2.000 mm Brennweite

Nikon Coolpix P900: Das Super-Zoom-Wunder im Test

Elektronik
01.05.2015 08:30
Wann haben Sie das letzte Mal mit einer Kamera einer Amsel tief in die Augen geblickt oder, besser noch, die Krater am Mond gezählt? Sofern Sie nicht Tausende Euros in ein mehrere Kilogramm schweres Objektiv investiert haben, lautet die Antwort vermutlich: "Noch nie." Oder Sie haben sich die neue Nikon Coolpix P900 gekauft, deren 83-fach (!) optischer Zoom Ihnen nahezu jedes noch so ferne Motiv vor die Linse holt. Wir haben das Zoom-Wunder getestet.

800 Millimeter Brennweite sind das Größte, das Nikons Objektiv-Portfolio für Spiegelreflexkameras aktuell zu bieten hat. Die entsprechende Linse bringt allerdings rund 4,6 Kilogramm auf die Waage und kostet mit knapp 17.000 Euro mehr als so mancher Kleinwagen - zu teuer und zu schwer also für den ambitionierten Hobby-Fotografen.

Es geht aber auch günstiger: Mit der Coolpix P900 hat der japanische Kamerahersteller erst kürzlich eine Bridgekamera auf den Markt gebracht, die nicht nur über eine mehr als doppelt so große Brennweite verfügt, sondern auch noch deutlich günstiger und kompakter ist: Lediglich 900 Gramm bringt die ab 531 Euro erhältliche Kamera auf die Waage und ist dabei nicht größer als eine von Nikons jüngeren Einsteiger-Spiegelreflexkameras.

Und dennoch deckt sie mit ihrem 83-fach optischen Zoom die beachtliche Brennweite von 24 bis 2.000 Millimetern entsprechend Kleinbild ab. Was das in der Praxis bedeutet, begreift man erst, wenn man abends mal eben schnell formatfüllend den Mond fotografiert. Die 2.000 Millimeter Brennweite prädestinieren die P900 aber auch für die Natur- und Tierfotografie - ob Großwildsafari oder Vogelschau im heimischen Garten.

Leicht zu bedienen, schwerer zu meistern
Wer sich mit der Super-Zoom-Kamera auf die Lauer legt, sollte allerdings ein paar Dinge beachten. Etwa, dass die 16 Linsen des Objektivs erst einmal bewegt werden müssen - und das dauert ein Weilchen. Oder das bei voll ausgefahrenem Rohr jede noch so kleine Bewegung an der Kamera eine enorme Abweichung vom Motiv bedeutet, wodurch das Zielen bzw. Fokussieren erheblich erschwert wird.

Gelingen bei guten Lichtverhältnissen dank integriertem Bildstabilisator, der laut Nikon fünf Blendenstufen ausgleicht, mit etwas Übung, ruhiger Hand und gleichmäßigem Puls durchaus scharfe Freihandaufnahmen, ist spätestens bei der Mond-Fotografie ein Stativ Pflicht, zumal die Lichtstärke von f/2.8 im Weitwinkel bei voller Brennweite auf f/6.5 sinkt. Ein Stativ allein ist allerdings noch kein Garant für scharfe Aufnahmen, es braucht schon einen Fernauslöser bzw. die Selbstauslösefunktion, um kleinste Verwacklungen durch das Auslösen zu vermeiden.

Wo war das Motiv jetzt gleich nochmal?
Auf den - für unseren Geschmack zu klein geratenen - elektronischen Sucher mit integriertem Augensensor sollte man sich beim Heranzoomen lieber nicht verlassen, deutlich besser gelingt die Zielfindung mithilfe des dreh- und klappbaren Drei-Zoll-Monitors. Da man allerdings auch mit ihm leicht am Ziel vorbeizoomt, hat Nikon am Objektivtubus eine praktische "Überblickstaste" verbaut. Auf Knopfdruck zoomt sie ein kleines Stück heraus und erleichtert so die Orientierung.

Hochauflösende, unbearbeitete Test-Fotos finden Sie auf Flickr!

Ebenfalls praktisch: Direkt neben der Überblickstaste befindet sich, zusätzlich zum Zoom-Schalter an der Gehäuseoberseite, eine Zoomwippe, die sich auf Wunsch über das sehr übersichtlich und verständlich gestaltete Menü zur manuellen Fokus-Taste umprogrammieren lässt. Einen Objektivring ersetzen kann diese aber nicht, und auch beim automatischen Ausfahren des Objektivs wünscht man sich so manches Mal ein manuelles Zoomobjektiv, um große Brennweiten-Distanzen zurückzulegen. Das würde nicht nur schneller gehen, sondern auch den Akku schonen.

Umfangreiche Ausstattung
Ansonsten lässt die 16-Megapixel-Kamera mit rückwärtig belichtetem CMOS-Sensor (ISO 100-6.400) kaum Wünsche offen: Ein Moduswähl- und ein Drehrad sowie eine zusätzliche Funktionstaste erlauben den schnellen Zugriff auf die wichtigsten Modi, Motivprogramme und Aufnahmeparameter und machen so manchen Umweg in das Menü der Kamera überflüssig.

Für Videofilmer hält die P900 neben Aufnahmen in Full-HD mit 60 Bildern pro Sekunde auch eine Zeitraffer-Funktion bereit, mit der sich Momente mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde festhalten lassen - dann allerdings mit verringerter Auflösung. Sämtliche Aufnahmen (nur JPEG, leider kein RAW) und Videos lassen sich dank integriertem NFC sowie WLAN schnell und unkompliziert mittels entsprechender App über kompatible iOS- und Android-Geräte hochladen und mit Freunden teilen. Für die Wiedergabe auf dem Fernseher steht ein HDMI-Micro-Anschluss zur Verfügung.

Die Unterstützung der Satellitensysteme GPS, GLONASS und QZSS wiederum ermöglicht die präzise Protokollierung der Aufnahmeorte. Bedacht werden sollte allerdings, dass Extras wie WLAN und GPS neben der Live-View-Darstellung und insbesondere dem ständigen Hin- und Hergezoome dem Akku zusätzliche Lebenskraft entziehen. Bis zu 360 Aufnahmen sind laut Nikon mit einer Akkuladung drin; wer auf Foto-Safari nicht plötzlich ohne Kamera dastehen möchte, sollte den Kauf eines Zweitakkus erwägen.

Fazit: Mit der Coolpix P900 hat Nikon ein echtes Zoom-Wunder auf den Markt gebracht: Mehr Brennweite bietet aktuell keine andere Bridgekamera. Wer Tieren oder attraktiven Nachbarn ganz nah sein möchte, kommt an der P900 demnach nicht vorbei. Wenngleich der integrierte Bildstabilisator Beachtliches leistet, bedarf eine derart große Brennweite allerdings auch einer gewissen Übung: Um weit entfernte Motive mit der freien Hand in den Sucher zu bekommen, geschweige denn scharf abzulichten, braucht es ein ruhiges Händchen, besser noch Stativ, und nicht zuletzt Geduld. Zum einen, weil das Ein- und Ausfahren des Objektivs seine Zeit in Anspruch nimmt, zum anderen, weil auf diese Distanzen selbst kleinste Hindernisse genügen, um den ansonsten schnell und präzise arbeitenden Autofokus zu irritieren. Leider besteht keine Möglichkeit, dass Objektiv manuell ein- und auszufahren oder die Schärfe über einen Fokusring präzise selbst zu bestimmen. Wer erst einmal Dinge fotografiert hat, die er bislang noch nie vor die Linse bekommen hat, kann über derlei "Schwächen" jedoch getrost hinweg sehen, zumal neben der Ausstattung (NFC, WLAN, GPS) auch der Preis (531 Euro) stimmt.

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