kunden sollen von gesteigerter Netzqualität profitieren
Laut einer Aussendung von "3" hat das fusionierte Unternehmen 2,8 Millionen Kunden und einen Marktanteil von 22 Prozent. Der neue Orange-Eigentümer erhofft sich Synergieeffekte von mindestens 500 Millionen Euro. Bis zur Genehmigung durch die Wettbewerbsbehörden werden "3" und Orange unabhängig am Markt agieren, heißt es in der "3"-Aussendung. "Mittelfristig" werde die Marke Orange aber verschwinden, so "3"-Chef Jan Trionow am Freitag.

Allerdings heißt es zum fusionierten Unternehmen, dass künftig "alle '3'-Kunden" von der steigenden Netzqualität durch das vergrößerte Frequenzspektrum, das erweiterte Vertriebsnetz und die Effizienzgewinne durch den Zusammenschluss profitieren würden.

Aus Connect Austria wurde One wurde Orange
Orange war einst aus Connect Austria entstanden, daraus wurde die Marke One und im Sommer 2007 nach Einstieg der Franzosen Orange. France Telecom hatte 1,4 Milliarden Euro für das Unternehmen bezahlt. Die Kaufsumme für Orange wandert nicht vollständig nach Frankreich. France Telecom hatte nämlich nur einen Anteil von 35 Prozent, die restlichen 65 Prozent hielt der Finanzinvestor Mid Europa Partners. Beim jetzigen Verkauf wurde vereinbart, dass Mid Europa Partners zwei Jahre nach Abschluss der Transaktion noch bis zu 70 Millionen Euro vom neuen Eigentümer erhält, abhängig vom Erfolg des Integrationsprozesses von Orange.

"Yesss!" beschert A1 Frequenzen und Basisstationen
"Yesss!" hat laut der Telekom-Austria-Aussendung 740.000 Kunden und einen Umsatz von 56,4 Millionen Euro im Jahr 2010. Der von der Telekom Austria Group viel beachtete Cash Flow betrug 2,37 Millionen Euro. Die Firma beschäftigte 15 Mitarbeiter. Der Umsatz hatte sich von 2007 bis 2010 fast halbiert. Das Unternehmen sei aber schuldenfrei und ermögliche es Telekom Austria, "Kunden zu gewinnen, welche die bestehende Kundenbasis ergänzen". Teil des Deals mit Orange sind auch 13,2 MHz an gepaarten Frequenzen sowie "bis zu 634 Basisstationen", wobei die endgültige Anzahl noch festgelegt werde. Damit will der Marktführer vor allem seine Netzabdeckung in ländlichen Gebieten steigern.

Einer zu viel am Markt
Eigentlich hätte es anderes kommen sollen, als in der Nacht auf Freitag verkündet: Jahrelang hatten A1-Chef Hannes Ametsreiter, T-Mobile-Boss Robert Chvatal und Orange-Leiter Michael Krammer getrommelt, dass der Anbieter "3" einer zu viel am Markt sei, ohnehin nicht profitabel wirtschafte und am besten die Segel streichen sollte. Doch "3" tat genau das Gegenteil - unter dem früh verstorbenen Geschäftsführer Berthold Thoma wurden Unsummen in den Netzausbau und die Preisschlacht beim mobilen Internet investiert.

Mit Erfolg: Das Netz ist laut dem jüngsten Netztest des renommierten deutschen Fachmagazins "Connect" das beste im deutschsprachigen Raum, und beim Handy-Breitband hat "3" sogar A1 Paroli geboten. Da kam es gut gelegen, dass France Telecom ihre Mobilfunktochter im Ausland abverkaufte, um Geld für die Expansion am Wachstumsmarkt Afrika zu holen. Erst im Jänner wurde Orange Schweiz an die britische Finanzgesellschaft Apax verkauft.

Hoher Preisdruck zwingt zu Zusammenarbeit
Durch den hohen Preisdruck in Österreich haben die Handynetzbetreiber zuletzt ihre Zusammenarbeit intensiviert. So betreibt "3" seit Kurzem ein "National Roaming Abkommen" mit T-Mobile. Ab Mitte 2012 helfen sich die Provider gegenseitig bei der Netzabdeckung im ländlichen Raum. "3" kann das 2G-Mobilfunknetz von T-Mobile nutzen und T-Mobile das 3G-Netz von "3". Eine weitere Kooperation gibt es seit April 2011 zwischen Orange und T-Mobile. Sie wollen sich beim UMTS-Netzausbau am Land Antennen und Kosten teilen, die erhoffte Ersparnis wurde mit jeweils 30 Millionen Euro beziffert.

Und es gibt noch Spielraum für weitere Kooperationen: Heuer erfolgt die Versteigerung der "digitalen Dividende", also von frei werdenden analogen TV-Frequenzen für die Abdeckung ländlicher Regionen. Außerdem arbeiten alle Netzbetreiber am Rollout für die nächste Mobilfunkgeneration LTE (4G, Long Term Evolution). Zudem kämpfen alle Betreiber mit hohen Kosten bei der Abgabe gestützter Handys, die dank Smartphone-Booms immer teurer werden und trotzdem oft um 0 Euro über eine Vertragsbindung angeboten werden. Hier sollen Einkaufskooperationen, wie sie konzernweit die Deutsche Telekom über ihre Tochter T-Mobile und Orange bereits haben, helfen.

Die Kooperationen dürften Marktführer A1 Einnahmeneinbußen bescheren. "3" zahlt A1 momentan einige Millionen im Jahr für die Nutzung des GSM- bzw. GPRS-Netzes der Telekom. Der entsprechende Vertrag besteht seit 2003 und wird voraussichtlich Anfang 2013 auslaufen, wie eine "3"-Sprecherin kürzlich bestätigte.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele