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Smarte Speaker: Wenn Menschen mit Maschinen reden

Elektronik
17.09.2017 06:00

Ein mit Minicomputer und Mikrofon ausgestatteter Mono-Lautsprecher, der per Sprache bedient wird, klingt für Audiophile nach der Antwort auf eine Frage, die sie nie gestellt haben. Smart-Home-Enthusiasten bekommen beim Gedanken an Speaker mit Google Assistant, Amazon Alexa, Apple Siri oder Microsoft Cortana aber leuchtende Augen. Sie hat die IT-Branche auch im Visier, wenn sie in den kommenden Monaten eine Phalanx solcher Geräte auf den Markt bringt. Aber sind sie tatsächlich der nächste große Trend nach dem Smartphone? Oder bleiben sie ein Nischenthema wie intelligente Uhren? Eine Spurensuche.

Wer heuer eine der großen Elektronikmessen wie die CES in Las Vegas oder die IFA in Berlin besucht hat, kam kaum an ihnen vorbei: Intelligente Lautsprecher, die sich mit Online-Konten und Smart-Home-Komponenten koppeln lassen und dem Nutzer als digitaler Sekretär dienen. Geht es nach der IT-Industrie, soll schon in wenigen Jahren jedermann so ein Ding in seinem Haushalt stehen haben, ihm Musikwünsche oder das Lieblings-TV-Programm zurufen, mit ihm das Licht dimmen, die Heizung regeln, den Wecker stellen oder Termine planen.

Allerdings: Im Moment - Amazons smarter Echo-Lautsprecher ist seit einem halben Jahr erhältlich - ist das Interesse der Kunden noch gering. Laut einer aktuellen Erhebung des Linzer Marktforschungsinstituts Spectra sind solche Geräte nur in zwei Prozent der österreichischen Haushalte vertreten. Vernetzte Haustechnik für das Smart Home - sie sollen die Nutzer ja mit den intelligenten Lautsprechern steuern - ist nur in vier Prozent der Haushalte vorhanden. Eine niedrige Marktdurchdringung - und ein Indiz dafür, dass das Nutzerinteresse zumindest im Moment noch überschaubar ist. Für die IT-Branche gleichzeitig eine Chance, ein noch unberührtes neues Geschäftsfeld zu erobern.

Kompatibilität ist kritisch für den Erfolg
Kritisch für die Verbreitung der digitalen Assistenten und ihrer Lautsprecher-Behausungen wird sein, dass sie untereinander und mit Smart-Home-Komponenten kommunizieren können. Hier kommen Programmierschnittstellen, sogenannte APIs, zum Einsatz. Was nutzt denn schon ein Google Assistant im Haus, wenn der vernetzte Kronleuchter nur mit Alexa spricht? Und was bringt die computerisierte Heizung, wenn der Temperaturfühler eines anderen Herstellers nicht erkannt wird und im Lautsprecher, der sie bedienen soll, der falsche Assistent zum Einsatz kommt?

Das haben selbst die rivalisierenden Unternehmen erkannt, die den Markt erobern wollen - und raufen sich zunehmend zusammen, um kompatible Produkte zu bauen. Eine Führungsrolle nimmt hier Amazons Alexa ein, die durch eine unkomplizierte API schon in recht vielen Produkten Einzug gehalten hat, zuletzt hat man sogar eine Kooperation zwischen Amazon und Microsoft angekündigt, bei der Alexa und Cortana voneinander lernen und miteinander reden sollen. Gleichzeitig etablieren sich im Smart-Home-Sektor Standards, mit denen die herstellerübergreifende Kommunikation intelligenter Haustechnik möglich wird, was wiederum den Möglichkeiten digitaler Assistenten und smarter Lautsprecher zugutekommt.

Bezahlt wird der Komfort mit persönlichen Daten
Mittelfristig könnten digitale Assistenten somit einen neuen Komfort in unser Leben bringen - erst recht, wenn sie uns überall hin begleiten. Immerhin sind sie nicht auf intelligente Lautsprecher beschränkt, sondern drängen in alle möglichen Geräte - vom Auto bis zum Kühlschrank. Und hier können sie durchaus einen Nutzen ins Leben der Menschen bringen - etwa, wenn sie ihren Assistenten bei der Fahrt von der Arbeit nach Hause schon Mal die Heizung anschalten lassen.

Bezahlt wird der allerdings mit privaten Daten, was wohl auch ein Grund für die noch geringe Verbreitung der vernetzten Lautsprecher und eine gewisse Skepsis seitens der User ist. Für den Endnutzer - besonders in Ländern mit starker staatlicher Überwachungspraxis - hat es nämlich nicht unbedingt einen Reiz, ein permanent aktiviertes Mikrofon in der Wohnung zu haben, das Gespräche zwecks Analyse in die Cloud eines US-Unternehmens schickt - und womöglich vom Nachrichtensprecher im Fernsehen zum Einkauf geschickt wird.

Das permanent aktive Mikro und die Cloud-Anbindung braucht es nach Ansicht der Industrie aber für eine solide Spracherkennung. Angenehmer Nebeneffekt: Sie kann - zusätzlich zu dem, was wir alle ohnehin schon unserem Smartphone anvertrauen - Unmengen neuer Daten über ihre Kunden sammeln und diese zu Geld machen. Wer am Smart-TV per Sprachbefehl den Sender wechselt, verrät damit sein Sehverhalten - und bekommt künftig vielleicht Reklame für einen womöglich passenden Streaming-Film zu hören. Wer Alexa die Raumtemperatur regeln lässt und tendenziell immer ein wenig friert, bekommt beim nächsten Online-Einkaufsbummel vielleicht eine warme Jacke angeboten.

Intelligenten Lautsprechern fehlt die Killer-Anwendung
Am Ende werden intelligente Lautsprecher am Nutzen gemessen werden, den sie dem Anwender bringen. Auch intelligente Uhren wären aus Sicht der Industrie ein feines Datensammelinstrument, manch eine Versicherung verspricht heute gar bereits günstigere Beiträge, wenn der Schrittzähler brav täglich eine gewisse Zahl Schritte registriert. Ihnen fehlt für viele Kunden aber immer noch die eine Killer-Anwendung, die sie unersetzlich macht, entsprechend niedrig bleibt die Marktdurchdringung. Wollen intelligente Lautsprecher kein ähnliches Schicksal erleben, werden sie sich als nützlich erweisen müssen.

Allerdings: Selbst, wenn der intelligente Lautsprecher mit eingebautem Sprachassistenten scheitert, werden die Sprachassistenten selbst wohl immer tiefer in unser Leben eindringen. Und sei es nur als Hintergrund-App am Smartphone, das ohnehin schon jeder hat. Mikrofon und Internetanbindung gibt es auch hier.

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