Rollen bald Köpfe?

Note-7-Debakel: Druck auf Samsung-Führung wächst

Elektronik
12.10.2016 15:26

Einen Tag nach dem Produktionsstopp für das Pannen-Smartphone Galaxy Note 7 schweigt die Führungsriege bei Samsung. Hochrangige Manager seien am Mittwoch nach ihrem wöchentlichen Treffen in Seoul Fragen der Reporter ausgewichen, berichtete die nationale Nachrichtenagentur Yonhap. Shin Jong Kyun und Koh Dong Jin, die für das Note 7 verantwortlich seien, schienen gar nicht dabei gewesen zu sein.

Schon wird in Südkorea spekuliert, ob Manager beim Smartphone-Weltmarktführer zurücktreten müssen. Bei einem sind sich die Kommentatoren einig: dass der Fall für Samsung weit schwerer wiegt als ein normaler Produktrückruf. Es gehe nicht nur um den finanziellen Verlust - allein die Kosten für Rückholaktionen werden auf umgerechnet mehr als 1,6 Milliarden Euro geschätzt - sondern um die Marke "Galaxy", das Vertrauen der Kunden und den Ruf des Konzerns insgesamt. Das Debakel wird auch als Bewährungstest für den Vizevorsitzenden Lee Jae Yong gesehen, der als Nachfolger seines schwer erkrankten Vaters Lee Geun Hee für die Spitze des Unternehmens gehandelt wird.

Harte Kritik am Umgang mit Note-7-Fiasko
Einige Kommentatoren ließen am Umgang von Samsung mit der Pannenserie beim Note 7 kein gutes Haar: "Die Art und Weise, wie man mit dem Problem des brennenden Telefons umging, ist nicht das, was die Kunden von Koreas Flaggschiff-Unternehmen erwarteten", schrieb etwa die Zeitung "The Korea Times". Voreilige Maßnahmen, wie zu sagen, dass Kunden die Akkus nur bis zu 60 Prozent wiederaufladen sollten, hätten diese nur verärgert. "Es geht nicht nur einfach um ein Smartphone - nicht auszudenken, wenn das Gerät am Ohr explodiert wäre", sagt eine Kundin.

Als Samsung im September den ersten Rückruf wegen fehlerhafter Akkus startete, betonte der Konzern noch, dass die zur Verfügung stehenden Austauschgeräte sicher seien. Doch als Verbraucher in den USA auch bei den Ersatzgeräten über Brände berichteten, zogen die Südkoreaner die Reißleine: Erst kam diese Woche der Verkaufsstopp, kurz darauf die endgültige Einstellung der Produktion. Samsung betonte, die Sicherheit der Kunden habe höchste Priorität.

Entwickler: "Ich bin am Boden zerstört"
Auch innerhalb des Konzerns nagt der Produktionsstopp am Stolz der Entwickler: "Ich bin am Boden zerstört. Das Galaxy Note 7 war das erste Telefon, auf das ich wirklich stolz war", sagt ein Mitarbeiter aus dem Team, der seit mehr als zehn Jahren bei Samsung arbeitet. Er wollte ungenannt bleiben.

Die Probleme haben nicht nur Samsung kalt erwischt, sondern auch Südkorea allgemein geschockt. Die Smartphones des Unternehmens, speziell der Galaxy-Reihe, haben entscheidend geholfen, den Namen Samsung weltweit bekannter zu machen. Samsung ist Südkoreas wertvollste Marke. Der Konzern wird als so einflussreich gesehen, dass die Koreaner manchmal auch von der "Samsung-Republik" sprechen. Die Gruppe ist der größte der auch Chaebol genannten Mischkonzerne in dem Land, die zum großen Teil noch unter Kontrolle der Gründerfamilie stehen.

Kam der Druck von oben?
Der Konzern wird in Südkorea oft trotz - oder gerade wegen - seiner Bedeutung für die Wirtschaft kritisiert. Im Fall des Note 7 könne die Pannenserie auch auf "einen Mangel an Transparenz und die inflexible Führungsstruktur zurückgeführt werden", kommentiert die linksliberale Zeitung "Hankyoreh". Die hierarchische Struktur, bei der die Angestellten unkritisch Befehle von oben ausführten, könne die Krise um das Note 7 verschärft haben, spekulierte das Blatt.

Samsung Electronics ist dabei das Kronjuwel der gesamten Gruppe, zu der unter anderem ein Schiffsbauer, Baukonzerne, Krankenhäuser, Kaufhäuser und Betreiber von Freizeitanlagen gehören. Allein für den Elektro-Hersteller arbeiten 325.000 Menschen in 80 Ländern.

Note-7-Fiasko kommt für Samsung zur Unzeit
Die Pannen beim Note 7 kommen zu einer kritischen Zeit für den Konzern, der ohnehin wegen wachsender Konkurrenz bei Mobiltelefonen und Halbleitern aus China unter großem Druck steht, neue Unternehmensbereiche zu erschließen. Das Note 7 war zudem ein ehrgeiziges Entwicklungsprojekt, mit dem Samsung mit Apples iPhones konkurrieren und sich als Innovationsführer etablieren wollte. Es sei schließlich der Vizevorsitzende Lee Jae Yong gewesen, der entschieden habe, das Gerät ganz vom Markt zu nehmen, zitierte das "Wall Street Journal" eine Person aus dem Umkreis Lees.

Jetzt warten die Investoren mit Spannung auf den nächsten Schritt Lees. Nicht ausgeschlossen wird, dass Samsung die Note-Reihe aus dem Programm nimmt - oder den Namen "Galaxy" ersetzt.

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