Von wegen "A+++"

Stromspar-Lüge: Geräte brauchen mehr als angegeben

Elektronik
14.06.2017 13:31

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) prangert die Verbrauchskennzeichnungen auf Elektrogeräten wie TVs, Saugern, Kühlschränken oder Waschmaschinen an. Die Skala sei irreführend, Bestnoten à la "A+++" keine Garantie für geringen Verbrauch. Das Ganze ist so undurchsichtig, dass jüngst sogar die EU-Kommission einschritt und allzu euphorische Energiebewertungen verbieten ließ.

In der Schule ist die Sache klar: Die Note 1 bedeutet "Sehr gut", die Note 5 "Nicht genügend". Bei den Energieverbrauchs-Kennzeichnungen der Elektroindustrie ist die Bewertungsskala nicht ganz so transparent, berichtet das Technikmagazin "Technology Review". "A+++" bedeute nicht automatisch, dass ein Gerät ein ultimativer Stromsparkönig ist.

Bei TV-Geräten beispielsweise könne ein 65-Zöller mit "A"-Rating durchaus mehr Strom verbrauchen als ein etwas kleinerer TV mit B-Bewertung. Auch die Plus-Bewertungen hält man für irreführend, was die EU-Kommission nun dazu veranlasst hat, allzu glorreiche Energie-Ratings zu verbieten und sparsame Geräte wieder mit einem gemeinen A kennzeichnen zu lassen.

Gerätehersteller bestimmen Messmethoden mit
Das Problem mit den Verbrauchskennzeichnungen sei, dass die Gerätehersteller selbst den Verbrauch nach einer DIN-Norm messen, berichtet das Magazin. Das bringt sie in eine Zwickmühle: Wer ehrlich ist, verkauft nicht zwingend die meisten Geräte. Da trifft es sich gut, dass die Industrie selbst die Verbrauchsnormen mitbestimmt, wie man beim VKI hervorstreicht.

Da werde fleißig getrickst, wissen die Konsumentenschützer: Der Energieverbrauch von TV-Geräten dürfe laut Norm beispielsweise bei niedriger Helligkeit gemessen werden, was wohl in den meisten Wohnzimmern nicht dem Normalbetrieb entspricht. Teilweise verbrauche ein TV-Gerät unter Realbedingungen das Fünffache dessen, was der Hersteller angibt. Größere Fernseher haben überdies höhere Verbrauchsgrenzen, wodurch sie bei höherem Verbrauch trotzdem eine bessere Note als ein kleineres und sparsameres Gerät ergattern können.

Ganz ähnliche Eigenheiten gibt es bei der Messung von Haushaltsgeräten wie Kühlschränken. Bei diesen werde beispielsweise gemessen, wie viel Strom ein leerer Kühlschrank verbraucht, dessen Tür 24 Stunden geschlossen bleibt. Nicht sehr praxisnah. Und bei Waschmaschinen bezieht sich der Energieverbrauch immer nur auf das meist recht langsame Sparprogramm. Wer nicht permanent im Sparprogramm wäscht, verbraucht deutlich mehr Energie als vom Hersteller versprochen. Auch Staubsauger sind so eine Sache: Hier misst manch ein Hersteller den Verbrauch mit leerem Beutel, der naturgemäß niedriger ist als mit vollem.

Konsumentenschützer fordern mehr Realismus
Angesichts all dieser Tricksereien treten Konsumentenschützer nun für realistischere Testmethoden ein. Bei der deutschen Stiftung Warentest weist man etwa im Fall von Staubsaugern darauf hin, dass es längst Normstaub und gängige Prüfmethoden gäbe, die Hersteller diese aber nicht anwenden. Standardisierte und nicht von der Industrie selbst konzeptionierte Tests wünschen sich die Konsumentenschützer auch für andere Gerätekategorien.

Und auch beim Energiespar-Label soll sich etwas tun. Neben der Abschaffung der allzu positiven Plus-Bewertungen durch die EU-Kommission erwägt man in Deutschland beispielsweise auch, die Energie-Grenzwerte für bestimmte Benotungen in unregelmäßigen Abständen anzupassen. Derzeit bleiben sie jahrelang gleich, wodurch es bei generell sparsamer werdenden Geräten für die Hersteller immer leichter wird, eine der Bestnoten zu erzielen. Künftig könnte man sich etwa vorstellen, dass sich - ähnlich wie in Japan - eine Branche am brancheninternen Energiespar-Primus statt an vorgegebenen Werten messen muss.

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