20 Jahre Haft drohen

MegaUpload-Betreiber Schmitz: “Ich bin unschuldig”

Web
23.01.2012 09:41
Der wegen Internetpiraterie sowie Geldwäsche angeklagte deutsche Gründer der Internet-Tauschbörse MegaUpload, Kim Schmitz, hat nach seiner Verhaftung am Freitag vor einem neuseeländischen Gericht seine Unschuld beteuert. Schmitz, der sich in Kim Dotcom umgetauft hat, beantragte am Montag in Auckland deshalb die Freilassung auf Kaution.

Dass Schmitz tatsächlich auf freien Fuss kommt, ist derzeit allerdings unwahrscheinlich. Unter anderem wegen seines Zugangs zu großen Mengen an Geld, Transportmöglichkeiten sowie mehreren Identitäten hält die Staatsanwaltschaft die Fluchtgefahr für sehr hoch und sperrt sich bislang gegen eine Freilassung auf Kaution. Hinzu komme, dass Schmitz in der Vergangenheit schon mehrfach vor der Justiz geflohen sei, so der zuständige Richter.

Schmitz' Verteidiger Paul Davison widersprach dieser Darstellung. Er argumentierte, dass Schmitz' Reisepass beschlagnahmt, seine Finanzen eingefroren seien und Schmitz in Neuseeland bleiben wolle. Eine elektronische Überwachung, beispielsweise per Fußfessel, sei Davison zufolge ausreichend, um seinen Klienten zu kontrollieren.

Auch die Befürchtung des Gerichts, Schmitz könnte den Betrieb von MegaUpload wieder aufnehmen oder ein ähnliches Portal starten, teilte der Verteidiger bei der Anhörung nicht. Zudem kritisierte er laut einem Bericht des "New Zealand Herald", dass die Darstellung und Beschreibung der Behörden von MegaUpload "irreführend" sei.

"Geldwäsche, organisiertes Verbrechen, 20 Jahre"
Der 38-jährige Schmitz war zusammen mit drei weiteren Managern von MegaUpload am Freitag in Auckland verhaftet worden. Die Behörde wirft ihnen unter anderem Verstöße gegen Gesetze zum Schutz von Urheberrechten, Geldwäsche und organisiertes Verbrechen vor. Die Strafen darauf sind hart: Allein auf Letzteres stehen 20 Jahre Haft.

Zwei von drei weiteren Angeklagten - ein 39-jähriger Deutscher und ein 32 Jahre alter Mann aus Estland - konnten indes ebenfalls verhaftet werden, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag unter Berufung auf eine neuseeländische Staatsanwältin berichtete. Nach einem Slowaken wird weiterhin gesucht.

Gemeinsam sollen sie mit Megaupload.com einen der weltgrößten Umschlagplätze für geschützte Filme, Musik und Software betrieben haben. Mit dem Weiterverteilen der von Nutzern hochgeladenen Inhalte soll MegaUpload über 175 Millionen Dollar eingenommen haben, während sich der Schaden für die Musik- und Filmindustrie Schätzungen zufolge auf über eine halbe Milliarde Dollar beläuft.

Bizarre Karriere
Für Schmitz ist es nicht das erste Mal, dass er sich vor Gericht behaupten muss. Der einstige typische Firmengründer der New Economy gilt als schillernde Figur und hat eine mehr als bizarre Karriere hinter sich. Schon als Kind war der gebürtige Kieler in Computer vernarrt. Für den unerlaubten Einstieg in die Computernetze von verschiedenen Firmen und Behörden kassierte Schmitz 1997 eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung, später verdiente er sein Geld damit, Unternehmen Schutzsoftware vor Hackerangriffen zu verkaufen. Damit und mit Aktienhandel soll er Millionen verdient haben.

In seiner erfolgreichen Zeit zeigte sich der begnadete Selbstdarsteller gern mit schönen Frauen, er liebte luxuriöses Ambiente, Palmenstrände und vor allem schnelle Nobelkarossen. Für Schlagzeilen sorgte der Selbstdarsteller unter anderem 2001 mit einer Riesenparty auf einer Jacht am Rande des Formel-1-Rennens in Monaco.

Der Jungunternehmer war damals mit einem Konvoi aus fünfzehn gemieteten Ferraris von München nach Monaco gefahren und hatte dort eine Woche lang mit Rotlichtgrößen, aber auch Geschäftsleuten gefeiert. Die Kosten für das Fest bezifferte er damals mit knapp 1,8 Millionen Euro.

Bewährungsstrafe wegen Insiderhandels
Wenig später flüchtete - wie ihn eine Zeitung einmal nannte - "Deutschlands Großmaul Nummer 1" aus Furcht vor Gläubigern aus der Zuhälterszene nach Bangkok, wo er Anfang 2002 wegen des Verdachts auf Insiderhandel jedoch verhaftet und nach München ausgeliefert wurde. 2002 verurteilte ihn das dortige Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten sowie einer Geldstrafe von 100.000 Euro.

Das Gericht folgte mit diesem Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft, die dem 28-Jährigen vorgeworfen hatte, durch betrügerische Geschäfte mit Aktien des Unternehmens Letsbuyit.com einen Kursgewinn von 1,192 Millionen Euro gemacht zu haben. Außerdem habe er mit falschen Angaben für seine Firma Kimvestor geworben.

Weitere Bewährungsstrafe wegen Veruntreuung
Nur ein Jahr später verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer weiteren Bewährungsstrafe von zwei Jahren, nachdem Schmitz gestanden hatte, 275.000 Euro aus der Kasse der mehrheitlich ihm gehörenden Monkey AG veruntreut und damit die anderen Teilhaber geschädigt zu haben. Er habe das Geld zurückzahlen wollen, hatte Schmitz damals gesagt, aber "die Stimmung im Internet-Boom war derart euphorisch, da wird man schon ein bisschen leichtsinnig".

Nach seiner Verurteilung verabschiedete sich Schmitz nach Hongkong, um dort Software für blitzschnelle Börsengeschäfte nach Katastrophenmeldungen zu entwickeln. 2010 verschlug es Schmitz dann nach Neuseeland, wo er sich in eine der teuersten Privatimmobilien des Landes einmietete. Ob er das Luxusanwesen behalten kann, bleibt nach seiner jüngsten Verhaftung abzuwarten.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele