"Präventivstrafe"

Widerstand gegen Festplattenabgabe formiert sich

Elektronik
17.02.2014 13:00
Im Streit um die Novellierung des Urheberrechts droht Kulturminister Josef Ostermayer Widerstand aus der eigenen Partei. Die Wiener SPÖ und die Sozialistische Jugend können den Plänen einer Festplattenabgabe, die Ostermayer zuletzt als "realistischste Variante" genannt hat, nichts abgewinnen, wie sie in Aussendungen mitteilten. Diese könne einem modernen Urheberrecht nicht gerecht werden.

Der Vorsitzende der Jungen Generation in der Wiener SPÖ, Marcus Gremel, hält eine Abgabe auf alle Speichermedien für "weder vernünftig noch praktikabel". Mit Festplatten, Sticks oder Rohlingen könne man - im Gegensatz zu Kassetten früher - viel mehr als die Privatkopie eines künstlerischen Werks erstellen.

Junger Genosse nennt Abgabe "Präventivstrafe"
Ähnlich sieht das die Sozialistische Jugend, deren Chef Wolfgang Moitzi die Festplattenabgabe als "Präventivstrafe" sogar als "skandalös" bezeichnete. Diese sei nicht im Interesse der Künstler, sondern in jenem der Verwertungsindustrie. Die Jugend-Sektion der SPÖ stehe dagegen "Formen der Internetabgabe offen gegenüber".

Ostermayer hatte am Freitag angekündigt, an einer raschen Lösung im Urheberrechtsstreit arbeiten zu wollen, nachdem das Oberlandesgericht Wien in einem Musterprozess entschied, dass auch Handys mit MP3-Funktion grundsätzlich vergütungspflichtig sind (siehe Infobox). Der Minister will eigenen Angaben zufolge "die jungen Netzfreiheitsverfechter" von der Sinnhaftigkeit der Festplattenabgabe überzeugen.

Festplattenabgabe spaltet die Gemüter
Unterstützung erhielt Ostermayer von der IG Autorinnen Autoren, der Initiative "Kunst hat Recht" und am Montag auch vom Hauptverband des österreichischen Buchhandels, die nun auf eine rasche Regelung hoffen.

Ablehnung gab es von der "Plattform für ein modernes Urheberrecht", die den Elektrofachhandel und die Hardwarehersteller vertritt, vom wirtschaftspolitischen Flügel der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer, die eine "Lawine finanzieller Belastungen" für die Bevölkerung fürchten. Auch Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl bezeichnete den Plan als "lächerlich".

Speichermedien-Abgabe gibt es bereits
Die Festplattenabgabe ist einer von mehreren konkurrierenden Vorschlägen, um das Urheberrecht zu reformieren. Sie basiert im Grunde auf der Speichermedien-Abgabe, die schon jetzt auf Kassetten, CDs und DVDs eingehoben und der Verwertungsgesellschaft Austro Mechana überlassen wird. Weil die Umsätze mit den bereits durch die Abgabe abgedeckten Speichermedien sinken, wollen Verfechter der Abgabe sie nun auch auf Festplatten, USB-Sticks, MP3-Player und andere Geräte, auf denen Daten gespeichert werden, ausdehnen.

Kulturminister Ostermayer hält die Festplattenabgabe für die "realistischste Variante" für eine Urheberrechts-Novelle, sieht sich allerdings mit Gegenwind konfrontiert. Die Schwierigkeit eines fairen Verteilungsschlüssels und der hohe Administrationsaufwand werden ebenso kritisiert wie die kurzsichtige Lösung angesichts neuer Online-Speichermöglichkeiten (Clouds) und der veränderten Erwerbsformen (Nutzungsrecht statt Kauf).

Mehrere konkurrierende Ideen für neues Urheberrecht
Neben der Festplattenabgabe konkurrieren noch einige andere Vorschläge für ein neues Urheberrecht miteinander. So steht etwa auch der Vorschlag einer Contentabgabe im Raum, bei der nicht die Käufer von Speichermedien, sondern die Medienanbieter im Netz zur Kasse gebeten würden. Dabei könnte es sich um Download- und Streamingportale, aber auch Provider oder Plattenfirmen handeln.

Von den Grünen kommt zudem der Vorschlag einer Kultur-Flatrate. Dabei würden Gebühren auf Internetanschlüsse eingehoben, die in einen Sozialfonds für Künstler fließen. Damit wäre die Privatkopie automatisch abgegolten. Kritiker der Idee warnen aber davor, dass die Kultur-Flatrate ebenso wie die Festplattenabgabe auch all jene Nutzer treffe, die ihren Internetanschluss gar nicht für den Konsum von urheberrechtlich geschützten Werken verwenden.

Von der IT-Industrie kam zuletzt auch der Vorschlag, das Urheberrecht durch eine an die ORF-Gebühren gekoppelte Kulturabgabe zu renovieren. Die Einnahmen – in dem Vorschlag war von 50 Cent pro Haushalt die Rede – könnten die Verwertungsgesellschaften unter den Kunstschaffenden aufteilen, so die Idee. Mit dieser Methode seien Einnahmen im Bereich der 22 Millionen Euro machbar, heißt es. Den Verwertungsgesellschaften wäre das zu wenig. Sie erwarten bei Einführung einer Festplattenabgabe rund 90 Millionen Euro an zusätzlichen Erlösen.

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